Ramadan in Deutschland

Neue Ramadan-Tradition

Der Ramadan in Deutschland ist nicht derselbe wie etwa in Bosnien. Oder doch? Warum die Etablierung neuer Ramadan-Traditionen notwendig und wie das auch in Deutschland möglich ist, erklärt Ali Mete.

02
06
2018
Ramadan © pixabay, bearbeitet by iQ.
Ramadan © pixabay, bearbeitet by iQ.

„Der erste Tag des Ramadans in Bosnien war für mich immer der aufregendste. Andere Menschen auf der Straße – auch Fremde – zu grüßen, war selbstverständlich. Diese Grüße wurden zusätzlich mit Segenswünschen zum Ramadan geschmückt. Das Lächeln, das für die Muslime den Wert eines Almosens hat, brachte eine zusätzliche Begeisterung mit sich. In vielen Ecken traf man auf Straßenverkäufer, die frische Ramadan-Fladenbrote anbot. Der wunderbare Geruch verleitete einen dazu, ein paar für das Iftaressen zu kaufen. Im Ramadan war alles anders.”

Diese nostalgische Beschreibung stammt von einem in Deutschland lebenden Muslim. Seine Worte veranschaulichen die tiefe religiös-emotionale Verwurzelung des Ramadans in der bosnisch-islamischen Kultur. Gilt das aber auch für den Ramadan hierzulande? Kann ein Muslim in ähnlich emotionaler Weise auch über seinen Ramadan-Alltag in Deutschland sprechen? Ist das in einer säkularen Gesellschaft überhaupt möglich?

Der Ramadan in unserer Erinnerung

Der Ramadan hat in der islamischen Kultur eine besondere Wirkung, denn er umfasst das gesamte gesellschaftliche Leben. Insbesondere für die muslimische Familie ist der Ramadan eine Zeit der Gemeinschaft. Für Kinder hat diese Zeit oft eine prägende Wirkung. Sie wird mit Aufregung erwartet, schafft Gemeinschaft und erinnert an das Wesentliche im Jahreskreis. Viele Erwachsene erinnern sich gerne an den Tag, an dem sie zum ersten Mal einen ganzen Tag gefastet haben, nachdem sie es zuvor an einigen Tagen oder zu verkürzten Tageszeiten erprobt hatten. Jeder Abend ist ein Fest mit den Eltern, Nachbarn, Verwandten oder Bekannten.

Obwohl der Islam aus theologischer Sicht keine Initiationsriten kennt, kann die Wirkung solcher Erfahrungen für das zukünftige Erwachsenenleben positiv prägend sein. Die Aufmerksamkeit, die die Gläubigen gegenüber hungernden und leidenden Menschen ganz selbstverständlich entfalten, rührt zu einem Großteil daher, dass sie bereits als junge Menschen den Wert von Nahrung und Versorgung erfahren haben. Die Eltern brauchen daher nicht verstärkt mit weiteren Erziehungsmethoden auf die sozialen Missstände in der Gesellschaft zu verweisen. Der Ramadan ist ein sehr wohlwollender Erzieher ohne viele Worte.

Aufgrund dieser Bedeutung für Gesellschaft und Individuum und des großen Verdienstes des Fastens als Gottesdienst bemühen sich viele Muslime, das Fasten auch dann fortzuführen, wenn sie einen triftigen Grund hätten, es auszusetzen.

Ramadan im nichtmuslimischen Kontext

Für einen etwa in Deutschland lebenden Muslim ist es nicht immer leicht, ja manchmal gar unmöglich, die tief in der islamischen Kultur verwurzelten Ramadan-Traditionen auszuleben. Die ersehnte Ramadan-Stimmung will einfach nicht aufkommen.

Es besteht eine spürbare Diskrepanz zwischen einem traditionell muslimisch geprägten Umfeld etwa eines mehrheitlich muslimisch bevölkerten Landes und der Situation in einem mehrheitlich nichtmuslimischen Umfeld in Deutschland. Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene in einem mehrheitlich muslimischen Lebensumfeld erleben den Ramadan als Teil des alltäglichen Lebens. Sie müssen sich nicht individuell darauf einstellen, sondern werden quasi automatisch von der Gesellschaft an das Fasten und den Ramadan herangeführt. Im säkularen Deutschland ist das nicht so.

Diskrepanzen aushalten

Die für den Muslim urislamische, durch das Gebot des Fastens hervorgerufene Atmosphäre des Ramadans ist es, wonach der eingangs zitierte Muslim sich sehnt. In einem säkularen Kontext ist es aber nicht immer leicht, einen Ausgleich zwischen persönlicher Religionspraxis und der säkularen Öffentlichkeit zu finden. Ob in der Schule, im Beruf oder im alltäglichen Leben: Der fastende Muslim nimmt diese Spannung deutlicher wahr.

Diese Spannung lässt sich nur schwer vermeiden. Trotzdem ist es Muslimen (oder Anhängern anderer Religionen) möglich, ihre religiösen Traditionen weiterzuführen und neu auszurichten. In einer religions- und kulturpluralistischen Gesellschaft sollte das möglich sein. Von daher ist es nicht ganz nachvollziehbar, wenn sich Muslime nach den „alten Zeiten“ sehnen, die ihrer Meinung nach nie wieder zurückkehren können.

Muslimische Traditionen können sich ändern, aber die Quelle, der sie entspringen, bleibt dieselbe. Dies sind in erster Linie Koran und Sunna, aber auch kulturelle Bräuche. Die Herausforderung ist es nun, die ersehnten Ramadan-Traditionen wenn nötig umzuwandeln oder neue zu etablieren. Dabei kommt der Moschee eine entscheidende Rolle zu. Auf den Propheten zurückgehende Traditionen wie beispielsweise die Mukâbala, das tägliche (gemeinschaftliche oder individuelle) Lesen des Korans, wieder „schmackhaft“ zu machen, hängt zum Teil von innovativen Ansätzen der einzelnen Moscheen ab. Dabei muss die Moschee natürlich den Lebenskontext der Muslime beachten, der von Arbeit, Ausbildung und Familie geprägt ist.

Festzuhalten bleibt: In einer pluralistischen Gesellschaft ist nicht alles vereinbar mit den eigenen Vorstellungen und Wünschen. Das muss man aushalten. Denn genau dieser Kontext gibt auch Muslimen die Möglichkeit, ihre Religion auszuleben. Von der reichen türkisch, arabisch, bosnisch usw. geprägten islamischen Kultur ausgehend können sie ihre Traditionen weiterführen, neu beleben und damit an die Öffentlichkeit treten, um somit die gesamte Gesellschaft an dem Segen des Ramadans teilhaben zu lassen. 

Leserkommentare

Charley sagt:
@Harousch: Sie gehen in Ihrer Milchmädchenrechnung von 1000-1200 aus. Nun, so lange lebt niemand. insofern löst sich ihre behauptete Auslöschung aller Inder in Luft aus. Nur weil Kishori Saran Lals Fachgebiete Mittelalterliche Geschichte Indiens war, war die Zeit der muslimischen Eroberung, Herrschaft und Kriege in Indien nicht auf die Zeit 1000-1200 beschränkt. Somit löst sich Ihre gesamte Milchmädchenrechung auf. Genauso billig ist ihre Art, punktuell zu antworten, denn die völlig aggressive, religiös motivierte kriegerische Expansion des Islam steht außer Zweifel.
13.06.18
1:12
Charley sagt:
@ Johannes Disch: Ihre Bemerkung (11.06.18, 14:11) übersieht, dass ich Saadet auf die Blutspur des Islam hinweisen wollte, von der er offensichtlich keine Ahnung hat oder die er ausblendet wie Harousch gleichfalls. Saadet, der sich erdreistet zu bezweifeln, dass ich nicht sehr genau wüßte, was sich "noch vor nicht mal 70 Jahren hier in Deutschland abgespielt hat". Wenn der/die wüsste.... Rechnen kann er auch nicht, es waren mindestens über 73 Jahre.
13.06.18
1:14
Johannes Disch sagt:
@Charley (13.06.18, 1:14) Muslime sind sich durchaus den negativen Seiten ihrer Geschichte bewusst. Aber damit kann auch das Christentum dienen. Ich finde, dieses ständige Aufrechnen führt nicht weiter.
13.06.18
14:27
Charley sagt:
@Johannes Disch (13.06.18, 14:27) "Muslime sind sich durchaus den negativen Seiten ihrer Geschichte bewusst." Ihr Wort in Gottes Ohr! Mir ist hier in Harousch ein Muslim begegnet, die allein in der Art, wie er darauf reagierte im Stil rechten Politikern im Umgang mit der NS-Vergangenheit ähnelt. Auch im Weiteren habe ich eher den Eindruck, dass man mit der blutigen Vergangenheit umgeht ähnlich wie die Japaner mit ihren Kriegsverbrechen im 2.Weltkrieg. Ein ehrliches Sich-Stellen diesen Dingen habe ich bislang kaum erlebt, geschweige denn eine Auseinandersetzung mit den Qualitäten, die zu dieser brutalen Islamverbreitung geführt hat. Das müsste sonst auch Konsequenzen zeigen. Ein Vergleichen von Verbrechen mit Verbrechen ("Aufrechnen") ist absurd. Das schrieb ich selbst oben. Jedes Verbrechen ist für sich zu betrachten und auch nicht durch ein anderes zu rechtfertigen, auch wenn es in Zusammenhängen steht und gesehen werden kann oder muss.
13.06.18
22:12
grege sagt:
meine persönlichen Erfahrungen sehen hier ganz gewaltig anders aus. Angesprochen auf die negativen Aspekte der islamischen Geschichte, werden diese entweder negiert oder gerne in abstruse Verschwörungstheoriern umgedeutet. An dem Wortwechsel wurde wieder offenbar, wie muslimische Forumsteilnehmer ihre Religion verherrlichen und die Kultur Ihres nichtmuslimischen Umfelds mit hähnebüchenden Vergleichen verachten. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass diese Menschen nicht in einem islamischen Land leben, sondern im zu verachtenden Westen, wirkt diese Kritik gerade zu lachhaft und bemitleidenswert.
18.06.18
21:27
grege sagt:
@ Haroush warum leben Sie eigentlich freiwillig in einem nichtmuslimischen Land? Die Frage können Sie gleich an Saadet weiterleiten? Ihr Hass und Ihre Abneigung auf das nichtmuslimische Umfeld belegen die Auswüchse des islamischen Terrorismus innerhalb der muslimischen Community. Aber komischerweise haben diese Leute Schiss in der Buchse Ihren Lebensmittelpunkt in ein muslimisches Land zu verlagern.
18.06.18
21:32
Andreas B sagt:
@Charley Keiner kann so eine große Blutspur aufweisen, wie das aufgeklärte Europa, das zwei große Weltkriege und die Schoah zu verantworten hat. Ganz zu Schweigen von der Kolonialisierung.
19.06.18
16:03
Andreas B sagt:
@grege Warum sollen Muslime aus Deutschland ihren Lebensmittelpunkt in ein vermeintlich muslimisches Land verlagern? Und wieso meinen Sie behaupten zu können, dass der islamistische Terrorismus ein Beleg für die Abneigung aller Muslime gegen das nichtmuslimische Umfeld sein soll? Beiweist die Existenz der AfD, dass wir Deutschen alle rassistisch und fremdenfeindlich sind?
19.06.18
16:07
grege sagt:
@ Andreas wie schon mehrfach behauptet wirkt es unglaubwürdig ausgerechnet in dem Land seinen Lebensmittelupunkt zu suchen, dessen Kultur man verachtet und zugleich keine Gelegenheit auslässt, die Überlegenheit der eigenen Religion zu betonen. Hier liegt die Empfehlung nahe, doch bitte seine Koffer zu packen oder sich gar nicht in diesem Land niederlassen., stattdessen ein Land aufzusuchen, desse Bevölkerung im Sinne der eigenen Religion geprägt ist. Einige muslimische Teilneher diess Forums, insbesondere Kommentatoren für diesen Artikel, legen diese Haltung überdeutlich an den Tag. Diverse Studien belegen, dass der Extremismus sich in die Mitte der muslimischen Community ausgebreitet hat. Daher ist es legitim zu behaupten, dass Terrorismus udn Extremismus einen graiverienden Missstand innerhalb der muslimischen Community darstellen. Die angeblichen Verbrechen des "Westens" sowie die Wahlerfolge der Afd werden auch von den Islamverstehern ebenso sehr pauschal als Problem mit gesamtgesellschaftlicher Bedeutung hingestellt. In dem Zusammenhang werden islamkritische Thesen als Steigbügelhalter für Islamfeindlichkeit angesehen. Wer das nichtmuslimische Umfeld verachtet, darf sich nicht wundern, wenn einige Muslime sich in ihren extremistischen oder terroristischen Ansichten gar bestärkt fühlen.
21.06.18
21:53
grege sagt:
@ Amdreas "Keiner kann so eine große Blutspur aufweisen, wie das aufgeklärte Europa, das zwei große Weltkriege und die Schoah zu verantworten hat. Ganz zu Schweigen von der Kolonialisierung." Ein Grund mehr, dass muslimische dieses schreckliche Europa als Zufluchtsort meiden sollten. Neben sei vermerkt, dass Muslime im Laufe der Geschichte andere Völker auch unterjocht haben, wie z.B. auf der iberischen Halbinsel oder dem Balkan. Ebenso waren es gerade so manche Muslime, die mir im persönlichen Sympathien für Hilters Umgang mit Juden geäußert haben.
21.06.18
21:58
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