Mit viel Kompetenzen ist es nicht ausgestattet: Das Amt des Integrationsbeauftragten. Trotzdem kann der Amtsinhaber wichtige Impulse geben. Das hat zuletzt die Hamburger SPD-Politikerin Aydan Özoğuz getan.
Es war ein starkes Zeichen, als die SPD-Spitze in der vergangenen Legislaturperiode die Bundestagsabgeordnete Aydan Özoğuz zur Integrationsbeauftragten berief. Sie war die erste Amtsinhaberin mit deutsch-türkischen Wurzeln und die erste Muslimin.
Und neben sehr viel Zustimmung bekam sie auch viel Gegenwind und sogar Anfeindungen zu spüren – fast immer drehte es sich dann um ihre Religion und ihre ausländischen Wurzeln. So wie die vom AfD-Parteivorsitzenden Alexander Gauland, der sie „nach Anatolien entsorgen“ wollte. Das überschreite jede rote Linie, hatte Özoguz daraufhin gesagt.
Umgekehrt waren öffentlichkeitswirksame Auftritte, bei denen es weniger um Inhalte ging, nicht ihre Sache. Stattdessen holte sie bei vielen Fragen Migrantenverbände an Bord und versuchte durch Studien auch wissenschaftlich zu untermauern, wo die Probleme liegen. Etwa, dass Arbeitnehmer mit ausländisch klingendem Namen viel größere Schwierigkeiten haben, eine Stelle zu finden. Sie machte sich deshalb für anonymisierte Bewerbungen stark.
Auch für Flüchtlinge tat sie eine Menge und warb schon früh dafür, das Engagement der ehrenamtlichen Helfer zu würdigen. Bereits Ende 2014 lud sie ausgewiesene Freiwillige in das Auswärtige Amt ein. Erstmals gelang es ihr auch, für ihr Büro eigens einen eigenen Etat für die Flüchtlingshilfe zu bekommen.
Özoğuz arbeitete unter anderem mit den Maltesern zusammen und unterstützte deren Projekt, sogenannte Integrationslosen auszubilden, die den Flüchtlingen helfen sollen, Deutsch zu lernen, eine Wohnung und eine Arbeit zu finden oder Kinder in der Schule anzumelden.
Vielleicht habe sie sich zu sehr in einzelne Themen eingegraben, bilanzierte sie in einem Interview über ihre Amtszeit, in der sie auch immer wieder zu hören bekam, sie sei zu wenig sichtbar. Dies bedauere sie nicht, „aber man muss wohl auch stärker nach außen wirken mit dem, was man macht“. Um ein besseres Verständnis für die Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft sei es ihr gegangen.
Dies wird auch eine der wichtigsten Aufgaben ihrer Nachfolgerin, der CDU-Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, sein, die bislang mit dem Thema in ihrer politischen Karriere noch nicht viel zu tun hatte und im Vorfeld der Regierungsbildung als Gesundheitsministerin gehandelt wurde. Die in Tübingen geborene Widmann-Mauz ist wie die Vorgängerin von Özoğuz, Maria Böhmer, katholisch und Vorsitzende der Frauen-Union der CDU.
Sie freue sich auf ihre Aufgabe, weil das Thema „unsere Gesellschaft prägt“, so Widmann-Mauz, die das Amt am Donnerstag offiziell übernahm. Mit Blick auf ihre Zusammenarbeit mit dem Innenministerium weist sie darauf hin, dass sie den CSU-Politiker und künftigen Innen- und Heimatminister Horst Seehofer schon lange kenne. „Wir haben schon in unterschiedlichen Rollen und Funktionen miteinander Politik gemacht und verhandelt“, meint die 51-Jährige, die Jura studierte, ihr Studium jedoch nicht abschloss.
Was ihre Schwerpunkte anbelange bitte sie noch um ein wenig Geduld, sie wolle sich zunächst in dem neuen Amt orientieren. Sie verriet aber bereits, dass ihr Fragen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau am Herzen liegen. „Wie können wir in den Teilen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, die aus religiöser oder kultureller Sicht andere Vorstellungen aus ihren Heimatländern mitgebracht haben, unsere Werte verdeutlichen?“ Dies müsse möglicherweise auch in den Integrationskursen stärker berücksichtigt werden.
Weil das Thema Integration auch in den kommenden Jahren ganz oben auf der Agenda stehen wird, könnte Widmann-Mauz, die als sehr durchsetzungsstark gilt, manche Pflöcke einschlagen. Auch, weil sich die neue Koalition erstmals auf ein Einwanderungsgesetz einigte. Ihre Vorgängerin hatte dazu bereits Stellung bezogen und forderte statt einer Leitkultur ein Leitbild, hinter dem sich die große Mehrheit des Landes versammeln könne. Dabei gehe es, so Özoğuz, um gemeinsame Werte, um Respekt für unterschiedliche Lebenswege, unterschiedliche Weltanschauungen und um Teilhabe für alle. (KNA – Birgit Wilke-, iQ)