Islam in den Medien

„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch“

Themen rund um den Islam haben Hochkonjunktur. Mit Islam lässt sich Politik und Geld machen. Wie der einfache Muslim Medien nutzen kann, um gegen Islamhass vorzugehen, erklärt Journalist Daniel Bax im IslamiQ-Interview.

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03
2018
Ali Mete (l.) und Daniel Bax über Islam in den Medien bei der ersten #IslamiQdiskutiert Veranstaltung. © iQ
Ali Mete (l.) und Daniel Bax über Islam in den Medien bei der ersten #IslamiQdiskutiert Veranstaltung. © iQ

IslamiQ: Mit dem Thema Islam lässt sich Politik und Geld machen. Das haben sog. Islamkritiker, aber auch politische Parteien verstanden. Ist das nur ein vergänglicher Trend oder steckt mehr dahinter? 

Bax: Diesen Trend gibt es schon eine ganze Weile. Wer ein islamkritisches oder islamfeindliches Buch schreibt, kann mit guten Verkaufszahlen rechnen. Dass sich das Buch von Thilo Sarrazin über 1,5 Millionen mal verkauft hat, das ist allerdings schon ein Armutszeugnis für ein Land, das sich als ein Land der Dichter und Denker versteht. Das widerspricht ja dem Selbstbild vieler Menschen in Deutschland, die glauben, dass wir in einer rundum aufgeklärten Gesellschaft leben.

„Dass sich das Buch von Thilo Sarrazin über 1,5 Millionen mal verkauft hat, das ist allerdings schon ein Armutszeugnis für ein Land, das sich als ein Land der Dichter und Denker versteht.“

Sarrazin ist mit einer vermeintlich autoritativen Haltung aufgetreten, als Politiker und Fachmann, der sich angeblich mit Zahlen auskennt. Das hat viele Menschen beeindruckt, die ihre Vorurteile von einer vermeintlichen Autorität bestätigt sehen wollten. Aber das hilft uns nicht weiter, und das wissen und merken auch viele Menschen. Sarrazin hat großen Erfolg gehabt. Aber er ist nicht repräsentativ für die deutsche Politik oder die deutsche Gesellschaft. Es steht nur für einen Teil der Gesellschaft, die sehr verunsichert ist und der mit Aggressionen reagiert. Ich vertraue aber immer noch darauf, dass, dass sich am Ende die Aufklärung und das vernünftige Argument durchsetzen werden.

IslamiQ: In Ihrem Buch „Angst ums Abendland“ behaupten Sie, dass man sich nicht vor den Muslimen fürchten muss, sondern vor den Islamfeinden. Wie würden Sie diese Position einem „Wutbürger“ erklären? 

Bax: Das ist sicher nicht so einfach. Aber ich würde versuchen, ihm eine andere Perspektive näher zu bringen. So, wie über Muslime gesprochen wird, wird zum Beispiel auch über manche Teile Ostdeutschlands gesprochen. Auch da sollte man sich vor Verallgemeinerungen hüten. In der Tat ist nicht jeder besorgte Bürger gleich ein überzeugter Rechtsradikaler. Und Pegida ist auch nicht Dresden. Pegida ist nur eine sehr kleine Gruppe, die es geschickt geschafft hat, sich medial größer zu machen, als sie in Wirklichkeit ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass bundesweit sehr viel mehr Leute gegen Pegida auf die Straße gegangen sind als für Pegida.

„Das Problem ist die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“, also die Menschen, die sich selbst nicht als rechts einstufen, aber trotzdem Vorbehalte gegen Muslime oder Flüchtlinge haben.“

Auch die AfD ist nicht repräsentativ für Deutschland. Auch wenn sie behauptet, sie wäre „das Volk“, ist sie nur eine kleine Partei. Aber auch sie macht sich größer, als sie tatsächlich ist, und versteht es sehr gut, sich medial in Szene zu setzen. Genauso wenig sind die Extremisten, die sich auf den Islam berufen und vielen Menschen große Angst machen, repräsentativ für „die Muslime“. Das muss man klar machen.

Das Problem ist die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“, also die Menschen, die sich selbst nicht als rechts einstufen, aber trotzdem Vorbehalte gegen Muslime oder Flüchtlinge haben und deswegen schnell in Panik verfallen angesichts der ständigen Angstpropaganda von rechts. Diesen Leuten müssen wir ihre Ängste nehmen

IslamiQ: Die Szene der Islamfeinde und Rassisten ist sehr gut vernetzt, vor allem auch im Internet und auf den sozialen Medien. Was kann hier der einfache Mediennutzer tun?

Bax: Rechte Blogs habe es tatsächlich geschafft, in den letzten Jahren die öffentlichen Debatten zu beeinflussen. Ihr Erfolg basiert darauf, dass sie einfach lauter sind und mehr Emotionen schüren als andere. Dagegen kommt man nur bedingt an. Was man aber dagegen setzen muss sind Sachlichkeit und Nüchternheit. Und wir müssen mehr Gegenangebote schaffen, gerade im Netz, damit die rechten Scharfmacher dort nicht unwidersprochen bleiben. 

IslamiQ: Es gibt sicherlich auch hausgemachte Ursachen für das schlechte Image der Muslime in den Medien. Was haben Muslime selbst zu verschulden an der Feindschaft gegenüber ihrer Religion? 

„Grundsätzlich würde ich aber empfehlen, nicht nur auf solche Anlässe von außen zu reagieren sondern zu versuchen, eigene Themen zu setzen.“

Bax: Man sollte die Möglichkeit wahrnehmen, die man hat, um selbst ein anderes Bild von sich zu zeichnen. Sie haben das bei IslamiQ ja mit der Hashtagaktion #meinmoscheereport gemacht. Damit haben Sie auf das Buch eines Journalisten reagiert, der ein paar Moscheen besucht hat und daraufhin ein ziemlich schräges Bild der hiesigen Moscheelandschaft gezeichnet hat.

Grundsätzlich würde ich aber empfehlen, nicht nur auf solche Anlässe von außen zu reagieren sondern zu versuchen, eigene Themen zu setzen. Konflikte sollten dabei auch nicht unter den Teppich gekehrt werden. Es schadet nicht, wenn es Diskussionen gibt, und man dabei die Vielfalt der muslimischen Stimmen auch vernimmt. Denn es gibt ja nicht „die“ Muslime in Deutschland, sondern sehr verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen. Manchmal fehlt es an der Bereitschaft zur Debatte und zur respektvollen Auseinandersetzung.

Auf Kritik sollte man souverän und seriös reagieren. Das ist letztlich die einzige überzeugend Art und Weise, auf die zuweilen schrille Berichterstattung in manchen Medien zu reagieren.

Und schließlich braucht es auch mehr Kooperation – unter Muslimen, aber auch mit anderen gesellschaftlichen Gruppen. Denn alleine ist es immer schwierig, sich zu behaupten. Aber so, wie es Islamfeindlichkeit in allen sozialen Milieus gibt – ob links, rechts, konservativ, progressiv –, gibt es auch überall potentielle Verbündete. Darum ist es sinnvoll, die Zusammenarbeit mit ganz verschiedenen Akteuren zu suchen. 

IslamiQ: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Medienlandschaft in Deutschland ein? Werden Magazine mit muslimischem Profil, wie z. B. IslamiQ, mehr werden und an Bedeutung gewinnen? 

„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch. Das wird früher oder später passieren.“

Bax: Ich hoffe, dass Menschen muslimischer Herkunft in den etablierten Medien in Zukunft stärker als bisher zu Wort kommen werden, ob in der Berichtserstattung oder als Journalisten und Akteure. Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch trägt. Das wird früher oder später passieren. Schon jetzt machen manche Firmen mit Kopftuch tragenden Frauen Werbung, weil sie bewusst Muslime als Zielgruppe ansprechen wollen.

Unabhängig davon bietet das Netz heute viele Möglichkeiten, als Medienschaffender selbst aktiv zu werden und sein eigenes Medium zu gründen. Das erlaubt es, selbst die Stimme zu erheben, eigene Angebote zu schaffen und eigene Geschichten zu erzählen. Ein Medium wie IslamiQ und viele andere tun das ja schon. Ich denke, dass die Nachfrage nach solchen Angeboten weiter zunehmen wird.

Das Interview basiert auf dem Gespräch zwischen dem Journalisten Daniel Bax und IslamiQ-Chefredakteur Ali Mete bei #IslamiQdiskutiert

 

 

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch“ Wie wär‘s mit einem Moderator mit Salafistenbart? Sven Lau und Pierre Vogel würden sicher gerne zur Verfügung stehen. Saudi-Arabien würde sich auch freuen, wenn gegen die Ausgrenzung von Salafisten in Deutschland endlich ein sichtbarer Schritt gesetzt wird. Fehlender tiefer Respekt vor dem Islam ist für Herrn Bax immer nur ein gräßliches Produkt des grassierenden Rechtspopulismus. Gute inhaltliche Gründe, den Islam nicht zu mögen, scheint außerhalb seines Denkschemas zu liegen. Diese mangelnde Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Islam ist Wasser auf die Mühlen der AfD.
24.03.18
15:09
grege sagt:
"Islamfeindlichkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen" (These Redakteur von Islamiq.de) Diesen Satz könnte man mit gutem Grund einszuseins auf die muslimische Comunity im Zusammenhang mit dem islamischen Extremismus ummünzen. In diesem Falle würden nicht wenige Islamvertreter sofort die alte Laier von Generalverdacht sowie Stigmatisierung unschuldiger anstimmen!!!
24.03.18
20:42
Frederic Voss sagt:
Das hätte ISLAMIQ.DE wohl gerne: Moderatorinnen mit Kopftuch. Deshalb wird der entsprechende Satz gleich vorrangig in die Headline gehievt. Schließlich soll der Islam ja dominierend, sich selbst präsentierend & inszenierend und missionierend medial gepuscht werden. Oder etwa nicht? All die toleranten und verständnisvollen Gutmenschen verkennen voller Empathie die politische Brisanz des Kopftuchstreits. Der bekannte Islam-Experte Ahmad Mansour befürwortet nur ein Islamverständnis, das ohne wenn und aber hinter Demokratie und Menschenrechten steht und keine exklusiven Rechte beansprucht - ohne Geschlechterapartheit, ohne Sprech- und Denkverbote und ohne Antisemitismus - und das den Islam im Privaten lebt.
25.03.18
0:35
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 24.03.18, 15:09) Muslime mit Bart sind bei uns nicht verboten.
25.03.18
0:36
Johannes Disch sagt:
@Zum "Salafistenbart": Der Begriff ist Unfug. Nur, weil manche Salafisten,--wie beispielsweise die Herren Lau und Vogel--eine bestimmte Barttracht tragen, bedeutet das nicht, dass jeder Muslim, der so einen Bart trägt, mit dem Salafismus sympathisiert oder gar ein Salafist ist.
25.03.18
15:27
Manuel sagt:
„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch“, was woll denn das? Was denn noch alles, langsam reicht es wirklich, vielleicht will man dann auch noch bestimmen, was in den Medien gesendet wird, alles was denn nackten Körper oder Sexualität zeigt, wird dann auch gleich verbannt oder?
25.03.18
18:34
Samira H. sagt:
Frau Fabel, offensichtlich braucht es tatsächlich mehr Berührungspunkte mit Kopftuch-tragenden Frauen oder auch Moderatorinnen, bis Menschen wie Sie merken, dass das Kopftuch nicht etwa mit Salafismus gleichzusetzen ist. Ich erspare mir an dieser Stelle eine Erläuterung, warum Ihr unsachlicher Kommentar ein Paradebeispiel dafür ist, was wir dieser Tage immer öfter erleben: Menschen, die mit Ängsten und gefährlichem Halbwissen scheinbar selbst nicht mehr merken, wie undifferenziert, polemisch und diffamierend sie "argumentieren". Im Grunde völlig an der Sache vorbei und in diesem Fall auch noch ohne näher auf die Argumente des Interviewten einzugehen. Mit einer differenzierteren Auseinandersetzung mit Muslimen und dem Islam wären Sie (wie viele andere) gut beraten - nicht nur um Ihre irrationalen Ängste zu überwinden, die in Ihnen mutmaßlich beim bloßen Gedanken an ein Kopftuch aufsteigen.
25.03.18
21:23
Ute Fabel sagt:
@ Samira H.: Ich bin mit mehreren Muslimen befreundet. Ich nehme mir nichtsdestotrotz die Freiheit, Muslimen unverblümt zu sagen, dass ich den Islam für einen bescheuerten, unwahren Aberglauben mit Gefahrenpotential halte. Warum immer lange um den heißen Brei herumreden? Ich denke Ehrlichkeit macht doch gerade eine gute Freundschaft aus. Ich habe ich eine Bekannte, die sich regelmäßig um teures Geld von einer Astrologin persönliche Horoskope erstellen lässt. Ich nehme mir kein Blatt vor den Mund und sagen ihr ganz offen, dass ich das für reine Scharlatanerie halte. Befreundet sind wir trotzdem. Am kommenden Mittwoch bin ich einem praktizierenden Sunniten eingeladen. Er hat im Vorjahr im Ramadan gefastet, er wird heuer im Ramadan wieder fasten. Ich habe ihm im Vorjahr gesagt, dass ich das Ramadan-Fasten für eine sozial unproduktive Massenhysterie halte. Ich werde das diese Jahr wieder klar kundtun. Ich denke nicht, dass das unsere Freundschaft belasten wird. Er hat sich daran gewöhnt, dass in unserer Gesellschaft den Islam niemand als Heilige Kuh betrachten muss. Andere Muslime sollten sich schleunigst damit abfinden, anstatt sich ständig beleidigt in den Schmollwinkel zu stellen.
26.03.18
12:34
Johannes Disch sagt:
@Samira H. (Ihr Post vom 25.03.18, 21:23) Man kann ihre klugen und differenzierten Ausführungen nur unterschreiben. Aber ich fürchte, ihre Ratschläge fallen nicht auf fruchtbaren Boden. Es gibt hier nun mal Leute, die völlig beratungsresistent und faktenresistent sind und nichts lernen wollen über andere Religion und Kultur, sondern nur ihre Vorurteile pflegen.
26.03.18
13:19
Johannes Disch sagt:
Alleine dieses Wochenende gab es fünf Anschläge auf Moscheen. Damit erhöht sich die Zahl der Anschläge auf islamische Einrichtungen im noch jungen Jahr 2018 auf 42. Angesichts dieser bedenklichen Zustände einen Kulturkampf gegen den Islam loszutreten, wie "Heimat-Horst" (Seehofer) und sein CSU-Adjutant Dobrindt es tun, ist unverantwortlich. Wie undifferenziert, polemisch und diffamierend die "Diskussion" auch hier bei "islamiq" inzwschen ist, sieht man unter anderem an Beiträgen unter dem Artikel "Hassposts gegen Muslime auf Höchststand" (21.03.2018). Da wird doch tatsächlich eine "härtere Gangart" gegen den Islam eingefordert. Beinahe täglich brennen islamische Einrichtungen. Aber hier sorgen sich manche um angebliche "Salafistenbärte" und sehen in jeder Muslimin mit Kopftuch eine potentielle Islamistin und versuchen, mit den fadenscheinigsten Paragrafen-Pirouetten Musliminnen ihre Grundrechte zu beschneiden, wenn nicht gar ganz zu nehmen. Es ist genau diese Art von "Islamkritik", gegen die sich Daniel Bax zu recht entschieden wendet.
26.03.18
20:14
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