Die österreichische Regierung schließt Moscheen und weist Imame aus. IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun steht unter Kritik. Ihm wird vorgeworfen, eine treibende Kraft gewesen zu sein. Sein Rücktritt wird gefordert. Ein Hintergrundbericht.
In einer Pressekonferenz gab die österreichische Regierung bekannt, sieben Moscheen zu schließen und 40 Imame auszuweisen. Die Gründe hierfür seien Verstöße gegen das Islamgesetz. Konkret geht es um die Auflösung der Arabische Kultusgemeinde mit sechs Moscheen und die Schließung der Nizam-i Alem Moschee in Wien. Grund für die Schließung der Arabischen Kultusgemeinde seien Positionen mit „salafistischen Hintergründen“ von Vertretern der Moscheeeinrichtung gewesen, die nicht mit rechtsstaatlichen Ordnungen vereinbar seien.
Die Nizam-i Alem Moschee wurde geschlossen, weil sie ohne Genehmigung seitens der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) betrieben wurde. Grundlage für diese Entscheidungen ist das Islamgesetz von 2015.
Der türkischsprachigen Zeitschrift Perspektif teilte der Vorsitzende der Nizam-i Alem Moschee, Hacı Yağcı, mit, dass er die Schließung der Moschee aus den Medien erfahren habe. Nach den Aussagen von Yağcı habe die Moschee die Anerkennung seitens der IGGÖ angefordert, doch warte man vergeblich auf eine Antwort. Medienberichten zufolge habe IGGÖ-Präsident dem Kultusamt mitgeteilt, dass „diese Moschee keine IGGÖ-Moschee ist“. Herr Yağcı sei davon überzeugt, dass die Schließung mit der Anerkennung verhindert werden kann.
Indes weist die Arabische Kultusgemeinde die haltlosen Vorwürfe auf das Schärfste zurück. „Eingangs möchten wir festhalten, dass wir uns zu den Werten der österreichischen Gesellschaft und zur österreichischen Verfassung bekennen. Es liegt bis dato kein Auflösungsbescheid vor. Es überrascht uns, dass wir über eine Pressekonferenz, bzw. über die Medienberichterstattung darüber erfahren“, so die Kultusgemeinde.
Die Gemeinde habe vom Kultusamt am 02.05.2018 ein Schreiben mit mehreren Anfragen erhalten, auf eine umfassende Stellungnahme und Bitte der Konkretisierung habe sie bis zum heutigen Tag keine Reaktion seitens des Kultusamtes erhalten. Außerdem sei die in der Pressekonferenz mehrfach wiederholte Behauptung, die Kultusgemeinde verfüge über sechs Moscheen sei falsch. „Die Arabische Kultusgemeinde Österreich betreibt über 10 Moscheeeinrichtungen, wie auch in der Stellungnahme an das Kultusamt dargelegt wird“, heißt es weiter.
In einer Stellungnahme vom Sonntag hatte die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich die Moscheeschließungen und Imam-Ausweisungen aufs Schärfste verurteilt „Dies ist ein Affront gegen die Musliminnen und Muslime in Österreich“, heißt es in der Stellungnahme im Namen des Präsidenten Olgun. Die Regierung habe in der Pressekonferenz mehrmals betont, dass eng mit der IGGÖ kooperiert wurde, was nicht der Wahrheit entspreche. Man habe es „nicht einmal für nötig“ befunden, die IGGÖ vorab über die präsentierten Maßnahmen zu informieren. „Diese Vorgehensweise war jedenfalls nicht mit der IGGÖ akkordiert.“
Die Maßnahmen seien nicht zur Bekämpfung eines „politischen Islams“ geeignet, sondern bezweckten lediglich die Schwächung der Strukturen der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.
Angesichts der aktuellen Situation werde die IGGÖ laut Olgun folgenden Drei-Punkte-Plan umsetzen:
Am nächsten Tag veröffentlichte der IGGÖ-Vizepräsident Abdi Taşdöğen eine Stellungnahme, in der er dem Präsidenten der IGGÖ Ibrahim Olgun vorwirft, die aktuellen Moscheeschließungen initiiert und den Obersten Rat der IGGÖ hintergangen zu haben. Jetzt stelle sich die Frage, ob IGGÖ-Präsident Olgun höchstpersönlich den Antrag auf Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde beim zuständigen Kultusamt eingebracht habe?
Taşdöğen stütze sich dabei auf Angaben des österreichischen Kultusamtes, wonach Olgun der Behörde im August 2017 den Verdacht mitteilte, dass mehrere „Kultusgemeinden“ die Anforderungen des Islamgesetzes nicht erfüllen würden. Diesen hätte Olgun mit einem Erhebungsbericht belegt. „Insofern scheinen die oben genannten Anträge des Präsidenten sowie die Informationen, die vom Präsidialbüro dem Kultusamt überliefert wurden, letztlich zur Auflösung der Moscheen und der arabischen Kultusgemeinde geführt zu haben“, lautet nun der Vorwurf des Vize-Präsidenten. Vor diesem Hintergrund sei auch seine Empörung über die Moscheeschließungen und seine Stellungnahme hierzu unverständlich. Aus diesem Grund fordert er den Rücktritt Olguns.
In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung antwortet IGGÖ-Präsident Olgun auf die Vorwürfe und Rücktrittsforderung. „Die IGGÖ geht unter der Leitung von Präsident Olgun seinen gesetzlichen Verpflichtungen nach bestem Wissen und Gewissen nach und steht in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch im Austausch mit dem Kultusamt.“ Pflichtgemäß wurde dem Kultusamt formelle Mängel iSd Islamgesetzes betreffend die „Arabische Kultusgemeinde“ mitgeteilt. Ziel sei es Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und entsprechend korrigieren zu können.
Des Weiteren betonte der Präsident, dass die IGGÖ in keiner Form die Schließung von einzelnen Gebetsstätten beantragt habe und „im Vorfeld keinerlei Kenntnisse über die Schließungen der Moscheen und den Imam-Ausweisungen hatte“.
Die Schließung von Gebetsstätten könne nur „ultima ratio“ sein, die nicht mit Mutmaßungen, Formalitäten oder haltlosen Assoziationsketten begründet werden kann. Aus diesem Grund werde der Drei-Punkte-Plan in die Wege geleitet. „Viele dieser negativen Entwicklungen hätte man sich ersparen können, wenn die damaligen Verantwortlichen der IGGÖ, darunter auch der jetzige Vizepräsident bei der Entstehung des Islamgesetzes dessen Umsetzbarkeit und Auswirkungen im Vorfeld hinterfragt hätten. IGGÖ Präsident Ibrahim Olgun trat erst nach der Beschlussfassung des Islamgesetzes das Präsidentenamt der IGGÖ an“, heißt es weiter in der Erklärung.