Immer mehr Muslime leisten ihren Dienst in der Bundeswehr. Bei der geplanten Einführung einer muslimischen Seelsorge in der Bundeswehr hat sich nichts bewegt. Muslimische Vertreter sprechen von einem Versäumnis.
Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels hatte in seinem Jahresbericht unlängst die Bundesregierung kritisiert: „Nach mehr als sechs Jahren ergebnislosen Prüfens macht sich langsam Ernüchterung breit.“ Als Vorbild nannte der Wehrbeauftragte Österreich, wo das Bundesheer inzwischen über einen Militär-Imam verfügt. Muslime fordern die Einführung einer islamischen Seelsorge in der Bundeswehr schon seit Jahren.
Der Vorsitzende des Islamrates sieht die Regierung in der Pflicht. „Trotz langjährigen Beratungen hat das Verteidigungsministerium es versäumt ernsthafte Schritte für die Einführung einer islamischen Seelsorge in der Bundeswehr zu tun“, erklärt Kesici gegenüber IslamiQ.
Die Notwendigkeit werde durch muslimische Soldaten ständig geäußert. „Die Wünsche müssen ernst genommen werden. Gerade für Soldaten mit Auslandseinsätzen sei eine seelsorgerische Betreuung unabdingbar. „Wir wissen nicht, was für seelische Probleme ohne professionelle Betreuung entstehen können. Die Aufnahme eines muslimischen Vertreters in den Beirat der inneren Führung würde der erste Schritt in die richtige Richtung sein“, so Kesici weiter.
Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland fordert den Einsatz von Imamen in der Bundeswehr gefordert. „Es ist eine Schande, dass wir in Deutschland nach so vielen Anläufen und Anstrengungen über fast sechs Jahre nicht mal einen dringend benötigten muslimischen Militärseelsorger installieren konnten“, sagte der Verbandsvorsitzende Aiman Mazyek der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Er kritisierte, dass „die Politik jedes Mal Bürokratie als Grund dafür vorschiebt“.
Vor Jahren hatte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigt, den Bedarf an Imamen in der Truppe zu prüfen und zu klären, wie deren Einsatz organisiert werden könne. Schätzungsweise 1.500 Bundeswehrsoldaten sind Muslime. Mazyek: „Die Bundeswehr ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, und solch ein Schritt hätte eine starke integrationspolitische Signalwirkung.“
Auch in anderen europäischen Ländern wie Norwegen, den Niederlanden, Frankreich oder Großbritannien sind muslimische Militärseelsorger im Einsatz. In Deutschland existiert einstweilen lediglich eine Ansprechstelle für Soldaten anderer Glaubensrichtungen beim Zentrum Innere Führung. Das Verteidigungsministerium verweist auf noch zu diskutierende, rechtliche Grundlagen.
Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck sagte kürzlich in einem Interview, dass er die direkt Verantwortlichen, also Politik, Bundeswehr und Vertreter der Muslime am Zug sehe. Zugleich verwies er auf noch zu lösende praktische Fragen; so seien die vergleichsweise wenigen Muslime bei der Bundeswehr auf viele verschiedene Standorte verteilt. Da gelte es auszuloten, wie überhaupt „muslimische Seelsorge“ gehe. (KNA, iQ)