Tschechische Katholiken wollen, dass der Papst das Mandat des Prager Kardinals Dominik Duka nicht verlängert. Er habe einen Hang zu Nationalismus und Islamfeindlichkeit. Präsident Zeman nennt ihn einen „bedeutenden Patrioten“.
Wenn der Prager Kardinal Dominik Duka am 26. April 75 Jahre alt wird, muss er Papst Franziskus gemäß dem Kirchenrecht seinen Amtsverzicht anbieten. Am Papst ist es dann, den Rücktritt anzunehmen oder den Kardinal zu bitten, noch eine Zeit auf seinem Posten zu bleiben, wie bei den Leitern wichtiger Erzdiözesen. Duka rechne mit beiden Varianten – und erwarte die Entscheidung des Papstes „demütig“, so sagt der Sprecher des Prager Erzbistums, Stanislav Zeman, und: „Wir alle wissen, dass Papst Franziskus öfter mal unkonventionell entscheidet.“
Geht es nach etwa 100 katholischen Laien, dann sollte der Papst den Prager Erzbischof nicht länger als erforderlich im Amt belassen. In einem Brief an Franziskus machen sie dafür eine Reihe von Gründen geltend. So beklagen sie, dass es in Dukas Amtszeit zu einer zu großen Nähe von Kirche und Staat gekommen sei. Sie stören sich unter anderem an einem Gottesdienst mit Staatspräsident Milos Zeman im November 2015, wenige Tage nach einem gemeinsamen Auftritt des Präsidenten mit dem damaligen Führer der tschechischen Fremdenfeinde, Martin Konvicka.
Dukas „Neigung zu Nationalismus und zu Rechtsextremen“ finde sich jedoch nicht nur in dessen „unkritischer Unterstützung des islamophoben Präsidenten Zeman“, sondern auch in einer „klaren Absage an Solidarität mit Flüchtlingen“ bei der Wallfahrt für den Nationalheiligen Wenzel 2017. Hinzu komme ein Glückwunschschreiben des Kardinals an den Chef der als faschistoid eingeschätzten Partei SPD des Tschecho-Japaners Tomio Okamura, so die Verfasser des Briefes. Darin habe Duka unter anderem geschrieben, dass beide die Sorge um die Sicherheit des Landes eine. Das bedeute übersetzt, dass der Kardinal Okamuras ablehnende Haltung zu Flüchtlingen teile.
Kritik an Duka üben die katholischen Laien auch mit Blick auf die Rückgabe von im Kommunismus verstaatlichten Kirchengütern. Die sogenannte Kirchenrestitution sei von ihm nicht gut erklärt worden – was wiederum die Zustimmung zur Kirche in der Bevölkerung verringert habe. Zudem habe sich der Kardinal „lieber mit Reichen und Mächtigen fotografieren lassen“, statt sich um das Innenleben der Kirche zu kümmern.
All das sind schwere Vorwürfe – die Duka selbst nicht kommentieren wollte. Doch der Brief hat auch Verteidiger auf den Plan gerufen. Die ansonsten herzlich unchristliche Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ nannte den Brief in einem Leitartikel ein „Schreiben voller Lügen“. Sie erinnerte an Dukas Inhaftierung zu kommunistischen Zeiten und lobte seinen besonderen Einsatz für Werte wie Vaterland, Wahrheit, Familie und Glauben. „Der Angriff auf Kardinal Duka ist somit ein Angriff auf die Werte, hinter denen unser ganzes Land steht.“
Zuletzt warf sich am Donnerstagabend in einem privaten TV-Kanal auch noch Staatspräsident Zeman für den Dominikaner-Kardinal in die Bresche: „Obwohl ich mich grundsätzlich nicht in Dinge der katholischen Kirche einmische, habe ich mich nach dem Lesen des denunziatorischen Briefs entschlossen, mich als Präsident der Republik mit der Bitte an den Heiligen Vater zu wenden, das Mandat für Kardinal Duka zu verlängern.“ Duka sei „eine bedeutende Persönlichkeit mit einer Eigenschaft, die im katholischen Klerus nicht üblich ist – er ist ein Patriot“, so der Präsident. Jede bedeutende Persönlichkeit sei umgeben von „neidischen, kleingeistigen Schreihälsen“, fügte Zeman hinzu.
In Interviews ist Duka jedenfalls das, was man Neudeutsch als „outspoken“ bezeichnet. Europa habe den Terrorismus nicht unter Kontrolle, sagte er etwa im Sommer 2017. „Nach Attentaten stellt sich stets nur die Frage, wo das nächste sein wird.“ Niemand wolle zugeben, dass man es eigentlich mit einem „Kriegszustand“ zu tun habe. „Wir reden von Schengen als einer der größten Errungenschaften der EU. Doch Schengen funktioniert de facto nicht mehr. Es gibt wieder Grenzkontrollen, und wir verlieren schrittweise die Vorzüge der Union.“ Man müsse den Menschen die Wahrheit über diese Dinge sagen, so der Prager Erzbischof. „Die politische Korrektheit wandelt sich in ein Schweigen – und manchmal auch direkt in eine Lüge.“
Nicht nur Tschechiens Katholiken sind nun gespannt, welche Auswirkungen der Brief der Laien und das Widerwort Zemans auf die Entscheidung des Papstes haben werden.
Von Hans-Jörg Schmidt (KNA)