Um Konflikte zu vermeiden, hat die Uni Hamburg vor rund einem halben Jahr den bundesweit ersten Verhaltenskodex zur Religionsausübung eingeführt. Nun zieht die Universitätsleitung eine erste Bilanz.
Rund ein halbes Jahr nach der Einführung des deutschlandweit ersten Verhaltenskodex zur Religionsausübung zeigt sich die Universität Hamburg zufrieden mit dem Projekt. Seitdem es den Kodex gebe, sei es zu keinen Konflikten bei der Religionsausübung gekommen, sagte Universitätssprecherin Merel Neuheuser.
Universitätspräsident Prof. Dieter Lenzen erklärte, dass sich die Einführung des Kodex bewährt habe. „Die Mitglieder der Universität Hamburg brauchen eine Grundlage, auf Basis derer die alltäglichen Entscheidungen in etwaigen Konfliktsituationen getroffen werden können“, sagte Lenzen.
Mitte Oktober 2017 war der Verhaltenskodex an der Universität eingeführt worden. In einem zehn Punkte umfassenden Papier ist seitdem unter anderem klargestellt, dass Studierende religiöse Symbole wie das Kreuz oder den Davidstern verwenden und Kopfbedeckungen tragen können. Weiter wird festgelegt, dass religiöse Feste nur in dem eigens vor rund zehn Jahren eingerichteten „Raum der Stille“ begangen werden dürfen und dass rituelle Handlungen nur so lange zulässig sind, wie sie nicht von anderen als aufdringlich empfunden werden.
Vor der Einführung des Verhaltenskodex hatte es nach Angaben der Universität immer mal wieder Konflikte bei der Religionsausübung gegeben. So hatten einige Studierende beispielsweise gefordert, die Vorlesungen nach den Gebetszeiten der Muslime auszurichten.
Der Vorsitzende des islamischen Jugendbundes, Baki Ince, kritisiert indes die fehlende Transparenz an der Universität, da studentische Vertreter nicht in die Verhandlungen zum Kodex involviert wurden. Außerdem entstehe der Eindruck, dass die formulierten Verbote und Grundsätze sich vor allem auf den Islam und die Muslime beziehen, auch wenn diese auf den ersten Blick allgemein und diplomatisch formuliert seien „Von den thematisierten Punkten wie beispielsweise Gebetswaschung, Geschlechtertrennung oder laute Gebete sind ja primär Muslime betroffen“, so Ince weiter.
Das Rektorat gab mehrere Vorfälle an, die die Universität dazu veranlasst hat, diesen Kodex zu verabschieden, doch seien diese Vorfälle der islamischen Hochschulgemeinde, welche als primärer Ansprechpartner für muslimische Belange gilt, nicht bekannt, erklärt Bilal Gülbaş auf Anfrage von IslamiQ.
Dennoch werde die islamische Hochschulgruppe weiterhin an einem Austausch festhalten. „Generell soll es in den zukünftigen Gesprächen darum gehen, welche Auswirkungen der 10-Punkte-Aktionsplan haben wird und wie die konkrete Umsetzung aussehen soll. Wir denken, dass ein solcher Dialog aktuell unerlässlich ist“, betonte Gülbaş. (dpa, iQ)