Vor 25 Jahren starben fünf Menschen bei einem fremdenfeindlich motivierten Brandanschlag in Solingen. Der Brandanschlag gilt als eine der folgenschwersten rassistischen Taten in der Geschichte der Bundesrepublik, er löste weltweites Entsetzen aus.
25 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag von Solingen wird an diesem Dienstag mit zwei zentralen Veranstaltungen in Solingen und Düsseldorf den Opfern gedacht. In der Nacht des 29. Mai 1993 hatten vier rechtsradikale Männer das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Nordrhein-Westfalen angezündet. Fünf Frauen und Mädchen starben. Die Täter, die 1995 wegen Mordes verurteilt wurden, sind nach abgesessener Strafe wieder frei. Der Brandanschlag gilt als eine der folgenschwersten rassistischen Taten in der Geschichte der Bundesrepublik, er löste weltweites Entsetzen aus.
In Düsseldorf werden am Dienstagmittag (13.00 Uhr) Ansprachen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem weiblichen Oberhaupt der Familie, Mevlüde Genç (75), erwartet. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) und der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu werden im Landeshaus reden.
In Solingen erwartet die Stadt mehrere Tausend Teilnehmer zur Gedenkfeier am Nachmittag (16.00 Uhr) am zentralen Mahnmal vor einer Schule. Dort werden Außenminister Heiko Maas (SPD), NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) und erneut der türkische Außenminister sprechen. Mevlüde Genç hatte bereits kurz nach dem Anschlag zu friedlichem Miteinander und Versöhnung aufgerufen. Das hatte ihr höchsten Respekt eingebracht.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat zum 25. Jahrestag des fremdenfeindlichen Brandanschlages von Solingen vor ausländerfeindlicher Hetze gewarnt. „Das ist auch die Warnung in diesen Tagen, Vorsicht mit Worten, Worten können Taten solcher Täter folgen“, sagte Laschet am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2/radioWelt). Die innenpolitische Lage sei damals besonders angespannt gewesen. „Ich glaube, dass die Lage schlimmer war als heute. Aber wenn man manche Reden, auch von rechtspopulistischen Parteien hört, wie die Tonlage auch gegen Menschen sich verschärft, dann kann man nur sagen, man kann über Politik streiten, auch über Flüchtlingspolitik […], aber wenn es persönlich gegen Menschen geht, wenn gehetzt wird, dann müssen die Demokraten zusammenstehen“, sagte Laschet.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief dazu auf, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus entschieden zu bekämpfen. „Die Erinnerung an diese grausame Tat darf nicht verblassen.“ Der Tag des Anschlags stehe auch für eine fortdauernde Aufgabe: „Er verdeutlicht die Verpflichtung unseres Gemeinwesens und unserer Institutionen, alle Bürgerinnen und Bürger zu schützen, gleich welcher Herkunft.“ Steinmeier hatte Mevlüde Genç – sie verlor zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte – bereits in der vergangenen Woche getroffen. Er betonte: „Mevlüde Genç kann Vorbild für jeden von uns sein, sich gegen Diskriminierung, Rassismus und Gewalt zu engagieren.“
„Der feige Brandanschlag in Solingen ist uns bis heute in schmerzhafter Erinnerung. Die Angst vor rechtsextremen Übergriffen nach wie vor präsent. Es gibt noch viel zu tun“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), anlässlich des fremdenfeindlich motivierten Brandanschlags in Solingen vor 25 Jahren.
Dass 25 Jahre nach Solingen eine Partei im Bundestag und in den Landtagen der Republik sitzt, die sich unverhohlen Islamfeindlichkeit auf ihre Fahne geschrieben hat, zeigt, dass nicht die richtigen Maßnahmen ergriffen wurden. „Die Politik reitet nach wie vor auf einer gefährlichen Welle, der Diskurs wird immer schärfer, die Sprache immer populistischer. Die etablierten Parteien übernehmen immer häufiger AfD-Positionen und gießen ihre Forderungen in Gesetze“, so Altaş weiter.
Auch die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) gedenkte der Opfer von Solingen. „25 Jahre nach dem fünffachen Mord müssen wir bereit sein, weiter davon zu sprechen. Denn das, was zu dieser Tat geführt hat, der Menschenhass, der Rassismus, die Hetze, sie haben nicht aufgehört“, erklärt die DITIB. Der Kampf gegen Rassismus, Extremismus und Diskriminierung sei oft als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bezeichnet worden. Doch müsse man vorsichtig sein, dass das Wort „gesamtgesellschaftlich“ nicht einhüllt in eine anonyme Masse von Menschen, so die DITIB weiter. Von Jahr zu Jahr, Schritt für Schritt, aber unbeirrt, schreiten menschenfeindliche Einstellungen in der Gesellschaft voran. „Wie etwas vor aller Augen geschehen und doch unbemerkt sein kann, zeigen die grausamen und menschenverachtenden Taten, die zunehmenden Übergriffe auf Flüchtlinge, Muslime und Moscheen, die reell da sind.“ (dpa, iQ)