Der Wirbel um das Burkaverbot in Österreich hat sich sechs Monate nach seiner Einführung gelegt. Es ist aber unklar, ob Burkaträgerinnen oder Nutzer von Atemschutzmasken öfter angezeigt wurden.
In Österreich sind seit Einführung des Burka- und Verschleierungsverbots rund 50 Menschen angezeigt worden. Diese Bilanz zog nach einem halben Jahr das Innenministerium in Wien. Die niedrige Zahl zeige, dass das Gesetz akzeptiert werde, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Entscheidend sei, dass schon in den Herkunftsländern über die neue Vorschrift aufgeklärt worden sei. „Die Leute fliegen nicht blauäugig nach Wien“, so der Sprecher weiter.
Das Gesetz richtet sich gegen Verschleierungen etwa mit Burka oder Nikab und soll vermeintlich die „Integration von Muslimen“ fördern. Aber auch die besonders bei asiatischen Touristen beliebten Atemschutzmasken fallen unter das Verbot. Die meisten Anzeigen gab es in Wien. In vielen Bundesländern spiele das Thema überhaupt keine Rolle, hieß es. Ob vor allem Burkaträgerinnen oder Nutzer von Atemschutzmasken angezeigt wurden, blieb unklar.
„Die aktuelle Bilanz zeigt, dass das Verbot der Vollverschleierung eine absolut wichtige und richtige Maßnahme gegen die Unterdrückung der Frauen ist“, meinte der Generalsekretär der konservativen ÖVP, Karl Nehammer.
Das besonders auf arabische Gäste eingestellte Zell am See geht mit dem Gesetz betont unaufgeregt um. „Es ist ein Gesetz wie jedes andere. Wir im Tourismus spezialisieren uns nicht da drauf“, erklärte Sprecherin Sandra Zorn. Auch für 2018 erwarte die Region im Bundesland Salzburg stabile Gästezahlen. Im vergangenen Tourismusjahr verbrachten rund 100 000 Urlauber aus dem arabischen Raum ihre Ferien hier. Dies entspricht einem Anteil von 16 Prozent der Gesamtankünfte.
Laut Gesetz sind bis zu 150 Euro Strafe fällig, wenn das Gesicht zwischen Stirn und Kinn nicht sichtbar ist. In den besonders eisigen Winterwochen wurde das Gesetz, wie vorgesehen, nicht vollzogen. Auch auf dem Wiener Flughafen hielten sich Vorfälle laut Behörden in engen Grenzen. „Es hat sich alles eingespielt“, sagte ein Polizeisprecher. Die kommende Sommersaison bereite keine Sorgen.
Gerade zu Beginn hatten einige Fälle für Aufsehen gesorgt. Eine PR-Agentur hatte einen als Hai maskierten Werbemann engagiert, der prompt eine Anzeige erhielt. „Man wollte ein bisschen testen, wie die Polizei reagiert“, so der Sprecher des Innenministeriums weiter. Angezeigt wurde auch die deutsche Psychologin Nora Maria Foerst, weil ihr Schal teilweise das Gesicht bedeckte und sie sich weigerte, ihn abzunehmen. Mit ihrem Anwalt Georg Zanger hat sie die Einstellung des Verfahrens gegen sie erwirkt. Auch heute ist der Anwalt höchst skeptisch. Das Gesetz sei kaum zu vollziehen. „Jedes verspiegelte Augenglas führt zu einer Diskussion. Deshalb schreitet niemand mehr ein, wenn es nicht offensichtlich eine Burka ist.“
In den betroffenen arabischen Regionen war laut Manfred Huber von der Österreich Werbung in den Medien sachlich und inhaltlich korrekt über die Gesetzeseinführung informiert worden. „Die meisten Anfragen zum Thema erhielten wir in den ersten Wochen nach dem Inkrafttreten von asiatischen Gästen, die wissen wollten, ob die im asiatischen Raum verbreiteten Gesundheitsmasken auch vom Gesetz betroffen wären.“
Aus Sicht der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ist es ruhig um das Gesetz geworden. „Ich bin überrascht, dass sich der öffentliche Diskurs so sehr beruhigt hat, auch innermuslimisch“, sagte deren Frauenbeauftragten Carla Amina Baghajati. Ihr zufolge ist eine verbreitete Sorge unter Muslimen, dass weitere Gesetzesinitiativen folgen könnten. Themen wie „Islam an Schulen“ und „Kopftuchverbot unter 14“ seien dadurch aufgekommen. (dpa, iQ)