Regierungserklärung

Merkel will Strukturen für Imamausbildung entwickeln

In der ersten Regierungserklärung ihrer vierten Amtszeit hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag erklärt, was sie mit der großen Koalition vorhat. Beim Thema Islam setzt sie auf eigene Strukturen.

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03
2018
Angela Merkel © shutterstock
Angela Merkel © shutterstock

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt in der Islam-Debatte auf eigene Strukturen auch mit Blick auf die theologische Ausbildung. „Dass wir uns Jahrzehnte auf türkische Imame für Gastarbeiter verlassen haben, reicht für das 21. Jahrhundert nicht aus“, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin in ihrer ersten Regierungserklärung der vierten Amtsperiode. Hier müssten Bund und Länder – auch mit Hilfe der Islamkonferenz – zukunftsfähige Strukturen entwickeln.

Zugleich bekräftigte Merkel erneut eine Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland. „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes christlich und jüdisch ist“, aber mit rund 4,5 Millionen Muslimen in Deutschland sei der Islam „inzwischen ein Teil von Deutschland geworden“.

Die Kanzlerin räumte ein, dass das Zusammenleben der Religionen die Bundesrepublik vor große Herausforderungen stelle. Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus hätten dabei in „unserem Rechtsstaat keinen Platz“. Fragen des Zusammenlebens und Zusammenhalts gingen aber über den Rechtsstaat hinaus. Es gehe auch darum, was Deutschland präge und was zur deutschen Kultur heute und künftig dazugehöre.

Merkel selbstkritisch bei Flüchtlingen

Desweiteren hat die Kanzelerin kritisch auf Entscheidungen in der Flüchtlingsfrage geblickt. Angesichts der seit Jahren schwelenden Krisen „direkt vor der Haustür der Europäischen Union“ hätten die meisten „zu lange, zu halbherzig reagiert, oder einfach gehofft, dass uns diese Probleme nicht direkt betreffen werden.“ Dies sei eine falsche und naive Hoffnung gewesen.

Die geflohenen Menschen vor allem aus Syrien, Irak und Afghanistan hätten Deutschland auf „beispiellose Weise gefordert“, sagte Merkel. Die Debatte darüber habe Deutschland gespalten und polarisiert. Dabei habe die Mehrheit der Schutzsuchenden nichts dafür gekonnt, dass die internationale Gemeinschaft sie fast vergessen habe.

Die Aufnahme von rund 900.000 Flüchtlingen sei eine humanitäre Ausnahmesituation gewesen, die Deutschland im Großen und Ganzen gut gemeistert habe. Diese Situation dürfe sich aber nicht wiederholen, betonte Merkel. Deutschland werde weiter Menschen in humanitärer Not aufnehmen. Wer aber kein Bleiberecht habe, müsse schnellstmöglich in seine Heimat zurückkehren. (KNA, iQ)

Leserkommentare

all-are-equal sagt:
Religion und Staat sollten entflochten anstatt weiter vermischt werden. Eine staatlich organisierte Ausbildung der Imame wäre der völlig falsche Weg. Stattdessen sollte die Ausbildung der christlichen "Theologen" auf staatlichen Universitäten beendet werden. Darum sollten sich die Religionsgemeinschaften selbst kündigen. Religion gehört in Kirchen, Tempel und Moscheen, nicht aber in staatliche Einrichtungen. Ein positives Vorhaben wird aus Schweden gemeldet: Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei von Ministerpräsident Stefan Löfven hat soeben angekündigt im Falle ihrer Wiederwahl christliche, muslimische und jüdische Schulen in rein säkulare Einrichtungen umzuwandeln."In unseren Schulen sollten Lehrer und Direktoren die Entscheidungen treffen, nicht Priester und Imame", so Ministerin für gymnasiale Bildung und Weiterbildung, Anna Ekström
22.03.18
14:37
Johannes Disch sagt:
Eine längst überfällige Entscheidung. Das hätte schon vor Jahren passieren müssen. Aber besser spät als nie.
23.03.18
10:34
Bernd M sagt:
Die Teilnehmer der Islamkonferenz sind genau die falschen Asprechpartner für die künftige Ausrichtung der Imamausbildung in Deutschland.
23.03.18
14:48
Manuel sagt:
Wäre eine Möglichkeit um den türkischen Islamismus endlich in Deutschland einzuschränken.
24.03.18
12:45
Frederic Voss sagt:
Deutschland braucht eine klare Trennung zwischen Politik und Religion & Spiritualität. Sollen etwa Bibelstellen aus dem Alten Testament oder Koran-Texte das Regierungsprogramm darstellen? Frau Merkel täte besser daran, sich primär um die ungleiche Vermögensverteilung im Lande zu kümmern. Sonst werden nur noch die superreichen Geldeliten und Konzern-Milliardäre das Sagen haben, die den 99%-Rest der Bevölkerung bevormunden und manipulativ steuern. Weder eine Klerus-Hierarchie der Kirchen, noch eine islamische Imam-Hierarchie braucht Europa, sondern autonome Denkstrukturen und Freidenker für ein neues Europa ohne Kapital-Diktatur.
26.03.18
3:05