Rechtspopulismus

Jurist wirft AfD „aberwitzige Verallgemeinerungen“ bei Islam vor

Der Jurist Michael Heinig kritisiert die pauschalisierenden Aussagen der AfD über den Islam, und wirft der Partei vor, Muslimen ihre Grundrechte absprechen zu wollen.

01
11
2017
AfD, Alternative für Deutschland
AfD

Der Göttinger Rechtswissenschaftler Michael Heinig hält Aussagen der AfD zur Rechtsstellung von Muslimen für absurd: „Auf aberwitzige Verallgemeinerungen folgen unterkomplexe Differenzierungen“, schreibt Heinig in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ (Donnerstag). Diese Strategie sei typisch für Rechtspopulisten.

„Wenn Alexander Gauland mit einem Zitat des iranischen Revolutionsführers allen muslimischen Vereinigungen pauschal die Verfassungstreue abspricht, leistet er einen juristischen Offenbarungseid“, schreibt der Staats- und Kirchenrechtler.

Zur Forderung der Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, dass islamische Religionsgemeinschaften – und nur diese – einen Treueeid auf das Grundgesetz leisten sollten, konstatiert Heinig: Die demokratische Verfassungskultur halte es zwar aus, dass Parteien „auch in der Religionspolitik in programmatischen Alternativen um die Wählergunst“ wetteiferten. Doch sie nehme Schaden, wo die Alternative lediglich darin bestehe, eine Gruppe von Gläubigen „pauschal zu diffamieren“ und ihr den „vollen Genuss aller Grundrechte abzusprechen“.

Dennoch verortet der Rechtswissenschaftler die AfD noch auf dem Boden des Grundgesetzes: „Selbst ein gestörtes Verhältnis zur Religionsfreiheit macht aus AfD-Aktivisten noch keine Verfassungsfeinde.“ Heinig ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Kirchenrecht und Staatskirchenrecht an der Universität Göttingen. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Im Koran werden die „Ungläubigen“ von Anfang bis zum Ende verdammt. Warum soll es dann umgekehrt so schlimm sein, wenn es im Gegenzug „Ungläubige“ gibt, die dem Islam pauschal nichts Bereicherndes abgewinnen können. Es gibt auch viele Deutsche, die die Linkspartei oder die AfD undifferenziert ablehnen. Wer regt sich darüber auf? Das gehört doch zur Meinungsfreiheit! Ich kann sehr gut zwischen Lenin, Stalin, Chruschtschow oder Dubcek differenzieren. Den Realsozialismus des Ostblocks lehne ich trotzdem ganz pauschal ab. Genauso halte ich es mit dem Islam.
01.11.17
18:50
Johannes Disch sagt:
Die Vorhaltungen des Juristen sind berechtigt. Aber es muss nicht verwundern. Das ist eben typisch AfD: Keine rationale differenzierte Islamkritik, sondern pauschale Islamfeindlichkeit.,
01.11.17
19:49
Frederic Voss sagt:
So wie hier der Rechtsexperte über AfD-Aktivisten berichtet, könnte er genauso entsprechend über Islam-Aktivisten und Koran-Gefolgsleue "aberwitzig" Bericht erstatten. Für mich sind fanatische Islam-Aktivisten wesentlich bedrohlicher als Mitglieder einer zugelassenen Partei. Da gibt es z.B. in Deutschland ergebene Anhänger des Imams Khameneis, die einen Volksaufstand des Islamischen Erwachens ankündigen. Da heißt es u.a.: "Die Feinde fürchten sich vor dem Begriff >islamisches Erwachen<. Wenn der Islam in seiner wahren Form, in seiner eigentlichen Gestalt zum Vorschein kommt, dann erzittern ihre Körper." All das und viel mehr kann man im Internet finden. Aber der Herr Heinig sorgst sich da lieber darum, daß diese Gläubigen pauschal nicht diffamiert werden dürfen.
01.11.17
20:36
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 01.11.2017, 18:50) Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Sie können nicht einen 1400 Jahrhunderte alten religiösen Text mit einem Parteiprogramm vergleichen und auch nicht mit einer Verfassung. -- "Keine Religion muss mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Das verlangt das Grundgesetz nicht. Die Praxis der Gläubigen muss mit der Verfassung vereinbar sein. Ein Glaube muss nicht mit der Verfassung vereinbar sein. Aber nicht alles, was ein Glaube fordert, ist in einer Demokratie auch umsetzbar." (Der Ex-Verfassungsrichter Dieter Grimm) Es ist also Nonsens, einen alten religiösen Text heranzuziehen, um eine rassistische undemokratische Haltung einer Partei -- hier: der AfD--zu relativieren und zu verharmlosen. Was die AfD treibt hat mit (Islam)Kritik nix zu tun. Die AfD will einer ganzen Religionsgemeinschaft-- den Muslimen-- das Grundrecht auf Religionsfreiheit absprechen. Damit legt die AfD die Axt an unsere Verfassung.
02.11.17
0:10
Frederic Voss sagt:
Wenn Herr Disch hier schreibt, daß die AfD-Partei die Axt an unsere Verfassung legen würde, dann sollte er sich auch einmal auf speziellen Internet-Seiten von Islam-Aktivisten - besonders aus Deutschland - genauer umschauen. Er könnte dann feststellen, daß von diesen Islam-Polit-Gruppen eine viel größere Gefahr für die deutsche Verfassung ausgeht. Diese Leute tragen bereits eine Fackel der islamischen Revolution in Deutschland mit sich. Nur Religionstoleranzler werden freundlich lächelnd weiter von allen erdenklichen Freiheiten für alle Religionen - immer und überall - träumen.
03.11.17
11:23
Johannes Disch sagt:
@Fredederic Voss Was sollen denn immer diese Vergleiche? Mache verfassungsfeindliche Islamisten den verfassungsfeindlichen Rechtsextremismus wie etwa der "Identitären Bewegung" weniger schlimm? Jeder Extremismus ist zu bekämpfen. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
04.11.17
18:48