Hinz und Kunst

“Meine Kunst ist die Sprache, die ich spreche“

„Die Kunst ist frei“. Frei von Grenzen und Debatten. Muslimische KünstlerInnen nutzen die Freiheit und zeigen deutlich: Wir gehören zu Europa. Heute mit der Künstlerin und Lehramtsstudentin Isra Abdou.

20
12
2017

IslamiQ: Kannst Du Dich vorstellen?

Isra Abdou: Mein Name ist Isra. Für viele bin ich auch Esra oder Iesra. Die Aussprache ist mir nicht besonders wichtig. Ich bin 22 Jahre alt und bin eine deutsch/ägyptische Bildende Kunst und Lehramtsstudentin aus Berlin.

IslamiQ: Was möchtest Du mit deiner Arbeit bewirken?

Abdou: In erster Linie nutze ich meine Kunst, um mehr über die Heimat meiner Eltern und mich zu lernen. Kunst ermöglicht es mir Dinge in einem ganz anderem Licht zu beleuchten, betrachten und darüber nachzudenken.

Die künstlerische Arbeit von Isra Abdou kann auf Instagram verfolgt werden.

IslamiQ: Ist Dir Dein kultureller und/oder religiöser Background wichtig?

Abdou: Sehr. Ich finde beim besten Willen keine Rechtfertigung hierfür. Das Gefühl, einen anderen Ort zu haben, den ich höchstens einmal im Jahr sehe und mich dort dennoch sofort wie zuhause fühle, ist unbeschreiblich.

IslamiQ: Wie stark beeinflusst Dein Background Dein künstlerisches Schaffen?

Abdou: Manchmal hemmt und manchmal stärkt er mich. Meine Kunst ist die Sprache, die ich spreche und mein Background hat diese Sprache beeinflusst und geformt, um sie für mich „aussprechbar“ und für das Publikum übersetzbar und verständlich zu machen.

IslamiQ: Studien attestieren eine steigende anti-islamische Stimmung in Europa. Bist Du persönlich Diskriminierungen dieser Art ausgesetzt?

Abdou: Da ich Lehramtsstudentin bin und das Neutralitätsgesetz in meiner Lieblingsstadt und Heimat Berlin mich ungeachtet meiner Kompetenzen und Fähigkeiten durch das bloße Tragen eines Hijabs ausschließen möchte – ja.

IslamiQ: Denkst Du, dass der Islam zu Deutschland gehört? Wieso?

Abdou: Ich wurde hier geboren. Ich gehöre zu Deutschland wie Deutschland zu mir gehört. Und da ich alles was mich ausmacht in meine Arbeit, meine Kunst und mein Leben integriere gehört unteranderem auch der Islam für mich zu Deutschland.

Leserkommentare

Frederic Voss sagt:
Öffentlich islamisch uniformiertes Auftreten fördert leider keine pro-islamische Stimmung. Als Uniform bezeichnet man gleichartige Kleidung mit Symbolfunktion. Die Freiheit der Kunst braucht keine Uniformen, sie macht sie sogar überflüssig.
21.12.17
12:33
Audrey Khan sagt:
Eine aufrichtige - und vor allem kreative Frau. Wieso spielt es da überhaupt eine Rolle, welcher Religion sie angehört? Oder noch besser - dass sie ein Kopftuch trägt? Kunst ist eine Sprache. Eine Sprache die über Grenzen hinweg spricht. Und das schaffst du damit Isra. Menschen verstehen dich, obwohl sie deine Heimat nicht kennen. Öffentlich islamisch uniformiertes Auftreten - heißt es in einem der Leserkommentare. Das fördert deren Ansicht nach keine pro islamische Stimmung. Aber öffentlich anti-islamische Diskriminierung gegenüber Frauen, Kindern - Menschen ist vollkommen legitim? Und fördert die pro islamische Stimmung? Das bezweifle ich.
22.12.17
8:47
Muhammed Acar sagt:
Das Kopftuch als eine Uniform zu betrachten ist für sich selbst eine uniformende Meinung, da das Kopftuch, genauer eigentlich die Bedeckung, ein integrierter Bestandteil vieler verschiedener Kulturen ist und sich dementsprechend sehr vielfältig in den verschiedenen Kulturen ausdrückt. Diese Vielfalt und Natürlichkeit der Bedeckung nicht zu erkennen und es zu einem politischen Symbol zu reduzieren führt lediglich zu einer Polarisierung und Ausgrenzung von vielen wundervollen Frauen aus dem öffentlichen Leben.
25.12.17
6:49
Ute Fabel sagt:
@Muhammed Acar: Wie Sie wahrscheinlich gehört haben, ist die rechte FPÖ in Österreich seit kurzem Regierungspartei. 20 der 51 Parlamentarier sind Mitglieder von Burschenschaften. Deren Kappen und Schleifen haben wie das Kopftuch Uniformcharakter. Das konkrete Motiv der einzelnen Trägerin oder des Trägers, das divergieren kann, ändert daran nichts. Ein FPÖ-Burschenschafter sagte kürzlich, die Bewunderung für den Außenminister der Weimarer Republik, Gustav Stresemann, und seine Bemühungen um die deutsch-französische Aussöhnung nach dem 1. Weltkrieg seien der Grund für seinen Bekleidungsstil. Das nimmt jedoch niemandem das Recht, beim Anblick von Burschenschaftercouleurs an deutschnationales Gedankengut zu denken. Wenn eine Kopftuchträgerin behauptet, dass diese Art sich zu kleiden für sie Befreiung und Feminismus bedeutet, nehme ich mir trotzdem die Freiheit bei ihrem Anblick an autoritäre Religionsdiktaturen wie Saudi Arabien und den Iran zu denken.
28.12.17
8:09
Muhammed Acar sagt:
@Ute Fabel Sie haben ja die Freiheit auf diese Art zum Denken gebracht zu werden. Allerdings sollten sie als zweiten Schritt mit dieser Frau mit Kopftuch reden, um ihrer Freiheit neue Dimensionen hinzuzufügen, denn eine Dimension ermöglicht lediglich das Denken in eine Richtung.
30.12.17
17:31
Manuel sagt:
@Muhammed Acar: Wenn man von klein auf ständig erzählt bekommt, nur gute Moslemas tragen Kopftuch, dann ist das keine Freiheit, sondern Indoktrination.
12.01.18
21:17
Kathrin Neumann sagt:
Kein Kopftuch zu tragen, ist auch ziemlich uniform.
28.02.21
20:51