Islambild

Rekonstruktion islamischer Feindbilder in deutschen Printmedien

Negative Schlagzeilen über den Islam dominieren die Nachrichten. Das generierte Islambild ist einseitig und Muslime empfinden ihn als diskriminierend. Maide Kurtoğlu-Keskin hat in einer empirischen Arbeit das Islambild in deutschen Printmedien untersucht und legt die Ergebnisse für IslamiQ dar.

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03
2018
Migration
Symbolbild: Printmedien, Migrationshintergrund, Journalisten © shutterstock

Mittlerweile vergeht kein Tag ohne Hassdelikte gegenüber Muslimen in Deutschland. Die Moscheebrände, Beleidigungen auf den Straßen und sogar Körperverletzungen gehören zur traurigen Realität. Daneben stehen viele dem Islam gegenüber skeptisch und meinen, dass Islam/Muslime nicht zur Deutschland gehören. Die Pegida-Bewegung und Popularität der AfD können hierfür als Paradebeispiele gezeigt werden.

Fehlende Kommunikation prägt Islambild

Informationen über ein bestimmtes Thema oder Ereignis werden entweder in Form der Anwesenheitskommunikation, d. h. durch direkte Kommunikation oder Ereignis, oder über die Medien gewonnen. Die Relevanz der Medien bei fehlender Anwesenheit des Kommunikationspartner wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass in Teilen Deutschlands (Mecklenburg Vorpommern, Sachsen, Brandenburg) lediglich ca. 1 % der Bevölkerung Muslime sind, gerade aber dort die Islamfeindlichkeit oder Intoleranz gegenüber Muslimen stark ausgeprägt ist. In diesem Fall findet seltener eine Anwesenheitskommunikation statt, da die Informationsaufnahme seltener mit Muslimen, sondern eher mit den Medien stattfindet. Folglich stellt sich hier die Frage, wie die Medien ein Islambild generieren und auf die Konsumenten dieses Bild projizieren.

Es darf nicht vergessen werden, dass alle Medienorgane das Ziel haben, wirtschaftliche Erträge zu erzielen. Deshalb müssen sie sich einiger Marketing-Strategien bedienen. Dazu gibt es zwar zahlreiche Theorien, doch erwähnt sei hier nur zwei: die Stereotypisierung und die Agenda-Setting-Theorie.

Stereotypisierungen

Medien betreiben Stereotypisierungen, d. h. sie ordnen Menschen in soziale Kategorien ein, die für sie ähnliche oder gleiche Merkmale aufweisen. So werden alle Individuen, die sich zum Islam bekennen nur als die Gruppe der Muslime aufgefasst. Dabei werden alle anderen Merkmale wie die persönliche Einstellung dieser Menschen zu bestimmten Themen, die ethnische oder soziale Herkunft oder die Religiosität ausgeblendet. Zudem neigen Medien oft dazu, die „andere“ Gruppe in ihren Extremen wahrzunehmen. Muslime und der Islam werden in einer verfremdeten und extremen Position dargestellt werden. Hingegen wird die eigene Gruppe in all ihrer Heterogenität wahrgenommen.

Agenda-Setting

Ferner wird in den Medien Agenda-Setting betrieben. Dies bezeichnet den Vorgang, dass bestimmte Medieninhalte zu bestimmten Zeiten in bestimmter Länge in den Medien präsent sind. Damit wird ein Markt der Themen generiert, worauf sich Menschen, insbesondere Politiker, beziehen können. Themen platzieren sich nur dann in den Köpfen der Rezipienten, wenn sie von den Medien vorgegeben werden. Hier sei nur die Silvester-Nacht von Köln erwähnt. Während die Kriminalität von Muslimen bzw. Flüchtlingen tagtäglich thematisiert wird, wird der islamfeindlichen Kriminalität wenig bis keine Beachtung geschenkt. Agenda-Setting bedeutet, dass von einer riesigen sozialen Wirklichkeit nur eine kleine mediale Wirklichkeit wiedergegeben wird. 

Politischer Kontext 

Eine Analyse von Beiträgen über Islam und Muslime zeigt, dass ein einseitiges Bild über den Islam in den Printmedien vorherrscht. Es wird nur im politischen Kontext über den Islam berichtet. Hauptsächlich wird über Terroranschläge und Pegida-Demonstrationen geschrieben. Es findet eine klare Abgrenzung zum Islam und Muslimen statt. Ausdrücke wie „Islam gehört nicht zu Deutschland“, „Wertfundament des Islams ist stärker“ oder „Abgrenzung zum Islam ist für Eigenpositionierung notwendig“ platzierten sich in den Aufmachern vieler Medien. Zu beachten ist, dass sehr oft von Extremisten gesprochen wird, wohingegen die soziale Realität völlig anders aussieht. 

Muslim-Typologien

Zu den medialen Muslim-Typologien gehörten neben Terroristen, Salafisten und Extremisten auch die „neuen Muslime“. Diese Muslime begrüßen eine „Erneuerung“ des Islams, um Koran und Grundgesetz versöhnen zu können. Diese Typologie wird auch von der Politik gutgeheißen. 

Viele Politiker, darunter auch AfD-Politiker, sind jedoch der Meinung, dass Islam nicht von „Islamismus“ getrennt werden kann. Ihrer Logik zufolge sind alle Muslime potenzielle „Islamisten“. Zudem seien islamische Gemeinschaften zu konservativ und „islamistisch“ geprägt. Sie seien Demokratisierungsbremser und nicht fortschrittlich. Deshalb sollten sie strengerer Kontrolle unterliegen, wohingegen die „neuen Muslime“ mehr Unterstützung finden. Ein europakonforme Islam müsse das Ziel der Muslime in Deutschlands sein.

Summa summarum, only bad news are the good news. Aus diesem Grund ist es um so wichtiger, die soziale Wirklichkeit mediale Präsenz zu verschaffen.

 

Leserkommentare

grege sagt:
Mit Medienbashing tun sich die Repräsentanten der hiesigen Muslime auch keinen Gefallen. Vielleicht sollten die Islamverbände mal über ihre eigene Veranwortung für die schlechte Reputation des Islams nachdenken.
22.03.18
19:54
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 21.03.18, 14:27) Jeder blamiert sich, so gut er kann. Mehr ist zu ihrem letzten Post nicht zu sagen.
23.03.18
10:42
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 21.03.18, 14:27) Bevor man einen Vergleich anstellt sollte man sich schon überlegen, ob er auch Sinn macht.
23.03.18
12:43
Johannes Disch sagt:
@Sowas (Ihr Post 22.03.18, 16:45) Ihre Kritik geht an meiner Argumentation vorbei. Dass Grundrechte Abwehrrechte des Individuums gegen den Staat sind, etc. ist mir bekannt. Meine Kritik richtet sich jedoch an Leute, die eine bestimmte Art von "Islamkritik" als Ausdruck von "Meinungsfreiheit" verkaufen, die durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG nicht mehr gedeckt ist.
24.03.18
19:19
grege sagt:
Die Islamkritik, die hier bei islamiq.de von Ute Fabel oder meiner Wenigkeit geäußert wird, ist in voller ganze durch das Recht auf Meinungsäußerung gedeckt. Jeder hat das Recht, eine Religion einer pauschalen und abwertenden Kritik zu unterziehen. Gott sei Dank sind die Kirchenstaaten hierzulande Geschichte
24.03.18
21:01
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Mich würde interessieren, ob man Ihrer Meinung nach auch etwas gegen die weit verbreitete Phobie gegenüber der Scientology-Kirche in Deutschland unternehmen sollte. In den USA genießt diese Religionsgemeinschaft sogar Steuervorteile. Vielleicht hätte Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung auch ansprechen sollen, dass Scientology selbstverständlich zu Deutschland gehört. Deutschland- das sind wir doch alle, oder? Nützlich wäre vielleicht eine von der Bundesregierung finanzierte gemeinsame PR-Tour von Aiman Mazyek und Tom Cruise, um das angeschlagene Image ihrer beiden Religionsgemeinschaften etwas aufzupolieren. Vielleicht würden damit Stereotypisierungen abgebaut.
25.03.18
14:51
Johannes Disch sagt:
@grege (Ihr Post vom 24.03.18, 21:01) Was Ute Fabel hier betreibt, das hat mit rationaler Islamkritik in etwa so viel zu tun, wie Karaoke mit Kafka.
26.03.18
13:50
grege sagt:
@ Disch auch irrationale Islamkritik ist erlaubt, wenn nicht, dann können Sie sich an unsere höchsten Gerichte wenden. Sie brauchen nur Ihren eigenen Empfehlungen aus den Kopftuchdebatten zu folgen.
26.03.18
15:23
all-are-equal sagt:
@ Hr. Disch: Ich nehme an, "rationale Islamkritik" bedeutet für Sie einen unerschütterlichen Glauben an den Islam als Religion des Friedens zu haben und nur islamistische Gewalttaten als völligen Missbrauch der ach so toleranten, poetischen und meditativen Quelltexte im Koran zu betrachten. Öffnen Sie doch endlich Ihre Augen, lassen Sie sich nicht von der religiösen Propaganda einlullen und lesen Sie den Koran selbst! Von einem Bekenntnis zur Meinungsvielfalt und Akzeptanz von Andersdenkenden als gleichwertige Individuen werden sie darin rein gar nichts finden.
27.03.18
7:59
Johannes Disch sagt:
@all-.... Rationale Islamkritik bedeutet-- kurz formuliert-- dass man nicht alles über einen Kamm schert und keine Pauschalurteile trifft. Dass man trennt zwischen der kleinen Zahl von islamistischen Terroristen/Fundamentalisten und der großen Zahl friedlicher Muslime. Dass man es sich nicht so einfach macht, sämtliche Probleme der islamischen Welt auf die Religion zu schieben. Das alles habe ich hier unter vielen Artikeln schon sehr häufig detailliert, weshalb ich mir hier Details erspare. Ist auch ne Zeitfrage. Man kann nicht ständig alles in epischer Breite wiederholen. Sonst landet man schnell in einem Hamsterrad. Und genau diese Gefahr besteht hier bei "islamiq." Da werden nämlich ständig Einwände wiederholt, die schon mehr als einmal widerlegt wurden. Was den Koran betrifft: Ich habe ihn gelesen. Auch dabei ist zu beachten, dass mit dem Koran hinsichtlich "Islamkritik" sehr viel Schindluder getrieben wird. Viele suchen sich einfach irgendwelche Suren heraus, um etwas zu beweisen. Das ist "Islamkritik für Dummies." Man kann den Koran nicht einfach so lesen wie ein Kochbuch. Man muss etwas wissen über Geschichte, Aufbau und Struktur des Korans. Kurz: Man muss sich um den Kontext gewisser Suren kümmern.
27.03.18
15:17
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