Heidelberg

Kindergarten lehnt Praktikantin mit Kopftuch ab

Der katholische Kindergarten St. Marien im Pfaffengrund hat eine muslimische Praktikantin entlassen. Grund: Sie wollte ihr Kopftuch nicht ablegen.

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04
2018
Symbolfoto: Kindergarten, Kita © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolfoto: Kindergarten, Kita © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Eigentlich wollte die 16-jährige Ikram Outtaleb nur ein einwöchiges Praktikum im katholischen Kindergarten St. Marien im Pfaffengrund bei Heidelberg absolvieren. Doch habe der katholische Kindergarten die muslimische Schülerin bereits ab ersten Tag nach Hause geschickt, weil sie ihr Kopftuch nicht ablegen wollte, berichtet die Rhein Neckar Zeitung (RNZ)

Ikram habe sich vor zwei Monaten um die Stelle beworben, sich persönlich im Kindergarten vorgestellt und ihre Praktikumsbescheinigung abgeholt. Dem Bericht zufolge hatte die muslimische Schülerin das Praktikum schon begonnen. Bereits am ersten Tag, wurde sie von einer Mitarbeiterin auf ihr Kopftuch aufmerksam gemacht. Nach dem sie der Aufforderung ihr Kopftuch abzulegen nicht folgte, wurde sie nach Hause geschickt.

„Es handelte sich dabei um ein internes Kommunikations-Problem. Die Erzieherin, die mit Ikram und ihrer Freundin das Gespräch geführt hätte, wäre nicht die Kindergartenleiterin selbst gewesen. Dieses Missverständnis tue allen Beteiligten leid, betonte Wegener. Man werde den Fall zum Anlass nehmen, jetzt grundsätzlich zu klären, wie man mit muslimischen Praktikantinnen in den katholischen Kindergärten umgehen werde“, erklärte der Pressereferent der Katholischen Stadtkirche Heidelberg, Peter Wegener, gegenüber RNZ.

Noch am selben Tag fand die 16-jährige Muslimin eine Praktikumsstelle im Kindergarten der AWO in Pfaffengrund. Ikram betonte, dass sie glücklich sei, ihren Prinzipien treu geblieben zu sein.

Erzieherinnen dürfen ein Kopftuch tragen

Das Bundesverfassungsgericht hat der Klage gegen ein berufliches Kopftuchverbot einer muslimischen Erzieherin mit Kopftuch aus Baden-Württemberg stattgegeben. Das Gericht verwies auf den bereits bestehenden Beschluss darüber, dass ein pauschales Kopftuchverbot im Schuldienst nicht verfassungsgemäß ist.

Die staatlich anerkannte Erzieherin mit türkischem Migrationshintergrund ist bei einem Kindergarten in Baden-Württemberg, gegen die sie Klage erhoben hat, seit September 2003 in Teilzeit beschäftigt. Zuvor war die 34-jährige Erzieherin in einem Kindergarten, ebenfalls in kommunaler Trägerschaft, als Praktikantin tätig.

Leserkommentare

Enail sagt:
Welch Scheinheiligkeit! Es wird gegen Söders Kreuz aufhängen gewettert was das Zeug hält, und wenn eine Muslime mit ihrem Kopftuch, das ebenfalls ein Symbol ihrer Religion ist, den Kindern und Kollegen das vor Augen hält, und ein kath. Kindergarten dann dies nicht möchte, dann ist das auf einmal Diskriminierung. Ich komme aus der Kinderarbeit, war unter anderem in einem kath. Kindergarten tätig. Da waren sämtliche Konfessionen vertreten, aber keiner war dabei, der darauf bestand, dies auch öffentlich zur Schau zu tragen. Auch wir hatten eine muslimische Praktikantin. Kein Problem. Da ein kath. Kindergarten in der Regel auch das Kirchenjahr feiert, dürfte das schon ein Problem für eine konservative Muslime sein. Es findet auch religiöse Erziehung in solchen Einrichtungen statt, oft werden die Gruppen getrennt, je nach Alter und Bedürfnis der Kinder. Kann eine muslimische Erzieherin in einem kath. Kindergarten, der auch eine Konzeption hat, deren Inhalte unter anderem darüber informieren, dass religiöse Erziehung und das Kirchenjahr Bestandteil der Arbeit im Kindergarten sind, dort ohne schlechtes Gewissen arbeiten? Für mich ist das reine Provokation, wenn man sich in einem kath. Kindergarten bewirbt und dann nicht auf sein Kopftuch verzichten will. Es gibt Kommunale, oder eben von der AWO oder Montessori oder Waldorf Einrichtungen, wo man sich gerne bewerben kann und wo das Kopftuch eben keine Rolle spielt, wenn man schon nicht soviel Toleranz besitzt, darauf zu verzichten um Kollegen und Kindern nicht ständig seine Religionszugehörigkeit vor Augen zu führen. Aber nein, ein kath. Kindergarten muss es sein, anscheinend, dass man wieder einen Grund hat sich zu beschweren. Einfach nur noch krank.
01.05.18
0:58
Enail sagt:
@ Disch: Ich weiß nicht ob Sie über kath. Kindertageseinrichtungen informiert sind. Natürlich dürfen dort Muslime arbeiten. Ich selbst hatte eine muslimische Kollegin und auch eine Praktikantin, zu der ich heute noch ein gutes Verhältnis habe und wir uns jedesmal freuen wenn wir uns sehen und uns über ihre Zeit im Kiga unterhalten. Bei uns waren und sind, Kinder wie Kollegen, alle Konfessionen vertreten. So tolerant ist unsere Einrichtung. Nur, bei uns gibt es eine Konzeption, wie sie eigentlich alle Einrichtungen, zumindest in Bayern, haben müssen, und die bekommen Neubewerber zu lesen, dazu zählen auch Praktikanten. Es ist dort festgehalten, welche Leitmotive der Kindergarten hat, Schwerpunkte und Umsetzung von Lehrinhalten. Dazu gehört in einer kath. Einrichtung nun mal auch das Kirchenjahr mit seinen Festen und die Übermittlung dieser an die Kinder. Jeder Bewerber einer kath. Einrichtung kann sich frei entscheiden, ob er diesen Richtlinien folgen kann oder will. Und je nachdem, kann sich ein Bewerber, wozu auch Praktikanten gehören, entscheiden, ob er hinter einer Konzeption, die übrigens von den Mitarbeitern einer Einrichtung in Eigenregie erstellt wird und die dann von politischer Seite abgesegnet oder abgewiesen wird, stehen kann oder nicht. Dies liegt immer im Ermessen des Bewerbers. Ich würde es als reine Provokation bezeichnen, darauf zu bestehen, mit Kopftuch in einer kath. Einrichtung arbeiten zu wollen, und sei es nur ein Praktikum. Da fehlt in meinen Augen jegliche Toleranz, Taktgefühl und auch ein wenig Verstand würde ich sagen, wenn man wegen eines Tuches auf dem Kopf, das noch nicht mal vorgeschrieben ist im Islam, auf Chancen verzichtet, auch mal etwas anderes kennen zu lernen. Aber das Thema hatten wir schon mal wo es darum ging, dass Muslime in Frankreich teilweise lieber auf Bildung verzichten, bevor sie das Kopftuch absetzen.
01.05.18
1:15
Johannes Disch sagt:
@Enail (01.05.18, 1:15) Danke für ihre Erläuterungen. Ich habe nicht bestritten, dass Musliminnen in katholischen Kindergärten arbeiten dürfen. Nur eben nicht in allen, wie der geschilderte Fall zeigt. Ich verstehe auch nicht, was daran intolerant sein sollte, wenn eine muslimische Praktikantin ihr Kopftuch trägt. Die Intoleranz liegt doch eher auf Seiten des katholischen Kindergartens, der es nicht fertig bringt, eine andere Religion und ihr Symbol-- das Kopftuch-- zu tolerieren. Sehr christlich ist dieser Standpunkt jedenfalls nicht. Und wieso gehen sie davon aus, dass katholische Riten ("Kirchenjahr") für die Muslimin eine Provokation darstellen muss?? Es geht der Muslimin doch nicht um religiöse Riten, sondern um ihr Praktikum. Nun, Bayern war schon immer etwas eigen und ist es noch, wie Söders fataler "Kreuzzug" zeugt. Nun, der "Kreuzzug-Söder" wird spätestens vom Verfassungsgericht gestoppt. Aber er wird wohl schon vorher einlenken. Das ganze ist nur ein Promotion-Gag bis zur bayerischen Landtagswahl. Übrigens kann man beide Dinge nicht vergleichen, Söders "Kreuzzug" und die Kopftuch-Muslimin. Der Staat darf und kann sich auch nicht anmaßen, den Inhalt des Kreuzes zu interpretieren. Dagegen steht das Neutralitätsgebot des Staates. Den Inhalt des Kreuzes definieren, das steht nur den christlichen Kirchen zu. Aber genau diese verfassungswidrige Anmaßung hat sich Markus Söder erlaubt. Kaum im Amt, bricht er schon die Verfassung! Das ist keine Petitesse, was sich Söder hier erlaubt. Der Mann müsste eigentlich umgehend zurücktreten. Söder pfeift offenbar auf die Verfassung, Hauptsache, es bringt vielleicht einige Prozentpunkte bei der Landtagswahl. Ein MP, der so verantwortungslos mit der Verfassung umgeht, der ist nicht tragbar. In meiner Heimatstadt ist es übrigens kein Problem für einen katholischen Kindergarten, wenn eine dort arbeitende Muslimin Kopftuch trägt. Und es ist auch ein eher konservatives Bundesland, nämlich BW.
01.05.18
18:28
Ethik sagt:
Es offenbart sich wiedereinmal ein klassisches Problem. Wenn Menschen muslimischen Glaubens arbeiten wollen, bekommen sie haarsträubende Hindernisse, wenn sie nicht arbeiten, wird Ihnen der Vorwurf der geringen Erwerbstätigkeit vorgeworfen. So geht das nicht. Entweder man beseitigt die Hindernisse und bemüht sich um einen fairen Umgang aller zum Wohle der Gesellschaft, oder man belässt es bei den üblichen unbegründeten Agitationen, Vorwürfen und bemüht unbegründete kulturelle Argumente und beschwert sich über den Bildungsstandard der Menschen muslimischen Glaubens, um gleichzeitig hinterücks mit Diktatoren der mehrheitlich muslimischen Länder Verträge und Geschäfte abschließen zu lassen. Unfassbar diese Verlogenheit.
14.09.19
11:44
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