Die Zahl der muslimischen Seelsorger in hessischen Gefängnissen steigt. Im Gegensatz zu ihren christlichen Kollegen arbeiten sie auf Honorarbasis. Das will der Landesausländerbeirat ändern.
Muslimische Seelsorger in Gefängnissen sollen nach einer Forderung des Landesausländerbeirates in Hessen mit ihren christlichen Kollegen arbeitsrechtlich gleichgestellt werden. Der Vorsitzende Enis Gülegen pochte bei einer Tagung am Samstag auf eine finanzielle Absicherung der Imame, die Häftlinge betreuten. „Die muslimischen Seelsorger müssen genauso anerkannt werden wie die christlichen“, sagte Gülegen in Rödermark nahe Frankfurt bei einer gemeinsam Sitzung des Landesausländerbeirates mit Vertretern aus Politik und verschiedenen Religionsgemeinschaften.
Der Bedarf an muslimischen Seelsorgern ist in den vergangenen Jahren in Hessen gestiegen. Betreuten 2014 noch sechs Imame hessische Gefangene, sind es aktuell 14. Eine weitere Stelle soll in den kommenden Monaten besetzt werden. Rund 1200 Inhaftierte in hessischen Gefängnissen sind Muslime. In Jugendvollzugsanstalten liegt der Anteil muslimischer Gefangener bei fast 50 Prozent.
Da es aber keine muslimische Anstalt öffentlichen Rechts gebe, gestalte sich die finanzielle Absicherung der Imame schwierig, sagte der stellvertretende Leiter des Justizvollzugs des Landes Hessen, Daniel Kämmerer.
Um als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt zu werden, müssen Religionsgemeinschaften ein aktuelles Mitgliederverzeichnis sowie eine gefestigte Organisationsstruktur vorweisen. Das bedeutet auch, dass es legitimierte Autoritäten innerhalb der Religionsgemeinschaft geben muss, wie zum Beispiel Bischöfe im Christentum. Dieser Körperschaftsstatus ist ausschlaggebend für das unterschiedliche Arbeitsverhältnis.
Das Land Hessen hat als Arbeitgeber somit in den beiden christlichen Kirchen weisungsgebundene Ansprechpartner, die bei der Vielzahl an muslimischen Gemeinden fehlen.
„Es hängt stark vom Bedarf der jeweiligen Justizvollzugsanstalten ab. Die Zahlen steigen, aber in naher Zukunft wird es da keine Änderung geben“, sagte Kämmerer weiter mit Blick auf das Beschäftigungsverhältnis.
Bislang werden muslimische Seelsorger auf Honorarbasis frei beschäftigt, während ihre christlichen Kollegen fest angestellt sind. „Für uns gibt es keine nachhaltige Sicherheit“, beklagte Imam Mustafa Cimşit. „Wir tragen eine hohe psychische Belastung und werden in der Schwebe gelassen.“ Cimşit ist Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt I und IV in Frankfurt. „Integration und Seelsorge gehen Hand in Hand. Lassen wir eines außer Acht, scheitern wir“, betonte er. „Gefängnisse sind keine Brutstätten für Radikalisierung, aber sie können es werden.“
„Uns ist es wichtig, dass die Imame möglichst nah an der Lebenswirklichkeit der Muslime sind und dass sie resozialisieren, ohne zu missionieren“, sagte El Hadi Khelladi. Der Sozial- und Islamwissenschaftler engagiert sich im Netzwerk zur Deradikalisierung im Strafvollzug (NeDiS). NeDiS ist ein Programm des Landes Hessen und kümmert sich um die Auswahl und die Schulung der Imame. (dpa/iQ)