NRW-Staatspreis

Kermani mit NRW-Staatspreis geehrt

Am Montagabend erhielt der muslimische Schriftsteller Navid Kermani den NRW-Staatspreis. Die höchste Auszeichnung des Landes. Ministerpräsident Laschet würdigte ihn als „Meister des Wortes“.

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11
2017
Navid Kermani © Facebook, bearbeitet by iQ.
Navid Kermani © Facebook, bearbeitet by iQ.

Der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani ist an seinem 50. Geburtstag mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen geehrt worden. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) würdigte ihn am Montagabend in Köln als „Meister des Wortes“ und einen der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller der Zeit.

Mit seinen Themen rund um Sprache, Literatur, Religion und Politik, mit europäischer Integration und globaler Migration erweise er sich als „Intellektueller mit Alltagsrelevanz“. Durch kluge Gedanken, kritische Betrachtungen und differenzierte Argumentation trage er zum guten Zusammenleben in NRW, Deutschland und Europa wesentlich bei.

Höchste Auszeichung des Landes

„Er ist ein Brückenbauer zwischen den Kulturen und ein Vordenker des Zusammenlebens in Vielfalt“, sagte Laschet im Kölner Gürzenich vor rund 600 Gästen. Besonders lobte er seine Rede nach dem Terroranschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo: „Hier wurde das Wort in der Stunde der Ohnmacht zur Quelle der Kraft.“ Kermani ist der 55. Träger des mit 25.000 Euro dotierten NRW-Staatspreises, der höchsten Auszeichnung des Landes.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) würdigte Kermani in seiner Laudatio als politisch engagierten Intellektuellen, der sich einmische. „Davon gibt es in unserem Land nicht zu viele. Wir brauchen sie aber mehr denn je.“ Kermanis Biografie zeige, wie die deutsche Kultur ihn geprägt habe und wie er diese seinerseits bereichere. Der Preisträger stelle sich mit seinen Themen mutig der Komplexität der Welt des 21. Jahrhunderts. „Kermani verkörpert auf wunderbare Weise, wie wir diesen Herausforderungen begegnen sollten: neugierig, mit Empathie, mit Selbstbewusstsein, Offenheit und Zuversicht“, sagte Schäuble.

„Nationale Egoismen überwinden“

Kermani erklärte in seiner Dankesrede, auch wenn das Gemeinwesen weit davon entfernt sei, perfekt zu sein, lohne es sich, dafür entschieden einzutreten – auch angesichts der Herausforderung durch extremistischen Terror oder eine Verächtlichmachung von rechts. Mit Blick auf die Zukunft Europas sagte er, es sei „allerhöchste Zeit, die Lähmung, die nationalen Egoismen zu überwinden“. Da sei es „schon ein Desaster“, dass Deutschland nach dem Ende der Jamaika-Sondierungen keine Antwort auf die Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Macron gegeben habe und bis auf weiteres nicht geben werde. Zudem rief der Preisträger auf, das Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa“ nicht aus dem Blick zu verlieren.

Kermani, in Siegen geborener Sohn iranischer Einwanderer, lebt mit seiner Familie in Köln. Der promovierte Orientalist muslimischen Glaubens hat die deutsche und die iranische Staatsangehörigkeit. Zu seinen Hauptwerken zählen „Große Liebe“, „Einbruch der Wirklichkeit. Auf dem Flüchtlingstreck durch Europa“, „Zwischen Koran und Kafka. West-östliche Erkundigungen“ und „Ungläubiges Staunen. Über das Christentum“. Für sein Werk wurde er unter anderem mit der Buber-Rosenzweig-Medaille und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Ich finde, dass sich Herr Kermani diesen Staatspreis nicht verdient hat. Mich stört an Herrn Kermani, dass er groteske religiöse Dogmen als unantastbare Naturgesetzlichkeiten betrachtet. Er beschimpft stattdessen diejenigen, die bereit sind diese überkommenen Traditionen in Frage zu stellen. Kritisches Hinterfragen und Über-Bord-Werfen von Althergebrachtem bringt meiner Überzeugung nach die Menschheit voran und nicht unverdienter Respekt vor alten Ritualen. Im Rahmen der intensiven öffentlichen Diskussion über das Beschneidungsurteil des Landgerichts Köln von 2012 veröffentlichte Kermani in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel unter dem Titel „Triumph des Vulgärrationalismus“, der mir sehr missfallen hat. Darin wirft er dem Landgericht vor, „mal eben so im Handstreich viertausend Jahre Religionsgeschichte für obsolet zu erklären.“ Aufklärung sei nicht nur die Herrschaft der Vernunft, sondern zugleich das Einsehen in deren Begrenztheit. „Der Vulgärrationalismus hingegen, der sich im Urteil des Kölner Landgerichts ausdrückt, setzt den eigenen, also heutigen Verstand absolut". Nach dieser Logik müsste man aber dann aber auch vor Eltern Respekt haben, die aus religiöser Überzeugung ihre Kinder schlagen. Im Neuen Testament findet man unter Sprüche 13:24 folgende Erziehungsregel: "Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn bald." Im Unterschied zu Schlägen hinterlässt die Vorhautamputation immer eine irreversible körperliche Beeinträchtigung.
28.11.17
13:51