CDU/CSU und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Der Islam wird ausschließlich im Kontext der inneren Sicherheit genannt. Muslime zeigen sich enttäuscht von den Vereinbarungen.
Am Mittwoch (07.02.201) wurde in Berlin die endgültige Fassung des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD unterzeichnet und vorgestellt. Die Ziele ihrer Regierungspolitik haben sie auf rund 170 Seiten festgehalten. Neben den großen politischen Themen geht es darin auch um Grundsatzfragen über den Zusammenhalt der Gesellschaft oder ethische Herausforderungen.
Mit Blick auf den Islam wollen die Koalitionsparteien die Deutsche Islamkonferenz fortsetzen. In welcher Zusammensetzung und mit welchem Ziel, das wird nicht gesagt. Der Islam taucht vor allem mit Blick auf den Kampf gegen radikale Tendenzen wie den Salafismus nur neun mal auf. Union und SPD erwarten, „dass Imame aus dem Ausland Deutsch sprechen. Radikalisierte Moscheen werden wir beobachten und gegebenenfalls schließen“, heißt es weiter. Muslime reagierten auf die Ergebnisse enttäuschend.
„Die Koalitionsvereinbarung zwischen der Union und der SPD enttäuscht Muslime. In Zeiten von PEGIDA, dem Erstarken des Rechtsextremismus, täglichen verbalen und körperlichen Angriffen auf Muslime und ihre Einrichtungen, wäre eine gesonderte Thematisierung der immer stärker werdenden Islamfeindlichkeit in unserem Lande mehr als nötig“, erklärte der Vorsitzende des Islamrates, Burhan Kesici.
Muslime seien täglich verbalen und körperlichen Angriffen ausgesetzt. Sie erleiden Diskriminierungen in Bildung und auf der Arbeit. Die Stimmung gegenüber Muslimen und den Islam durchläuft derzeit eine Talfahrtphase. Ihre Gebetsstätte werden mittlerweile beinahe täglich geschändet. All das wird von den Sicherheitsbehörden wie Soziologen bestätigt. „Dass die Union und die SPD diese Probleme nicht mal mit einem Satz in der Koalitionsvereinbarung erwähnt, ist besorgniserregend. Mit keinem Wort werden die akuten Sorgen von Muslimen, wie Unrechtbehandlung angesprochen. Das ist realitätsfremd und kein Zeichen ausgeprägter umfassender staatlicher Fürsorge“, so Kesici weiter.
Auch der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Bekir Altaş, äußerte sich zum Koalitionsvertrag. „Es ist sehr enttäuschend, dass der Islam im Koalitionsvertag ausschließlich im Kontext der inneren Sicherheit genannt wird. Das verzerrt den Blick auf die Realität und ist Wasser auf die Mühlen von Islamfeinden“, erklärt Altaş.
Wer den Koalitionsvertrag lese, bekomme unweigerlich den Eindruck, als müsse man Angst vor dem Islam haben. Das sei eine unzulässige und massive Verzerrung der Lebensrealität von Millionen Muslimen in Deutschland. „Die Politik muss ihren ewiggestrigen Blick auf die Muslime auf den Prüfstand stellen und ihre Scheuklappen endlich ablegen. Muslime sind keine Gefahr für Deutschland, sondern eine Bereicherung. Muslime sind auch keine homogene Masse, die es zu integrieren gilt, sondern fester Bestandteil der hiesigen Gesellschaft ohne Anpassungsbedarf“, so Altaş weiter.