Auf der Justizminister-Konferenz von Bund und Ländern wird über einen „Radikalen-Erlass“ für Richter diskutiert. So sollen beispielsweise rechtsextreme Richter an ihrer Amtsausübung gehindert werden. Über ein Gesichtsverhüllungsverbot wird ebenfalls diskutiert.
Die Justizminister von Bund und Ländern wollen laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung (Montag) einen „Radikalen-Erlass“ für Bewerber um das Richteramt auf den Weg bringen. Das Blatt beruft sich auf interne Unterlagen der Justizminister-Konferenz von Bund und Ländern. Der Antrag dazu stamme aus Hessen und solle erstmals auf der am Dienstag beginnenden Justizminister-Konferenz erörtert werden.
Das Ziel, des Vorstoßes sei eine sogenannte Regelabfrage beim zuständigen Landesamt für Verfassungsschutz, die klären soll, ob bei Bewerbern für das Richteramt „Anhaltspunkte für mögliche verfassungsfeindliche Einstellungen und Aktivitäten“ vorliegen, die eine Tätigkeit als Richter in Wahrheit komplett ausschließen.
In dem Antrag heißt es dazu: „In der aktuellen politischen Lage ist quer durch alle gesellschaftlichen Schichten eine Stärkung der politischen Extreme zu beobachten. Die Gefahren durch den Links- und Rechtsextremismus sowie aufgrund Terrorbedrohungen nehmen europaweit und auch in Deutschland zu. Es häufen sich Fälle, in denen verfassungsfeindliche Personen nicht nur in die Beamtenschaft, sondern in den gesamten öffentlichen Dienst, d. h. auch die Justiz, drängen.“ Dies berge im Hinblick auf das Richteramt „besondere Gefahren“.
Zur Begründung heißt es in dem Papier: Agierten die Richter „aus ihrer verfassungsrechtlich geschützten Position heraus gegen die Verfassung als deren Feind“, sei dies geeignet, das Vertrauen in die freiheitlich demokratische Grundordnung „massiv zu erschüttern und ihr Funktionieren zu beeinträchtigen“.
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung: „Wer im Namen des Volkes Recht sprechen will, muss auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.“ Staatliche Entscheider dürften weder Reichsbürger, noch Links- oder Rechtsextreme oder salafistische Extremisten sein. „Verfassungsfeindliche Ansichten oder sonstige antidemokratische und freiheitsfeindliche Ansichten und Aktivitäten haben im öffentlichen Dienst keinen Platz.“
Bereits in der Vergangenheit gab es einen sogenannten „Radikalen-Erlass“ in Deutschland. Er war im Frühjahr 1972 durch einen Runderlass der Ministerpräsidenten und aller Landesminister an alle nachgeordneten Behörden auf den Weg gebracht worden. Der Erlass sollte die Beschäftigung von Links- und Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst verhindern und erstreckte sich auch auf bereits beschäftigte Personen.
Faktisch richtete er sich meistens gegen Personen aus dem linken politischen Spektrum, was für heftige Kritik sorgte. Damals wurden mehr als 3,5 Millionen Personen überprüft, mehr als 1.200 Personen bereits im Bewerbungsverfahren aussortiert und mehr als 250 Personen entlassen.
Diskutiert wird auf der Justizminister-Konferenz ab Mittwoch außerdem über ein Gesichtsverhüllungsverbot im Gericht. Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) unterstützt eine Initiative mehrerer Bundesländer zu einem solchen Verbot. Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen schlagen vor, dass sich die Justizminister bei ihrer Konferenz für eine gesetzliche Regelung aussprechen.
Der Vorstoß zielt darauf ab, dass Verfahrensbeteiligte im Gerichtssaal während der Verhandlung ihr Gesicht weder ganz noch teilweise verdecken dürfen, wie das Justizministerium in Stuttgart mitteilte. „Wie soll zum Beispiel der Richter die Identität einer Zeugin mit Burka feststellen? Und wie soll der Richter Mimik und Reaktionen auf die übrigen Beteiligten deuten können, wenn er sich einer Vollverschleierten gegenüber sieht?“, sagte Wolf.
Allerdings sollte es aus seiner Sicht eng begrenzte Ausnahmen geben – etwa für verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen, die für Polizei oder Geheimdienst arbeiten und in Fällen schwerer Kriminalität vor Gericht als Zeuge erscheinen.
Die schwarz-rote Bundesregierung hat bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, ein entsprechendes Verbot der Gesichtsverhüllung im Gericht zu erlassen, wenn es zur Feststellung der Identität oder zur Beurteilung der Aussage notwendig ist, dass das Gesicht zu sehen ist. Für Berufsrichter, Beamte und Rechtsreferendare gibt es so ein Verbot nach Angaben des Stuttgarter Justizministeriums bereits – nicht aber für ehrenamtliche Richter, Zeugen, Sachverständige, Anwälte und Zuhörer. (KNA/dpa/iQ)