Islam in den Medien

„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch“

Themen rund um den Islam haben Hochkonjunktur. Mit Islam lässt sich Politik und Geld machen. Wie der einfache Muslim Medien nutzen kann, um gegen Islamhass vorzugehen, erklärt Journalist Daniel Bax im IslamiQ-Interview.

24
03
2018
Ali Mete (l.) und Daniel Bax über Islam in den Medien bei der ersten #IslamiQdiskutiert Veranstaltung. © iQ
Ali Mete (l.) und Daniel Bax über Islam in den Medien bei der ersten #IslamiQdiskutiert Veranstaltung. © iQ

IslamiQ: Rassismus, Populismus, Ausgrenzung, Rechtsradikalismus. Das sind aktuelle Themen, die oft von Migranten, Muslimen und Mitgliedern anderer Minderheiten angesprochen werden. Gibt es nichts wichtigeres, über das man sich Gedanken machen sollte?

Daniel Bax: Ich kann verstehen, dass man nicht gerne ständig über solche negativen Themen reden möchte. Trotzdem kommt man nicht drum herum. Denn natürlich ist antimuslimischer Rassismus ein Problem, über das gesprochen werden muss. Und wer sollte das tun, wenn nicht die Betroffenen selbst? Sie müssen das tun. Aber sie sollten sich nicht dadurch definieren lassen oder in eine Lähmung verfallen. Man muss versuchen, einen konstruktiven Umgang mit dieser Herausforderung zu finden.

Es ist ja auch gut, dass man heute über Islamfeindlichkeit sprechen kann. Lange Zeit wurde dieses Problem geleugnet. Es wurde behauptet, dass Muslime einfach zu empfindlich seien und nicht mit Kritik umgehen könnten. Das war eine sehr verbreitete Haltung. Seitdem wir amtliche Statistiken über gewalttätige Übergriffe auf Muslime und Moscheen haben, ist es schwer zu leugnen, dass es hier ein Problem gibt. Dem muss man sich stellen – ohne Hysterie und Panik, sondern sachlich.

IslamiQ: Islamfeindlichkeit ist keine neue Erscheinung. Es gibt sie, seit es den Islam und die Muslime gibt. Schon Johannes von Damaskus im 8. Jahrhundert hat gegen den Propheten des Islams polemisiert und auch Martin Luther fand deutliche Worte gegen „Türken“ bzw. Muslime. Es gibt also eine historisch gewachsene „Angst“. Würde es heute z. B. die Pegida auch ohne diesen Hintergrund geben?

„Rechtspopulisten greifen gerne auf solche Mythen zurück, um ihre These einer ewigen Feindschaft zwischen „dem Islam“ und „dem Westen“ zu belegen.“

Bax: Ich denke, die heutige Islamfeindlichkeit ist etwas Neues. Der Diskurs, den Rechtspopulisten in Frankreich, England oder Holland führen, ist etwas Modernes. Zugleich greifen sie auf wirkmächtige Bilder und Motive zurück, die sehr alt sind. Sie bedienen sich beispielsweise der Geschichte der sogenannten „Türkenkriege“ und der „Schlacht vor Wien“ um zu behaupten, dass es schon immer einen Konflikt zwischen Orient und Okzident gegeben habe und dieser jetzt fortgeführt werde – ganz im Sinne der These vom „Kampf der Kulturen“, die Samuel Huntington aufgestellt hat.

Das ist jedoch ein Mythos und stellt eine Geschichtsklitterung dar. Denn historisch gesehen war der Konflikt zwischen dem osmanischen Reich und dem Habsburger Reich kein Religionskrieg und auch kein Kulturkampf. Das osmanische Reich war mit dem katholischen Frankreich verbündet gegen das Habsburgerreich, welches auch katholisch war. Es ist falsch, die Kulturkampf-Folie rückwirkend auf solche historischen Ereignisse anzulegen. Aber Rechtspopulisten greifen gerne auf solche Mythen zurück, um ihre These einer ewigen Feindschaft zwischen „dem Islam“ und „dem Westen“ zu belegen. Und sie versuchen, diese historischen Zerrbilder auch medial zu verbreiten.

IslamiQ: Stichpunkt Medien. Inwieweit wird der Islamdiskurs von Medien beeinflusst?

Bax: Man muss verstehen, wie unsere Medien funktionieren. Vieles von dem, was wir an medial vermittelten Zerrbildern beklagen, erklärt sich aus der Art und Weise, wie Medien funktionieren und Realität vermitteln. Schon die ständige Fokussierung auf negative Ereignisse, auf Konflikte und Gewalt, führt zu Zerrbildern. Man muss auch unterscheiden zwischen begründeter Kritik und pauschaler Islamfeindlichkeit. Solange konkrete Kritik geübt wird, sei es an einem Land, einer Gruppe, einem Verband oder an einer Person, ist das grundsätzlich etwas anderes als die pauschale Abwertung einer Gruppe oder einer Religion, womit wir es bei der Islamfeindlichkeit zu tun haben.

Wenn man das Gefühl hat, dass die eigene Gruppe ständig nur negativ dargestellt wird, muss man Wege finden, für ein positives Gegenbild zu sorgen. Und wenn man weiß, dass Medien gerne auf das Außergewöhnliche, auf das Ungewöhnliche reagieren, kann man versuchen, sich das zu Nutze zu machen und in diese Richtung zu arbeiten und entsprechend Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

IslamiQ: Können die „Ängste“ dann mithilfe der Medien überwunden werden?

Bax: Ich glaube schon. Wir haben gesehen, dass unsere Gesellschaften durchaus in der Lage sind, bestimmte Vorurteile zu überwinden. Bis zum Zweiten Weltkrieg etwa galt Frankreich als Erzfeind Deutschlands, heute nicht mehr. Hier wurden Vorurteile und Ressentiments auf beiden Seiten beseitigt. Das ist ein Ergebnis des politischen Willens, die Gräben zu überbrücken, aber auch eine Frage der Bildungssystems.

Auch der Antisemitismus gehört ja, historisch gesehen, zur deutschen Kultur, genau wie die Vorurteile gegenüber Muslimen tief verwurzelt sind. Beide haben eine lange Tradition. Das heißt aber nicht, dass sie unüberwindbar sind. Man kann Vorurteile reflektieren und überwinden.

„Für viele Jugendliche heute sind Vielfalt und unterschiedliche kulturelle Hintergründe eine Normalität.“

Wenn Schüler zum Beispiel im Geschichtsunterricht in der Schule mehr über andere Regionen der Welt erfahren würden, etwa über die Geschichte der heutigen Türkei, dann könnten sie vielleicht auch eine andere Perspektive kennen lernen. Ich habe aber auch den Eindruck, dass sich in der jüngeren Generation schon einiges getan hat. Für viele Jugendliche heute sind Vielfalt und unterschiedliche kulturelle Hintergründe eine Normalität. Dadurch unterscheiden sie sich von der Generation ihrer Eltern und auch von so manchem Journalisten, der heute mit großer Distanz über das Thema „Migration in Deutschland“ schreibt.

IslamiQ: Islamfeindlichkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Man findet sie nicht nur in sozial schwächeren Schichten, sondern auch unter Schriftstellern, Akademikern, Politikern und Ökonomen. Was ist das gemeinsame Merkmal dieser ganz unterschiedlichen Menschen?

Bax: Das hat zum Teil mit Abstiegsängsten, aber auch viel mit der Angst vor Veränderungen zu tun. Den demographischen Wandel empfinden viele als bedrohlich, das nährt ihre Untergangsstimmung. Nehmen wir jemanden wie Thilo Sarrazin. Der ist auch schon etwas älter und wohnt in einem sehr bürgerlichen Bezirk von Berlin, in Charlottenburg-Westend. Muslimische Migranten kennt er persönlich nur aus den Erzählungen seiner Ehefrau, die Lehrerin war und einen offensichtlich sehr problematischen Blick auf ihre Schülerinnen und Schüler hatte. Das ist gut verbürgt. Herr Sarrazin hat also eine große soziale, biographische, emotionale und auch räumliche Distanz zu den Menschen, über die er sich so abfällig äußert. Das ist symptomatisch für viele aus seiner Generation und seiner Gesellschaftsschicht.

Bei Pegida ist es nicht anders. Diese Bewegung hat sich in Dresden formiert, wo es bekanntlich kaum Muslime gibt. Trotzdem sind irrationale Ängste vor einer angeblich drohenden „Islamisierung“ dort weit verbreitet. Dasselbe gilt für Osteuropa, für Länder wie Polen und Ungarn. Auch dort leben kaum Muslime. Trotzdem sind die antimuslimischen Angstbilder dort so stark verbreitet, dass man dort auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015, die eine humanitäre Krise war, sagte, man wolle keine Flüchtlinge aus muslimischen Ländern aufnehmen, weil diese nur Probleme und Parallelgesellschaft schaffen würden.

„Muslime und Flüchtlinge sind eine Projektionsfläche in dieser Diskussion. Die eigentliche Frage ist: Wer wollen wir als europäische Gesellschaft sein?“

Die Populisten in diesen Ländern behaupten, genau wie Pegida, sie würden das „christliche Abendland“ verteidigen. Dabei ist es eigentlich ziemlich unchristlich, Menschen in Not nicht zu helfen. Daran erkennt man, dass es bei Islamfeindlichkeit immer auch um die Frage geht, wie sich eine Gesellschaft selbst definieren will. Das ist eine innerchristliche und innereuropäische Diskussion. Die einen sind für Abschottung, während die anderen für Nächstenliebe und Toleranz plädieren. Muslime und Flüchtlinge sind eine Projektionsfläche in dieser Diskussion. Die eigentliche Frage ist: Wer wollen wir als europäische Gesellschaft sein?

Leserkommentare

grege sagt:
Gegenstand der Diskussion ist doch die Frage, inwieweit Islamkritik durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. ist. Die von Kelek oder Samad geäußerte Islamkritik kann trotz Nichtbefriedigung Ihrer Qualitätsansprüche sowie der Missbrauchgefahr durch extreme Gruppierungen weder zensiert noch gar verboten werden. Dass dieses Personen um ihr Leben fürchten müssen, halte ich für gravierender als vermeintliche Mängel ihrer Bücher!!! Die von Daniel Bax verschriftlichten Ausführungen können ebensowenig wegen ihrer Oberflächlichkeit, ihrer Inhaltsleere, ihrer Stigmatisierung bestimmter Gruppen sowie ihrer wenig fundierten Schlussfolgerungen aus dem Verkehr gezongen. Trotz dieser unendlichen Mängelliste sowie übrigens auch der Instrumentalisierungsgefahr duch islamistische Kreise trete ich energisch dafür ein, dass diese Bücher veröftentlicht werden dürfen. Daher ist mir in diesem Thread der Zusammenhang zwischen Kelek und Samad sowie den Einschränkungen der Islamkritik unklar!!!" Unsachlich werden hier verschiedene Themen miteinander vermengt!!!
02.04.18
0:41
Johannes Disch sagt:
@grege (Ihr Post vom 02.04.18, 0:41) Ich finde nicht, dass es nur darum geht, ob eine gewisse Art von Islamkritik von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Natürlich darf man im Namen der Meinungsfreiheit auch sachlich falsches behaupten. Und genau das tun Leute wie Abdel-Samad & Co, siehe sein Unfug über den "islamischen Faschismus." Die Frage, die Bax u.a. stellt, ist doch: Was bewirkt auf Dauer so eine Art von "Islamkritik?"
02.04.18
16:18
grege sagt:
Sehen Sie, genau aus dem Grunde betrachte ich die Kopftuchdebatten eben nicht nur aus dem juristischen Blickwinkel. Die Islamkritiken von Herrn Samad, Frau Kelek oder Frau Ates sind völlig legal, so dass wir damit die Diskussion abschließen könnten. Daher lehne ich Ihren schroffen Diskussionsstil, den Sie in den Kopftuchdebatten an den Tag legen, auch vehement ab. Egal ob Islamkritik oder Kopftuch, in allen Debatten sollte man verschiedene Blickwinkel an den Tag legen und sich nicht nur auf eine Richtung beschränken. Ebenso können Einwände gegen Ihre Positionen auch dann berechtigt sein, wenn die hohen Richter anders entschieden haben.
03.04.18
19:51
Kritika sagt:
„Ich warte auf die erste Moderatorin mit Kopftuch“ Und ich wünsche Ihnen ein langes Leben aber - - dass SIe keine Kopftuchfrau im TV mehr erleben. Gruss, Kritika
03.04.18
21:12
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Es steht Ihnen völlig frei, den Islam nicht zu mögen, ihn gar abzulehnen. Problematisch wird es erst, wenn Ablehnung sich in Hetze äußert.
04.04.18
14:47
Kritika sagt:
L.S. Islamiq fragt an Hr. Bax: IslamiQ: Es gibt sicherlich auch hausgemachte Ursachen für das schlechte Image der Muslime in den Medien. Was haben Muslime selbst zu verschulden an der Feindschaft gegenüber ihrer Religion? Hr. Bax beantwortet diese sehr interessante Frage nicht. Er sendet zwar einen Strom von Wörter, diese haben aber mit der Frage nichts zu tun. Die unerfaherne Interwiewerin merkt es nicht einmal, hackt nich nach. Kritika versucht an Bax' Statt einige Gründe zu finden: In Deutschland ist der Islam einer von mehreren "Mücken-grösse Sekten, solche im einstelligen %-Bereich: Mormonen Jehova Zeugen, Juden HeilsArmee Budisten Babtisten, HerrnHüter und, -- fast vegessen -- auch der Islam. Ein einziger dieser "MückenSekten" fällt ständig aus der Reihe. Die Sekte besitzt ein "Parteiprogramm", dass zur Vernichtung auffordert, aller , die nicht ihrer Sekte angehören. ----------- Kritika hat auch The book of Buddah gelesen, es liegt in Japan in vielen Hotels aus, mehr noch als hier the Gideon Bible. Die FrauenVerachtung ähnlicht in etwa den Koran. TötungsAufrufe gegenüber Andersdenkenden enthält das Buch nicht. ------------ Was bei der Mückengrösse Sekte Islam einzigartig ist: ►Ihr Parteiprogramm, Koran, ruft nicht nur unentwegt zum Mord an Andersdenkenden auf, ihre Anhänger nehmen es auch für ernst und führen die Auftragmorde tatsächlich durch. Keine andere Sekte oder Religionen mordet derart häufig als der Islam. ►Die MückenSekte pumpt sich zum Elefanten auf und fordert dann, "AUF AUGENHÖHE" mit gewählten Volksvertreter verhandeln zu dürfen. ►Als Corporate Identity , müssen Frauen Kopftuch tragen - - - ------- Ich muss unerwartet schliessen, wird fortgesetzt Gruss, Kritika
04.04.18
23:58
Johannes Disch sagt:
@grege Ihre Einschätzung des Buches von Bax entbehrt jeder Grundlage. "grege", wollen wir uns über das Buch von Bax unterhalten???
05.04.18
2:43
Laho sagt:
Ich weiß nicht warum man sich über Sachen die man nicht gewohnt ist so hochziehen kann, ok ein Nachrichten Sprecherin muss nicht unbedingt mit Kopftuch sein, aber in eine Klasse wo eine Gruppe Schüler die Sie ja persönlich kennt und Schüler die kennen sehe ich kein Problem. Denn sie trägt das Kopftuch nur für sich und ihre Schöpfer. Sie bedeckt ihre Haare ganz einfach und keiner kann ihr vorschreiben wie Sie sich anzieht, solange Sie nicht mit schmutzige und gerissen Sachen kommt ist doch Oko oder ????????
05.04.18
18:55
Johannes Disch sagt:
In die Neuauflage seines Buches über fragwürdige "Abendlandretter" könnte Bax den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz aufnehmen. Der will ein Gesetz einbringen, wonach das Kopftuch in Kindergärten und Schulen künftig verboten ist. Wahrscheinlich wird er damit scheitern, spätestens vor dem österreichischen Verfassungsgericht. Aber schon alleine die Tatsache, dass er überhaupt auf diese Idee kommt, zeigt, wie weit die Dinge in Österreich inzwischen schon gediehen sind. Kurz versucht offenbar, FPÖ-Strache rechts zu überholen. Das Muslim-Bashing ist in Österreich inzwischen ganz offensichtlich politischer Mainstream. Und es zeigt, wie recht Daniel Bax hat mit seiner Analyse.
05.04.18
22:45
Maik sagt:
@Laho Die von Ihnen geforderte Freiheit, sich zu kleiden, wie man will, würde ich mir für Frauen auch in islamischen Ländern wünschen. Im Iran z.B. muss jede Frau Kopftuch tragen, ob sie will oder nicht. Wo ist da die Freiheit der Frau, sich zu kleiden, wie sie will? Oder in Saudi Arabien? Und in anderen islamischen Ländern, wo es kein Gesetz gibt, dass Frauen zum Tragen eines Kopftuches verpflichtet, gibt es gesellschaftlichen Druck auf die Frauen, sich zu verhüllen. Moslems brauchen also nicht mit dem Argument zu kommen, dass Frauen tragen sollen, was sie wollen. Das dürfen sie in islamischen Ländern nämlich keineswegs.
06.04.18
8:28
1 3 4 5 6 7 8