In Deutschland werden immer mehr Muslime bestattet. Städte und Gemeinden reagieren darauf und legen Grabflächen mit Ausrichtung nach Mekka an. Auch in Berlin und Brandenburg.
In Berlin hat sich die Zahl muslimischer Bestattungen nach Angaben der Senatsverwaltung für Umwelt innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt. Wurden 2006 rund 170 Menschen auf muslimischen Grabfeldern beerdigt, waren es 2016 bereits über 330. Die Hauptstadt hat daher auf fünf Friedhöfen muslimische Bereiche angelegt – die Gräber zeigen gen Mekka. Auf allen seien sarglose Bestattungen möglich, sagt die stellvertretende Sprecherin der Umweltverwaltung, Dorothee Winden. Denn nach dem Berliner Bestattungsgesetz sind sarglose Beisetzungen wie mittlerweile auch in fast allen anderen Bundesländern zugelassen.
Da die Umweltverwaltung davon ausgeht, dass der Bedarf an Beisetzungen nach muslimischem Ritus in den kommenden Jahren durch die Aufnahme von Flüchtlingen und demografischem Wandel weiter steigen wird, werden derzeit weitere Friedhofsflächen geprüft. In Gebieten mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil solle ein „dezentrales und wohnungsnahes Angebot für islamische Bestattungen“ geschaffen werden, erklärt Winden. 1600 neue Gräber sind bereits auf dem Neuköllner Friedhof an der Lilienthalstraße geplant. 1300 sollen auf dem Spandauer Friedhof Gatow dazukommen.
In Brandenburg steigt die Nachfrage nach muslimischen Grabflächen ebenfalls – wenn auch deutlich langsamer als im benachbarten Berlin. Brandenburger Friedhofsverwaltungen reagieren darauf und legen spezielle Bereiche an. So entstanden in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) im vergangenen Jahr Gräber für Bestattungen im Leinentuch. In Fürstenwalde wurden seit 1996 bis heute sechs Muslime bestattet. Und auf dem Neuen Friedhof in Potsdam, wo für rituelle Waschungen nach dem Islam extra ein Raum eingerichtet wurde, sind seit 2009 13 Muslime beigesetzt worden.
Nach dem Brandenburger Bestattungsgesetz ist nur der Transport im Sarg vorgeschrieben. Da eine Beisetzung im Leichentuch in der Regel aber keine Gesundheitsgefahren befürchten lasse, schreibe das Gesetz auch keinen Sargzwang vor, erklärt der stellvertretende Sprecher des Innenministeriums, Lothar Wiegand.
In einem Entwurf zum Bestattungsgesetz will das Ministerium Muslimen mit einer weiteren Regelung entgegenkommen. In Paragraf 22 des Gesetzes soll ausdrücklich aufgenommen werden, dass eine Verkürzung der Wartezeit zwischen Todeseintritt und Beisetzung aus religiösen Gründen zulässig ist. Nach dem Islam soll der Verstorbene möglichst noch am Tag seines Todes beerdigt werden. In Deutschland ist eine Wartezeit von 48 Stunden vorgesehen, um den Scheintot auszuschließen. „Das ist eigentlich nichts Neues“, sagt Wiegand. Eine Ausnahme von der 48-Stunden-Regel könnten Muslime bereits jetzt beantragen. Durch die Änderung werde nur das, was eh schon seit Jahren zur Bestattungskultur gehöre, ins Gesetz geschrieben, erklärt Wiegand.
Auch in der restlichen Bundesrepublik nehmen muslimische Bestattungen zu, wie eine bundesweite Recherche der Deutschen Presse-Agentur ergab. So haben sich in Nordrhein-Westfalen Bestattungen nach islamischem Ritus von 2011 bis 2016 in nahezu allen größeren Städten verdoppelt. In Frankfurt am Main kletterten die Zahlen, wenn auch überschaubar, von 104 Bestattungen 2015 auf 124 im vergangenen Jahr. In Hamburg wurden 2017 insgesamt 308 Muslime beigesetzt. (dpa, iQ)