Seit seinem Amtsantritt hat Donald Trump wenig über das Gefangenenlager Guantánamo gesprochen. Nun macht er offiziell klar, dass er daran festhalten will. Das kommt wenig überraschend – eine Passage seines Erlasses lässt aber aufhorchen.
US-Präsident Donald Trump will das berüchtigte Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba offen lassen. Das kündigte der Republikaner am Dienstagabend (Ortszeit) in seiner Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress an. Er löse damit ein Versprechen ein, sagte Trump. Zuvor hatte er einen Erlass unterzeichnet, mit dem er die von seinem Vorgänger Barack Obama angeordnete Schließung des Lagers rückgängig macht. Darin schließt Trump auch nicht aus, neue Insassen in das Gefängnis zu schicken. Ob es aber tatsächlich dazu kommt, ist fraglich.
Terroristen seien nicht bloß Kriminelle, sie seien feindliche Kämpfer, erklärte Trump. „Und wenn sie im Ausland gefangen genommen werden, sollten wir sie wie die Terroristen behandeln, die sie sind.“ Er habe Verteidigungsminister James Mattis beauftragt, die Inhaftierungspolitik des Militärs auf den Prüfstand zu stellen.
Trump setzt mit dem Schritt ein Wahlkampfversprechen um. In den Monaten vor der Präsidentschaftswahl im November 2016 hatte er sich vehement dafür ausgesprochen, an dem Lager festzuhalten. Obama hatte seit seinem Amtsantritt im Januar 2009 versucht, es zu schließen. Der Demokrat scheiterte aber – am Ende konnte er sich nicht gegen den republikanisch dominierten Kongress durchsetzen.
Trump sprach seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr kaum über das Lager. Mit dem Erlass vom Dienstag gießt er letztendlich die bestehende Politik seiner Regierung in einen Rahmen. Es ist also nicht mehr als ein symbolischer Schritt. Dass er dem Thema in seiner Ansprache Raum einräumte, ist vor allem unter dem Aspekt auffallend, dass Obama sich in seiner letzten Rede zur Lage der Nation noch einmal ausdrücklich für die Schließung des Lagers ausgesprochen hatte. Das war vor genau fast zwei Jahren.
Das Gefangenenlager war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unter dem damaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush errichtet worden, um mutmaßliche Terroristen festzuhalten. Derzeit hat es noch 41 Insassen. Zehn von ihnen wurden vor Militärtribunalen angeklagt. Drei Insassen wurden verurteilt. Sieben weitere müssen sich wegen Kriegsverbrechen verantworten. Unter ihnen ist auch Chalid Scheich Mohammed, der mutmaßliche Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001. Die Verfahren stocken aber seit Jahren.
26 Insassen wurden nie angeklagt. Die US-Regierung will sie aber nicht gehen lassen, weil sie die Männer für zu gefährlich hält. Die Beweise reichen aber nicht aus für eine Anklage oder wurden durch Folter erlangt. Fünf weitere Häftlinge waren unter Obamas Regierung zur Entlassung freigegeben worden. Dies wurde jedoch nicht mehr umgesetzt.
Trump hatte sich vor seinem Amtsantritt dafür ausgesprochen, keine Gefangenen mehr zu entlassen. In seinem Erlass scheint er davon aber Abstand zu nehmen. Darin wird Verteidigungsminister Mattis die Möglichkeit eingeräumt, Insassen zu verlegen, wenn dies «angemessen» sei.
Zugleich heißt es darin, dass die USA zusätzliche Häftlinge nach Guantánamo verlegen könnten, „wenn dies rechtmäßig und notwendig zum Schutz der Nation ist“. Manche Experten bezweifeln aber, dass dies tatsächlich so kommt. Der Widerstand dürfte groß sein, rechtlich wären neue Inhaftierungen anfechtbar. Seit März 2008 hat es in Guantánamo keinen Neuzugang mehr gegeben.
Das Center for Constitutional Rights (CCR), das mehrere Insassen vertritt, kritisierte Trumps Entscheidung vom Dienstag scharf. Die Organisation kündigte an, rechtlich dagegen vorgehen zu wollen. (dpa/iQ)