Schura Niedersachsen

Podiumsdiskussion „Muslime vor der Landtagswahl“

Die Schura Niedersachsen hat anlässlich der kommenden Landtagswahlen eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Muslime vor der Landtagswahl“ in Hannover veranstaltet. Geladen waren hochrangige Politiker der Spitzenparteien.

07
10
2017
Podiumsdiskussion "Muslime vor den Landtagswahlen", organisiert von Schura Niedersachsen. © Schura Niedersachsen

Kurz vor den Landtagswahlen in Niedersachen hat die Schura Niedersachsen eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Unter der Moderation von Michael Berger (Hannoversche Allgemeine Zeitung) saßen Belit Onay (BÜNDNIS 90/DİE GRÜNEN), Düzen Tekkal (CDU), Doris Schröder-Köpf (SPD), Claudia Jacobi (FDP) und Andreas Braendle (Die Linke) als Teilnehmer der Diskussionsrunde „Muslime vor der Landtagswahl“ auf der Bühne.

Diskussion um den Staatsvertrag

Angefangen wurde mit dem nicht zu Stande gekommenen Staatsvertrag zwischen Staat und Muslimen. Belit Onay deutete darauf hin, dass sie sich als Partei für den Staatsvertrag eingesetzt hatten und bis zum Schluss auch darum gekämpft hätten. Doris Schröder-Köpf von der SPD bekräftigte diese Aussage. Die Kluft zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen werde immer größer und gleichzeitig nehme das Verständnis für religiöse Themen ab.

Düzen Tekkal stellte fest, dass es „ein weiter so“ nicht geben kann. Das Zusammenleben mit den Muslimen müsse organisiert werden und dazu gehöre auch die fragliche Weiterfinanzierung der Gemeinden. „Wie schaffen es die Verbände, wieder Vertrauen aufzubauen?“ stellte sie als Frage auf, wobei sie darauf hin deutete, dass „Kinder aus Zuwandererfamilien gute Muslime aber auch gute Demokraten sein sollen.“

Claudia Jacobi von der FDP stellte fest, dass es zwischen Christen und Muslimen viel mehr Gemeinsamkeiten gebe und sie als Partei bereit wären, sich für den Vertrag mit den islamischen Verbänden einzusetzen. Andreas Braendle machte deutlich, dass der Islam gleichgestellt werden müsse mit allen anderen Religionen. Deshalb würden sie sich, wenn sie in den Landtag gewählt werden, für den Staatsvertrag einsetzen.

Schon seit Jahre bemühen sich Muslime in Niedersachsen um ein zu Stande kommen eines Staatsvertrages. Immer wieder gab es kurz vor der Vertragsschließung Probleme, sodass der Abschluss verschoben wurde. Die Landesregierung Niedersachsens plant ein Staatsvertrag mit den drei Islamischen Religionsgemeinschaften – Schura, DITIB und Aleviten.

Türkei-Politik

Auch die politische Lage in der Türkei habe einen Vertragsabschluss verzögert. Dieser Feststellung war der Grünen-Politiker Onay zu, da er in der Vergangenheit beobachtet habe, dass die Opposition massiv gegen den Staatsvertrag war und die Lage der Türkei immer als Grund dargestellt wurde, den Vertrag nicht zu unterschreiben. Dass ein Staatsvertrag nicht zu Stande kommt, habe das Mistrauen der 300-400 Tausend Muslime in Niedersachsen erschüttert. „Es gibt keine flächendeckende Imamausbildung. Auch die Finanzierung der Imame ist unklar.“ stellte er fest und fügte hinzu: „Wir haben hier auf der Bühne 100 Prozent für den Staatsvertrag. Deshalb sehe ich gute Chancen dafür, dass die Gespräche nach der Landtagswahl wieder aufgenommen werden“. Andreas Braendle begrüßte die Arbeiten der Schura Niedersachsen und verdeutliche es am Beispiel der Seelsorge-Ausbildung. Erst vor kurzer Zeit gab es einen Ausbildungskurs, der von kirchlichen Trägern geleitet wurde. „Religion soll ausgelebt werden, solange andere Religionen und Menschen nicht beeinträchtigt werden“.

Die FDP-Politikerin appellierte dahingehend, dass Religion und Politik voneinander zu trennen seien. Als Partei hätten sie in der letzten Periode dem Vertrag nicht zugestimmt, weil sie wissen wollten, mit wem sie den Vertrag schließen und deutete auf den DITIB Landesverband hin, der von der Türkei finanziell unterstützt wird. Für die nächste Wahlperiode sei aber das Thema „Staatsvertrag“ einer der ersten Punkte, auf den sich die Partei konzentrieren möchte.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Für alle Religionsgemeinschaften und nicht religiöse Weltanschauungsgemeinschaften sollte gleichermaßen Vereinsrecht gelten. Die Sonderstellung der katholischen und evangelischen Kirche ist nicht mehr zeitgemäß. Sie ist ein trauriges Übrigbleibsel aus vergangenen Jahrhunderten, in denen die Landesfürsten den Untertanen die katholische oder evangelische Religion diktieren durften. Katholiken und Protestanten haben sich im 16. und 17. Jahrhundert zunächst die Köpfe eingeschlagen. Dann dachten die beiden Konfessionen, dass sie das Land unter sich aufteilen können. Das sollte endlich beseitigt werden! Schluss damit! Staatsverträge zwischen Bundesländern und neuen ausgewählten Religionsgemeinschaften ist hingegen der völlig falsche Weg, der nur neue Ungleichgewichte schafft. Was ist mit den Buddhisten, Hinduisten, Jesiden, Zoroastern, Sikhs, Mormonen, Zeugen Jehovas, Scientotologen, der atheistischen Giordano-Bruno-Stiftng uvam. Es müsste dann mit jeder dieser Gruppierungen ein spezieller Staatsvertrag ausverhandelt werden. Solche religiöse Sonderstellungen erfreuen sicher die Lobbyinginteressen der begünstigten Religionsvertreter, sind eines modernen Rechtsstaats aber nicht würdig.
09.10.17
13:01