Bundestag

AfD-Kandidat für Bundestagspräsidium stößt auf große Ablehnung

Die Bundestagsabgeordnete der anderen Fraktionen wollen den AfD-Kandidaten Albrecht Glaser nicht zum Bundestagsvizepräsidenten wählen. In einem Interview hatte er das Recht auf Religionsfreiheit für Muslime angezweifelt.

03
10
2017
AfD
AfD © flickr.de/metropolico.org/ CC 2.0, bearbeitet by IslamiQ.

Führende Politiker der Bundestagsfraktionen von SPD, FDP, Grünen und Linkspartei wollen den AfD-Kandidaten Albrecht Glaser wegen seiner Haltung zur Religionsfreiheit nicht zum Bundestagsvizepräsidenten wählen. Zur Begründung verwiesen sie auf Äußerungen Glasers, in denen dieser die Religionsfreiheit für Muslime in Abrede gestellt hatte, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Montag. Die AfD verteidigte Glaser.

Er hatte im April bei einer AfD-Parteiveranstaltung gesagt: „Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“ In Interviews vertrat er die Auffassung, der Islam sei nicht nur eine Religion, sondern auch eine politische Ideologie.

„Wer die Religionsfreiheit infrage stellt, hat sich disqualifiziert. Ich kann so jemanden nicht wählen“, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Cem Özdemir der Zeitung. Ein geeigneter Kandidat müsse sich klar zur Verfassung bekennen. Auch die FDP signalisierte Ablehnung. „Es ist bekannt, dass Herr Glaser für eine Reihe von Positionen steht, die eine Zumutung für mich darstellen“, sagte Marco Buschmann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Die Fraktionen seien gehalten, Personen vorzuschlagen, die mehrheitsfähig sind.

Aus der Fraktion der Linken hieß es, Glaser könne nicht mit Unterstützung rechnen. „Für mich steht fest, dass ich Herrn Glaser nicht wählen werde“, sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch der Zeitung.
Ähnlich äußerte sich die SPD: Potenzielle Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten müssten „natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und insbesondere die Grundrechte respektieren“, sagte Carsten Schneider, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion.

AfD steht hinter Glaser

Die Führung der Unions-Fraktion, die die meisten Abgeordneten stellt, wollte sich nicht äußern. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland bezeichnete die Vorwürfe gegen Glaser als absurd. „Selbstverständlich stehen wir hinter Herrn Glaser als Kandidaten“, sagte er.

Jede Fraktion im Bundestag hat das Recht auf einen Vizepräsidenten. Die Kandidaten müssen jedoch mit der einfachen Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Im Herbst 2005 war der Kandidat der Linkspartei, der damalige Parteivorsitzende Lothar Bisky, vier Mal durchgefallen. Die Partei nominierte einige Monate später Petra Pau, die seitdem Vizepräsidentin des Bundestages ist.

Glaser war CDU-Kommunalpolitiker und Stadtkämmerer in Frankfurt am Main. Nach seinem Austritt aus der CDU war er Gründungsmitglied der AfD und ist dort seit 2015 einer der drei stellvertretenden Parteisprecher. Im Frühjahr trat er als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten an. (KNA, dpa, iQ)

Leserkommentare

Jürgen Uther sagt:
Der Bundestag möge Herrn Glaser ein Zwei-Wege-Ticket spendieren. Damit er nach Syrien reisen kann. Dort möge er sich über die vertraglichen Regelungen zur Religionsfreiheit informieren. Diese hat in muslimischen Territorien viele Jahrhunderte funktioniert. Sie hat das tägliche Leben für Muslime, Juden und Christen geregelt. Schon zu einer Zeit als in Europa die Judenverfolgung Hochkonjunktur hatte. Gleichzeitig kann er zur Kenntnis nehmen welche Exzesse sein Menschenbild und der von Ihm geforderte Umgang mit andersdenkenden Menschen ermöglicht. Diese Horizonterweiterung scheint nötig zu sein.
03.10.17
20:45
Ute Fabel sagt:
Vorweg möchte ich klarstellen, dass ich mich politisch ganz woanders verorte als Herr Glaser. Seine Auffassung, der Islam sei keine Religion, sondern eine Ideologie unterliegt jedoch genauso dem Schutz der Meinungsfreiheit, wie die oft gehörte Einschätzung Scientology sei keine Religion sondern eine Ideologie. Auch ein Mann aus einer unsympathischen Partei kann einmal etwas Richtiges sagen! Der Kirchenkritiker Karlheinz Deschner hat durch sein umfassendes Werk "Die Kriminalgeschichte des Christentums" ebenfalls nur von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Auch schroffe Religionskritik hat in einer pluralistischen Gesellschaft ihre Berechtigung. Das Skandalisierungsgetue von Cem Özdemir halte ich in diesem Zusammenhang für völlig unangebracht. Diese ständigeTabuisierung von Islamkritik von Politikern aus dem Mitte-Links-Spektrum halte ich sogar für hauptverantwortlich für den Aufstieg der AfD.
05.10.17
14:48
Mareike sagt:
Hat der Albrecht Glaser denn gesagt, dass er die Religionsfreiheit einschränken will? Es muss in einer Demokratie zulässig sein, eine Gruppierung, die von sich selbst behauptet, sie sei eine Religion, kritisch zu hinterfragen. Und gerade beim Islam ist dieses Hinterfragen angebracht. Da verschwimmen die Grenzen zwischen Religion und Ideologie. Und soweit es sich beim Islam um eine Ideologie handelt, kann für diese Ideologie nicht die Religionsfreiheit gelten. Religionsfreiheit gilt für Religionen, nicht für Ideologien.
06.10.17
18:00