Die Universität Hamburg hat als bundesweit erste Hochschule in einem Verhaltenskodex geregelt, wie Studenten an der Uni ihren Glauben leben und ausüben können.
Ein neuer Verhaltenskodex der Universität Hamburg ruft dazu auf, die Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Campus zu respektieren. Religiöse Verhaltensweisen oder die Verwendung von religiösen Symbolen dürften nicht die Ausübung von Forschung, Lehre und Bildung beeinträchtigen, heißt es in dem am Mittwoch in Hamburg vorgestellten Regelwerk. Die Verfasser fordern Respekt gegenüber Anders- und Ungläubigen: „Die Religionsfreiheit der Einen kann nicht weiter reichen als die Religionsfreiheit der Anderen.“
Laut gesprochene Gebete etwa in der Bibliothek sind demnach ebenso untersagt wie rituelle Fußwaschungen in sanitären Anlagen. Religiöse Feste dürfen ausschließlich in einem „Raum der Stille“ stattfinden, den die Universität auch weiterhin auf dem Campus zur Verfügung stellt. Ein die Geschlechter trennender Vorhang, den muslimische Studenten dort angebracht hatten, ist laut den Ausführungen diskriminierend und wird nicht geduldet. Das Tragen religiöser Kleidung erlaubt das Regelwerk jedoch grundsätzlich. Dies sei nicht per se eine Störung, heißt es. Das gelte auch für die Vollverschleierung.
Eine Kommission aus zehn Wissenschaftlern, darunter Philosophen, Theologen und Juristen, hatte den Verhaltenskodex in den vergangenen Monaten erarbeitet. Anlass zur Einsetzung des Gremiums war laut Universitätspräsident Dieter Lenzen eine Reihe von Konflikten, die sich in jüngster Zeit auf dem Campus zugetragen hatten. Laut Lenzen hatte ein salafistischer Prediger auf den Fluren der Universität öffentlich zu Gebetszeiten aufgerufen; männliche Muslime hatten Druck auf Frauen ausgeübt, die kein Kopftuch tragen. Lenzen sprach von „vereinzelten Vorkommnissen“. Die Rückfragen, wie damit umzugehen sei, hätten in letzter Zeit zugenommen. Der Kodex wurde am Mittwoch samt einer zehn Punkte umfassenden Ausführungsbestimmung an an alle Mitglieder der Universität verschickt.
An deutschen Hochschulen ist es in jüngster Zeit immer wieder zu Konflikten im Zusammenhang mit Religionsausübung gekommen. So schloss etwa die Technische Universität Dortmund im Januar 2016 ihren „Raum der Stille“, nachdem muslimische Studenten eine Wand aufgestellt hatten, um Frauen und Männer zu trennen. Die Technische Universität Berlin schaffte im März dieses Jahres ihre Gebetsräume für Muslime ab. (KNA, iQ)