Kurz vor den Wahlen macht Österreichs Integrationsminister Sebastian Kurz Schlagzeilen mit einer weiteren umstrittenen Studie, diesmal über Moscheen. Muslimische Vertreter zeigen sich empört.
Österreichs Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz veröffentlicht kurz vor den Nationalratswahlen eine weitere umstrittene Studie. Diesmal geht es um Moscheen. Kurz fordert mehr Personal für das Kultusamt, das prüfen soll, ob die Moscheen in Österreich das Islamgesetz einhalten. Er begründet diese Forderung mit einer vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) in Auftrag gegebenen Studie zum Thema „Rolle der Moschee im Integrationsprozess“, die er diese Woche präsentierte.
Die Wissenschaftler Heiko Heinisch und Imet Mehmedi sollten in der Studie analysieren, inwiefern Moscheen integrationshemmend wirken und Radikalisierung begünstigen. Untersucht wurden 16 Moscheen, was weniger als fünf Prozent der Moscheen in Österreich ausmacht. Die Freitagspredigten in den Moscheen wurden angehört und es wurden Interviews mit einigen Imamen geführt. Die Verfasser der Studie kamen zu dem Ergebnis, dass etwa ein Drittel der untersuchten Moscheen integrationshemmend wirken. Und lediglich zwei der untersuchten Moscheen würden integrationsfördernd arbeiten. Außerdem würden in einigen Moscheen nationalistische und fundamentalistische Tendenzen gefördert werden. Dies nimmt Kanzlerkandidat Sebastian Kurz nun kurz vor den Wahlen zum Anlass, seine anti-islamische Rhetorik fortzuführen und droht mit der Schließung der Moscheen.
Schon die Autoren der Studie gestehen bei der Präsentation der Studie am Montag ein, dass die Studie keineswegs repräsentativ sei. Dafür sei die Auswahl zu klein und der Untersuchungszeitraum zu kurz gewesen. Außerdem sei die Moscheelandschaft in Österreich sehr heterogen. Kritiker weisen ebenfalls auf erhebliche Mängel der Studie hin.
Muslimische Vertreter weisen Vorwürfe zurück
Für die Studie wurde eine fünfstufige Integrationsskala angefertigt, die von den Kategorien Segregation bis zur vollständigen Identifikation reicht. Der zugrundeliegende Integrationsbegriff wird nun kontrovers diskutiert. Der Politikwissenschaftler und Generalsekretär des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, Murat Gümüş, kritisiert, dass Sebastian Kurz eine „bedingungslose Assimilation“fordert. „In seinem Österreich gibt es keinen Platz für kollektive religiöse, kulturelle oder ethnische Identitäten. Die müssen seiner Meinung nach abgeschafft werden. Nur individuelle religiöse, kulturelle oder ethnische Identitäten sind da noch möglich. Und das nur als Übergangsphase, bis eine vollständige gesellschaftliche Homogenisierung vollzogen wurde. Selbstverständlich gilt das aber nur für Muslime“, so Gümüş gegenüber IslamiQ.
Muslimische Vertreter in Österreich zeigen sich ebenfalls empört über die neue Studie und die politischen Forderungen, die damit begründet werden. „Wir weisen die Vorwürfe des Integrationsministers strengstens zurück. Die Studie entbehrt jeder Wissenschaftlichkeit und gehört zurückgezogen“, fordert Mehmet Arslan, Vorsitzender der Islamischen Föderation in Wien (IFW). Muslime und Moscheen dürften nicht für politische Zwecke missbraucht und instrumentalisiert werden. „Eine Politik, die mit inhaltsleeren Vorwürfen auf dem Rücken von religiösen Minderheiten auf Stimmenfang geht, ist in diesem Sinne äußerst kontraproduktiv“, meint Arslan weiter.
„Die Islamische Föderation in Wien (IFW) ist ein österreichischer Verein, der sich bereits seit etwa 40 Jahren in vielfältiger Weise um Angelegenheiten von Musliminnen und Muslimen im religiösen und sozialen Bereich kümmert. Er hat sich stets für ihre Teilhabe in der österreichischen Gesellschaft eingesetzt und dies gefördert. Hierbei wurde sowohl auf Transparenz als auch auf Vertrauen großes Wert gelegt“, betont Arslan abschließend in seiner Stellungnahme.