Wien

Bürgermeister: „Kopftücher sind Bereicherung des Stadtbildes“

Wiens Bürgermeister Häupl spricht sich gegen ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen aus. Frauen mit Kopftüchern seien eine Bereicherung für das Stadtbild.

02
05
2018
Wieder eine Scheindebatte um das Kopftuch. Diesmal bei Kindern. © shutterstock
Wieder eine Scheindebatte um das Kopftuch. Diesmal bei Kindern. © shutterstock

Der noch amtierende Bürgermeister Wiens Michael Häupl spricht sich in einem Interview mit der Zeitung Standard gegen ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen aus. Frauen und Mädchen dürften weder dazu gezwungen noch daran gehindert werden ein Kopftuch zu tragen. Die freie Entscheidung von muslimischen Mädchen müsste nüchtern akzeptiert werden. Er habe „keinen hysterischen Bezug dazu“. Ganz im Gegenteil. Muslimische Mädchen mit Kopftuch empfinde er vielmehr als „Bereicherung für das Stadtbild“. Seine Mutter hätte früher auch ein Tuch umgebunden.

Damit reagiert Häupl auf das Vorhaben des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen zu verabschieden. Eine entsprechende Vorlage soll bis zum Beginn des Sommers ausgearbeitet sein. Um das Gesetz in Verfassungsrang zu heben, muss die Regierung aus konservativer ÖVP und rechter FPÖ eine Oppositionspartei von ihren Plänen überzeugen.

Der 68-jährige SPÖ Politiker scheidet noch diesen Monat als Wiener Bürgermeister aus. Nach 24-jähriger Tätigkeit im Wiener Ratshaus zieht sich der Politiker zurück. Sein Nachfolger wird Michael Ludwig.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Als Wienerin halte den scheidenden Bürgermeister Häupl für einen der besten österreichischen Politiker, der Großes für unsere Stadt geleistet hat. Was Kopftücher betrifft, bin ich zwar auch gegen Hysterie. Allerdings erfreut mich der Anblick eines schönen Männerhaarschopfs und einer einer hübschen Damenfrisur weit mehr als die immer zahlreicher zu sehenden straff gebundenen Kopftücher mit zusätzlichenm Untertuch, die dem weiblichen Haupt für meinen Geschmack etwas Mumienhaftes verleihen.
02.05.18
17:56
Manuel sagt:
Kein wunder, dass die Sozialdemokratie immer mehr verliert, wenn hier schon tiefreaktionäre mittelalterliche Dogmen verteidigt werden und der gute BM offenbar nichts daran findet, wenn man schon kleine Mädchen sexualisiert.
02.05.18
18:03
Frederic Voss sagt:
Eine echte Bereicherung des Stadtbilds und des islamischen Spektrums sind auch liberale, homosexuelle Imame, die es ja schon gibt. Frei und ungezwungen soll jeder nach seinen Vorstellungen leben und glücklich werden können - unabhängig von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität. Die freie Entscheidung muß hierbei nüchtern akzeptiert werden. Muslimische Mädchen mit und ohne Kopftuch, mit islamischem Freund oder andersgläubigen Freund oder auch Freundin - ganz egal - die freie Entscheidung der Mädchen muß nüchtern akzeptiert werden. Früher haben sich die Mütter Tücher um den Kopf gebunden und heute machen das eben die Schulmädchen - ganz freiwillig und autonom für sich entschieden. Da lässt es der scheidende Bürgermeister noch einmal richtig krachen. Ganz toll beeindruckend.
02.05.18
22:51
Andreas B sagt:
@Frederic Voss Der scheidende Bürgermeister hat nicht einfach mal so etwas gesagt, nur um etwas zu sagen und es noch einmal richtig krachen zu lassen. Anlass ist das geplante Kopftuchverbot der österreichischen Regierung für (eigentlich gegen!) Mädchen. Was sonst noch alles eine Bereicherung ist und gegenüber was man noch alles tolerant sein muss, ist nicht Thema von Herrn Häupl. Man kann aber auch nicht bei allem, was man sagt, immer das gesamte Spektrum benennen.
03.05.18
13:49
Johannes Disch sagt:
Es gibt ja doch noch vernünftige Österreicher. Sehr erfreulich.
03.05.18
15:58
Ute Fabel sagt:
So sehr ich Herrn Häupl persönlich schätze, halte ich weder Kopftücher noch Burschenschafterkappen für eine Bereicherung des Stadtbilds. Die Zahl der Kopftuchträgerinnen hat in den letzten zwanzig Jahren im Gleichschritt mit dem Aufstieg der autoritär-klerikalen Erdogan-AKP und des politischen Islams im arabischen Raum stark zugenommen. Die Zahl der Träger von Burschenschafterkappen hat mit dem Aufstieg der rechtspopulistischen, deutschnationalen FPÖ stark zugenommen. Beide politischen Entwicklungen finde ich unerfreulich. Ich würde es auch absulut nicht als Bereicherung des Stadtbilds empfinden, wenn sich eine stark zunehmende Zahl der chinesisch-stämmigen Bevölkerung dafür entscheiden würde, tagein tagaus immer und überall einen Mao-Anzug zu traen.
04.05.18
7:39
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Es ist völlig wurscht, was Sie für eine Bereicherung des Stadtbildes halten und was nicht. Entscheidend ist die Rechtslage. Und da dürfen Musliminnen ihr Kopftuch trage, völlig egal, ob das jemand "stadtbildtauglich" findet oder nicht. Toleranz bedeutet nicht, das okay zu finden, was sich mit den eigenen Vorlieben und Einstellungen deckt. Das ist keine Kunst. Toleranz bedeutet, das zu akzeptieren, was einem nicht in den Kram passt. Bei Ihnen hört die Toleranz offenbar da auf, wo etwas ihrem Empfinden nach nicht "stadtbildtauglich" ist. Alleine dieser Begriff, alleine die Tatsache, dass man überhaupt darüber diskutiert, ob Musliminnen mit Kopftuch "stadtbildtauglich" sind, zeigt, auf welch bedenklichem Weg die "Diskussion" in Österreich inzwischen bereits ist. Zu behaupten, Musliminnen mit Kopftuch" wären nicht "stadtbildtauglich", ist diskriminierend und rassistisch.
04.05.18
13:25
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: Vor einigen Jahren hat sich die Österreichische Hochschülerschaft, die von linken Gruppen dominierte Studentenvertretung, für ein Verbot von Burschenschaftercouleur in Hörsälen ausgesprochen. Meinen Sie dann auch, dass die Behauptung, Burschenschafterkappen mit Band seien nicht hörsaltauglich, vielleicht auc rassistisch und diskriminierend sei? Bis vor wenigen Jahren galt das strikte optische Neutralitätsprinzip an türkischen Unis für Lehrende und Studierende, was der EGMR ausdrücklich als menschenrechtskonform erachtet hat.
06.05.18
21:01