Die Soziologin El-Manouar kritisiert die deutsche Islamdebatte und fordert eine rechtliche Gleichstellung des Islam mit anderen Religionsgemeinschaften.
Die Debatte um den Islam trägt nach Einschätzung der Soziologin und Islamwissenschaftlerin Yasemin El-Menouar paradoxe Züge. „Trotz der positiven Integrationsbilanz halten sich Vorbehalte gegenüber Muslimen hartnäckig“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Je mehr Muslime sich aktiv in die Gesellschaft einbrächten, desto stärker werde ihr Glaube sichtbar. Zudem sei vielen Muslimen der Glaube wichtiger als Angehörigen anderer Religionsgruppen. Dies sorge bisweilen für Irritation und Unbehagen.
Muslime müssten kritische Fragen aushalten und sich mit problematischen Aspekten ihrer Tradition auseinandersetzen, betonte El-Menouar, die den „Religionsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung verantwortet. „Derzeit werden Fragen um die zunehmende religiöse Vielfalt aber vor allem genutzt, um gegen Muslime mobil zu machen.“
Stattdessen wäre aus ihrer Sicht mehr Austausch geboten. Politik, Zivilgesellschaft und die Religionsgemeinschaften selbst könnten Begegnungen ermöglichen. Ideal wäre es, so die Expertin, wenn sie sich „von ganz allein im Alltag ergeben. Das gelingt besser mit einer Stadtplanungs- und Wohnungsbaupolitik, die die Entstehung von Armenvierteln vermeidet, und mit Schulen, die Kinder jedweder Herkunft gemeinsam besuchen.“
Die Soziologin spricht sich außerdem für eine rechtliche Gleichstellung des Islam mit anderen Religionsgemeinschaften in Deutschland aus. Es sei „zu hoffen, dass bald ein Weg dahin gefunden wird, ohne sich im historisch gewachsenen Staatskirchenrecht zu verheddern“, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Wichtig wäre ihrer Einschätzung nach, „dafür keine Sondergesetzgebung zu schaffen, sondern den Weg zu ebnen für die Anerkennung auch anderer Religionsgemeinschaften“.
Nach deutschem Recht könnten sich Religionsgemeinschaften als Verein oder als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisieren. Letzteren Status haben die großen christlichen Kirchen, kleinere Religionsgemeinschaften haben ihn in wenigen Bundesländern. Der Status ermöglicht es etwa, Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen zu leisten oder eine „Religionssteuer“ zu erheben.
Bislang fehlen den meisten islamischen Religionsgemeinschaften transparente und repräsentative Strukturen, um als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Derzeit gibt es in einigen Bundesländern Übergangslösungen, etwa in Schulgesetzen zum islamischen Religionsunterricht. (KNA/iQ)