Die Debatte um die Imame hält an. Im IslamiQ-Interview sprechen wir mit Celil Yalınkılıç über die Ausbildung, dem Berufsfeld und die Kriterien eines Imams.
IslamiQ: Wonach wählen Sie Ihre Imame aus?
Celil Yalınkılıç: Da gibt es mehrere Kriterien. Zum einen müssen die Imame fachlich geeignet sein, d. h. sie müssen eine theologische Ausbildung haben, aber auch die Koranrezitation beherrschen und rhetorisch begabt sein. Sie sollten auch die Fähigkeit besitzen, ihr Wissen auf pädagogisch sinnvolle Weise zu vermitteln.
IslamiQ: Das sind ganz unterschiedliche Gebiete. Sind die Imame damit nicht überfordert?
Yalınkılıç: Der „Beruf“ des Imams erfordert ein gewisses Maß an Hingabe. Er ist mehr Berufung als Beruf. Neben ihren religiösen Diensten in der Moscheegemeinde übernehmen unsere Imame viele andere Aufgaben, angefangen von der sozialen Beratung, über die „Seelsorge“ bis hin zur Bildung. Das ist nicht immer einfach. Imame haben keine bestimmten Arbeitszeiten, der Imam-Beruf ist manchmal ein 24 Stunden-Job.
IslamiQ: Was motiviert sie?
Yalınkılıç: Die größte Motivation eines Imams ist der Gedanke, das Wohlwollen Allahs zu erlangen und der Gesellschaft von Nutzen zu sein. Denn wer im Diesseits etwas Gutes tut oder dazu anleitet, wird im Jenseits belohnt werden.
IslamiQ: Warum ist es wichtig, dass Muslime ihre eigenen Imame ausbilden?
Yalınkılıç: Die ältere Generation von Imamen beherrscht die Landessprache nur unzureichend und kennt die hiesige Gesellschaft nicht gut genug. Das erschwert leider die Kommunikation mit der jüngeren Generation. Aus diesen Gründen konzentrieren sich die Imame meistens auf die religiösen und sozialen Dienste in ihrer Gemeinde und treten kaum an die breite Öffentlichkeit. Sie können nur bedingt dazu beitragen, unser Islamverständnis der Öffentlichkeit zu vermitteln.
Außerdem tun sich Imame, die während ihrer Ausbildung keinen Bezug zu den Gemeinden haben, schwer, sich in die Gemeinde zu integrieren.
IslamiQ: Politiker fordern, dass Imame künftig in Deutschland ausgebildet werden. Wie sehen Sie das?
Yalınkılıç: Die Diskussion um den Ort bzw. die Orte der Ausbildung ist irrelevant. Imame können ihre Ausbildung im Ausland absolvieren, ganz oder nur teilweise. Dieses Recht darf ihnen niemand nehmen. Überhaupt ist eine internationale Aubildung heutzutage ganz normal. Wichtiger ist, wer sie ausbildet, wie das geschieht und nach welchem Lehrplan. Die Ausbildung ist und muss Sache der Religionsgemeinschaften bleiben.
IslamiQ: Wie sieht bei Ihnen die Imamausbildung aus?
Yalınkılıç: Unsere Angebote sind vielfältig. Zum einen bieten wir unseren aktiven Imamen regelmäßig Fortbildungsseminare an, mit dem Ziel sie im Bereich der religiösen Dienste weiterzubilden.
Zum anderen haben wir in Mainz eine Berufsschule für Imame gegründet. Unsere Schule richtet sich an alle Jugendliche, die sich nach der 10. Klasse für eine Imam-Ausbildung entscheiden.
Ferner können Studierende der islamischen Theologie in ihren Semesterferien ein Praktikum in unseren Gemeinden absolvieren. Diese werden nach ihrem Abschluss als Imame oder im Bildungswesen in unseren Gemeinden eingestellt.
IslamiQ: Was ist Ihr Rat an die Imame von heute?
Yalınkılıç: Das Imamsein ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Es gibt nichts Schöneres, als den Gedanken, dass andere Menschen mit eurer Hilfe den rechten Weg finden werden. Deshalb ist es sehr wichtig, den ständigen Kontakt mit der Gemeinschaft zu suchen, und sei es auch nur eine kurze Unterhaltung. Ein kurzes Gespräch ist oft wirksamer als ein langer Vortrag.
Lasst euch von der politischen Lage nicht entmutigen. Mischt euch in das gesellschaftliche Leben ein und seid Vorbilder in jeder Hinsicht.
Das Interview führte Rahime Söylemez.