Vorbilder, die uns positiv stimmen, sind heute wichtiger denn je. In dieser IslamiQ-Reihe möchten wir unsere Leser zu Autoren machen. Taha Tarık Yavuz schreibt über sein Vorbild: Muhammad Zâhid al-Kawsarî.
Muhammad Zâhid al-Kawsarî wurde am 14. Oktober 1879 im Dorf Hacı Hasan Efendi, nahe der Stadt Düzce (Türkei) geboren und verstarb am 11. August 1952 in Kairo.
Die islamischen Grunddisziplinen wie Fikh, Hadith, Tasawwuf und Dogmatik lehrte ihn sein Vater Hasan Hilmi. Während seines Aufenthaltes in Düzce lernte al-Kawsarî bei Muhammad Nazım Efendi neben den islamischen Wissenschaften auch die arabische Sprache (Sarf, Nahw), Geschichte, Mathematik, Persisch und Geographie.
Der damals 15-jährige Muḥammad Zâhid al-Kawsarî verließ anschließend seine Heimatstadt Düzce und reiste nach Istanbul, wo er Vorlesungen von angesehenen muslimischen Gelehrten besuchte und von diesen unterrichtet wurde. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass die arabische Sprache einen besonderen Stellenwert bei al-Kawsarî hatte. Sein einflussreichster Lehrer war wohl der aus Kastamonu stammende Hasan Hilmi Efendi (gest. 1328/1911). Von ihm bekam al-Kawsarî eine allgemeine Lehrerlaubnis (Idschâza). Hasan Hilmi Efendi war auch ein guter Freund seines Vaters.
Mit 26 Jahren beendete Kawsarî seine Zeit als Student. In dieser Zeit war es üblich, dass Studenten am Ende ihres Studiums einen Test absolvieren, der aufgrund seines hohen Schwierigkeitsgrades sehr schwer zu bestehen war und deshalb nur jedes fünfte Jahr stattfand. Al-Kawsarî musste noch drei Jahre warten, um diese Prüfung abzugeben. Durch diese Prüfung wird verdeutlicht, dass nicht jeder Absolvent einer Madrasa auch zugleich eine Lehrerlaubnis bekommt, da der Islam und die islamische Gelehrsamkeit ein gewisses Niveau mit sich bringen.
Nachdem er die Prüfung erfolgreich bestand, erhielt er den Rang eines „Ders-i âm“, d. h., dass er von nun an die Erlaubnis bekam, andere Studenten zu unterrichten. Schließlich unterrichtete er an der Fatih Moschee (Istanbul) ungefähr sieben Jahre lang, bis er als „Mudarris“ anerkannt wurde.
Zwischen 1923 und 1928 reiste er zweimal nach Syrien, wo er ca. ein Jahr verbrachte. Auf die Frage, warum al-Kawsarî nicht in Syrien geblieben ist, sondern nach Ägypten reiste, antwortete er wie folgt: „Der größte Teil der syrischen Bevölkerung sind fromme Diener. Sie setzten sich mit dem Wissen auseinander, jedoch ist ihr Darwisch-Sein im Vordergrund. In Kairo sind viele Gelehrten und die Azhar-Universität ist auch dort. Mir gefällt es sehr, in der Umgebung von Wissen und Wissenden zu sein.“ Seine in der Türkei zurückgelassene Familie konnte jedoch erst dann zusammengeführt werden, als er die Prüfung zum Übersetzer erfolgreich bestanden hatte und in einer angesehenen Institution eingestellt worden ist.
Vor allem aber zeichnete sich al-Kawsarî dadurch aus, dass er zeitgenössische reformistische Ansichten, die er nicht als richtig empfand, in seinen Artikeln zu widerlegen versuchte. Zahlreiche Gelehrte profitierten von ihm, vor allem aus seinen vorliegenden Handschriften.
Des Weiteren wird ihm zugeschrieben, dass er strikt der hanafîtischen Rechtsschule folgte. Er selbst sagt jedoch, dass das fanatische Festhalten an einer Rechtsschule ein Hindernis für einen Wissenschaftler ist. „Denn Fanatismus zeigt den Schwachen stark und den Starken schwach, starke Beweise kraftlos und kraftlose Beweise stark. Dies ist nichts, was jemand, der Allah und den jüngsten Tag fürchtet, tun kann.“
Abschließend ist zu sagen, dass sich die Beschäftigung mit diesem Gelehrten, der noch vor ca. 70 Jahren gelebt hat, in der Aufbauphase befindet. Das breite Spektrum seiner wissenschaftlichen Kompetenzen erschweren die Arbeit über ihn, da man in diesen bewandert sein muss, um über diese Kompetenzen urteilen zu können. Vor allem modernistischen Strömungen bieten seine Werke eine Quelle, da diese damals erstmalig aufkamen und von Kawsarî kritisch aufgegriffen wurden. Festzustellen ist, dass die in der islamischen Theologie diskutierten Themen sich bis heute nicht so sehr verändert haben.
Al-Kawsarî zeichnet aus, dass er sich offenherzig und wissenschaftlich mit kontroversen Fragen seiner Zeit beschäftigt, wobei er jedoch der islamischen Gelehrsamkeit treu geblieben ist. Das macht ihn zu einem Vorbild für mich.