Rheinland-Pfalz

Kein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern geht Rheinland-Pfalz liberal mit dem Kopftuch im Dienstrecht um. Ein pauschales Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst existiert hier nicht.

07
05
2018
Symbolbild: Lehrerin mit Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Im Unterschied zu anderen Bundesländern gibt es in Rheinland-Pfalz keinen juristischen Streit um das Kopftuch als Bekenntnis zum muslimischen Glauben. „Das Dienstrecht in Rheinland-Pfalz kennt kein pauschales Kopftuchverbot“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Eine solche Regelung sei auch nicht geplant.

In Berlin entscheidet das Arbeitsgericht am 9. Mai über die Klage einer Lehrerin, die mit Kopftuch dauerhaft an einer Grundschule unterrichten will. Der Bildungssenat verweigert dies mit Blick auf das Neutralitätsgesetz. Nach diesem Gesetz dürfen Polizisten, Justizmitarbeiter und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen.

In Rheinland-Pfalz gebe es keine solchen Verfahren, sagte eine Sprecherin des Bildungsministeriums. Solange die Mimik einer Lehrerin erkennbar und die Kommunikation nicht eingeschränkt sei, werde das Tragen eines Kopftuchs vom Grundrecht auf Religionsfreiheit gedeckt.

Auch in der Justiz gibt es in Rheinland-Pfalz keine Vorschrift, die das Tragen eines Kopftuchs bei Richterinnen und Staatsanwältinnen ausdrücklich erlaubt oder untersagt. Allerdings mahnt das Mäßigungsgebot im Deutschen Richtergesetz, von sich aus alles zu tun, damit das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unabhängigkeit nicht gefährdet wird, wie ein Sprecher des Justizministeriums erklärt. In Rheinland-Pfalz seien keine Fälle bekannt, in denen eine Richterin ein Kopftuch während des Sitzungsdienstes getragen habe. Pläne zu einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen gebe es derzeit nicht. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Es gibt ja nicht nur das Kopftuch, sondern viele andere sichtbare religiöse, politische oder weltanschauliche Symbole, sichtbare Zeichen oder Kleidungsstücke. In Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist Folgendes verankert: Niemand darf wegen .. seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Vertritt man die Meinung, dass das Tragen eines Kopftuchs vom Grundrecht auf Religionsfreiheit umfasst ist, muss Lehrern und Beamten im Hinblick auf das verfassungsrechtlich festgelegte Benachteiligungsverbot der politischen gegenüber der religiösen Anschauung auch das Tragen von Parteiabzeichen oder Kleidungstücken, mit denen ein politischen Bekenntnis ausgedrückt wird (vom kommunistischen Blauhemd bis zum PEGIDA-Shirt) im Dienst erlaubt werden. Das wäre der vollkommen falsche Ansatz! Es ist bester Ausdruck des Respekts vor Andersdenkenden, sich selbst im Beruf mit dem auffälligen Sichtbarmachen der eigenen Gesinnung zurückzuhalten, umso mehr, wenn man für den Staat tätig ist. Es darf nicht vergessen werden, dass das optische Neutralitätsprinzip im öffentlichen Dienst in der Türkei jahrzehntelang konsequent umgesetzt wurde. Erst die klerikal-autoritäre Erdogan-Regierung, die die türkische Gesellschaft nicht liberaler gemacht hat, begann das säkuläre Staatsprinzip zu untergraben.
07.05.18
13:49
Sven Anatoli sagt:
Diese ständigen Versuche, islamische Kopfverhüllungs-Tücher immer und überall salonfähig machen zu wollen, zeigt die Verbissenheit islamischer Indoktrination.
07.05.18
13:51
Emanuel Schaub sagt:
So wie ich es... verstehe steht das... Kopftuch bei einigen...? der Trägerinnen nicht nur als "Abzeichen" ihrer Zugehörigkeit zu Ihrer Religionsgemeinschaft sondern als Befolgung einer religiösen Vorschrift ,das für sie eben nicht verhandelbar.. ist . Wenn ein Christ in seinem Glauben eine Aufforderung zum Tragen des Kreuzes als Vorschrift sehen würde ,regte sich niemand auf! Mithin kann ich das tragen von Kopftüchern nicht als Werbung sehen (u.uns ich sehe sehr gerne schöne Haare!!) gruss emanuel
08.05.18
14:36
Manuel sagt:
@Sven Anatoli: Wahre Worte und was macht der deutsche Staat, statt dagegen aufzutreten kniet er sich auch noch vor diesen mittelalterlichen Dogmen hin.
08.05.18
19:02
Johannes Disch sagt:
Das machen de gut, die Rheinland-Pfälzer. Ein pauschales Kopftuchverbot ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 2015 nicht mehr haltbar. Das wird bald auch das Land Berlin zu spüren bekommen. Morgen fällt da das Urteil in einem Arbeitsgerichtsprozess. Und danach geht es dann wohl nach Karlsruhe.
08.05.18
19:46
Johannes Disch sagt:
@Sven Anatoli (07.05.18, 13:51) Das hat überhaupt nichts mit Verbissenheit zu tun, sondern mit einer Selbstverständlichkeit: Mit der Wahrung eines Grundrechts. Nur darauf bestehen Musliminnen. Und das ist ihr gutes (Grund)Recht.
09.05.18
0:09
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: "Das hat überhaupt nichts mit Verbissenheit zu tun" Doch! Es ist ein grundlegender Denkfehler und völliger Fehlschluss anzunehmen, dass jene religiöse Gruppe durch das optische Neutralitätsprinzip diskriminiert wird, in der sich derzeit die meisten Anhänger am uneinsichtigsten zeigen. Wenn mehr Radfahrer trotz Rotlichts Kreuzungen überqueren als Autos und deshalb auch mehr Radfahrer eine Verwaltungsstrafe wegen dieser Verkehrsübertretung erhalten, lässt sich daraus seriöserweise auch nicht ableiten, dass Radfahrer durch das rechtliche Gebot diskriminiert werden bei Rotlicht anhalten zu müssen.
09.05.18
12:09
Johannes Disch sagt:
Die Regelungen sind nun mal in allen 16 Bundesländern unterschiedlich, was an unserem förderalen System liegt, wo Bildung Ländersache ist.
09.05.18
15:46
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post 09.05.18, 12:09) Ihr grundlegender Denkfehler besteht darin, zu glauben, aus dem Neutralitätsprinzip abzuleiten, man könnte und müsste deshalb Grundrechte einschränken, vor allem das Grundrecht auf Religionsfreiheit, und das vor allem für Muslime/innen. Sie sind bei dem Thema nicht rational und orientieren sich nicht an der Sache, sondern lassen sich von ihrem fanatischen Atheismus und ihrer fanatischen Abneigung gegen alles religiöse leiten. Und sie sind auch keineswegs tolerant. Zu betonen, sie hätten nichts gegen Muslime, sondern nur gegen ihre Religion, das ist ein billiger Taschenspielertrick. Tolerant sind Sie nur so lange, wie Menschen ihre Religion nicht zeigen und öffentlich bekunden. So lange Menschen nicht vorbehaltlos und öffentlich zu ihrer Religion stehen.
10.05.18
15:22
Johannes Disch sagt:
Ein Kopftuch verstößt nicht zwingend gegen das Neutralitätsgebot des Staates. Das haben hier verschiedene Verfassungsrechtler schon deutlich gemacht. Eine Person verliert nicht ihre Grundrechte, nur weil sie zur Arbeit eine Amtsstube betritt. Eine Frau mit Kopftuch, die damit ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit wahrnimmt, schränkt damit kein Grundrecht einer anderen Person ein, weshalb es auch keinen Grund gibt, ihr das zu verbieten. So sah das auch Verwaltungsgericht Kassel. Die verbeamtete Sachbearbeiterin des Jugendamts klagte gegen die Stadt Kassel, weil die ihr das Tragen des Kopftuchs am Arbeitsplatz verbieten wollte. Das Verwaltungsgericht gab ihr recht. So ein Verbot ist eine unzulässige Einschränkung des Grundrechts auf Religionsfreiheit, so das Gericht. Die Stadt hatte argumentiert, da die Frau auch Kundenkontakt hätte, würde das Kopftuch eventuell das Vertrauen in ihre Neutralität bei der Arbeit beeinträchtigen. Das Gericht sah das anders. Es gebe in dem konkreten Fall "keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für Grundrechte Dritter oder die staatliche Neutralität" heißt es in dem Urteil vom 28. Februar 2018, das erst jetzt vor wenigen Tagen (03.05.18) veröffentlicht wurde.(Az.: 1 K 2514/17.KS) Das Interesse auf einen Kopftuchverzicht habe hier zurückzustehen vor dem Grundrecht der Beamtin auf Religionsfreiheit. Damit orientiert sich das Verwaltungsgericht Kassel an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 2015, das für ein Kopftuchverbot zwingend eine konkrete Störung des Betriebsfriedens/des Schulfriedens voraussetzt. Diese sah das Verwaltungsgericht Kassel im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, wie das Gericht betonte. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde das Rechtsmittel auf Berufung zugelassen. Die Stadt Kassel hat angekündigt, vor die nächste Instanz-- dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof-- zu ziehen. Man sieht: Ob Hessen oder Berlin: Das Kopftuch wird uns-- bzw. die Justiz-- noch eine Weile beschäftigen. Wir befassen uns ja auch erst recht kurz damit *räusper*.... Erst seit knapp 20 Jahren.... Seit dem Fall Fereshta Ludin 1998. 20 Jahre Streit um ein Stück Stoff und noch immer keine klare Linie in Sicht, die für alle verbindlich wäre, an der sich alle orientieren könnten--- das bringen wirklich nur die Deutschen fertig. Statt sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern-- dass Großkonzerne wie "Amazon", "Facebook", "Google" & Co hier endlich mal Steuern zahlen-- zig Einzelfallentscheidungen wegen eines Stück Stoff....*Kopfschüttel* -- Bericht über das Kasseler Urteil auch bei "islamiq" (04.05.18)--
10.05.18
23:06