Srebrenica

„Erschießen Sie keinen Klavierspieler“ – Srebrenica und seine Symbolik

23 Jahre nach dem Genozid in Bosnien dauert die Identifizierung der Toten noch immer an. Die Wunden des größten Kriegsverbrechens nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa sind bis heute nicht verheilt. Büşra Delikaya schreibt über Srebrenica und seine Symbolik.

12
07
2018
Srebrenica
Srebrenica und seıne Symbolik © Facebook, bearbeitet by iQ.

Ein Szenario legt sich zwischen meine Hirnwände, das sich mit dem Vernehmen bestimmter dreier Silben jedes Mal aufs Neue ausstreckt, mich und mein Tagdösen an gewissen Tagen dauerhaft begleitet. In diesem mentalen Schauspiel tanzt Gut und Böse aus der Reihe, Recht und Ordnung wirbeln bei ihrem Abgang noch mit dem letzten Staub einer Stadt der guten Tage. Dann bricht Hitze ein, zusammen mit einer Truppe, grün und geladen, mit Waffen in den Händen und Wahnsinn in den Augen. Sengende Sonnenstrahlen tanzen auf einer alten Batteriefabrik ihren letzten Aufgang, heute wird eine ewige Nacht in diesen Ort hineingetragen werden.

Aufeinander hockende Menschen warten auf Ungewisses, die Stimmung kaum benennbar. Verzweiflung und Furcht lugen aus jedem Winkel, sie mussten gespürt haben, was sie erwartet. Sie mussten gewusst haben, dass sie oder mindestens ihre Familien sterben werden. Wie muss sich das angefühlt haben?

Wahrscheinlich weinende Kinder, wahrscheinlich die Köpfe in die Schöße ihrer Mütter grabend, vermutlich alle Augen unentwegt auf den Blauhelmen haftend, nach Antworten wachend, harrten sie zwischen den kahlen Fabrikwänden aus. Der Tag schien womöglich unüberbrückbar bis die Nacht sie in eine Geräuschkulisse roher Brutalität einbettete. Ab und an kamen Schüsse, ab und zu Schreie, manchmal wurden Mädchen und Frauen mitgenommen, um unter eine spätere Ziffer der gezählten Massenvergewaltigungen zu fallen.

„Ihr braucht sie nicht mehr“

An diesen Tagen, da wurde versucht Schrecken zur Normalität zu formen. Gerechtigkeit wurde mit Füßen getreten, die Weltkugel über sie gerollt. Und dann wurden die Überbleibsel abgeschabt und das bisschen Restleben der Stadt unserer Weltgemeinschaft vorgeführt, um sie der Menschheit zu verfüttern, in dem Glauben lassend, es gäbe sowas wie Moral. In diesen Minuten, rings um die Enklave Srebrenica, fand ein Massaker statt, dessen Ausmaß Jahre danach anhalten sollte. Jungen und Männer wurden abgeführt, in Busse deportiert und absurd akkurat eingereiht. Die Jungen; sie waren teilweise 16, manche erst 10 Jahre alt. Es waren so viele junge Leben, so viele Kinder unter ihnen. Srebrenica wurde jegliches Anrecht auf Frieden genommen. Und was ist mit der Kindheit der Kleinen, die sich vor einer Bürde niedersanken, die konnte kein Ausgewachsener ansehen. Teilweise wird von Kindern berichtet, die sich niederknieten, um exekutiert zu werden. Was machen wir mit ihnen, ihrem Nachruf, ihrer unvollendeten Zukunft? Wie lässt sich so etwas jemals verarbeiten?

Diesen Jungen und etlichen Männern wurde vor Augen ihrer Mütter, Schwestern und Frauen befohlen, ihre Ausweise ins Feuer zu werfen, mit der Begründung: „Ihr braucht sie nicht mehr.“ In abgelegenen Orten Srebrenicas verteilt, wurden sie in abscheulicher Ordnung aufgestellt, in Reih und Glied, um anschließend nacheinander erschossen zu werden. Eine Exekution, wie ich es mir in dunkelsten Momenten nicht auszumalen vermochte, ein fein säuberlicher Akt von Unmenschlichkeit, den zu vergessen Mitschuld daran bedeuten würde.

Es ist in der Tat zwecklos die damalige Pein auch nur annähernd vor mein bildliches Auge zu zeichnen, kein Deut an Vorstellungskraft würde genügen, um sich in die damalige Lage Potočaris und Srebrenicas hineinzuversetzen, gar einzufühlen. Denn allein die Tatsache, dass 8372 unschuldige Menschen unter den Augen derer starben, die kamen, um sie zu schützen, den Frieden zu sichern, und dies nicht etwa vor 2 Jahrhunderten geschah, als man meinen könnte, die Menschen seien vor lauter Kriegsperioden der unsäglichen Barbarei verfallen, sondern vor 23 Jahren inmitten Europas, die reicht irgendwie doch aus, um sich im Dickicht der Fassungslosigkeit, des Unverständnis, der Wut wiederzufinden. Jenes Europa, das nun Vorbild für all die anderen Flecken der Erde sein soll. Das Europa, das seine vergoldeten Sterne auf seiner Flagge in selbstverständlicher Autorität über uns wehen lässt. Ein Kontinent, das sich als normative Richtlinie zivilisatorisch-bürgerlicher Werte dünkt. Viel mehr noch: Unser Europa, das mir vor 23 Jahren Heimat, ihnen vor 23 Jahren Grab wurde. Ich hatte das Privileg die Welt zu erblicken, fünf Monate bevor andere ihre zu schließen gezwungen wurden, einfach weil die militärische Generalität das so beschloss.

Srebrenica verstehen und begreifen

Es war das Jahr 1995, als ich auf eine Welt kam, die sich langsam rüstete, um für Tausende ein Massengrab zu werden, ganz in alter Manier. Ein Ort, der einen gesamten Kontinent im Morden übte und seine anderen mit vollkommener Passivität lähmte. Ich muss sagen, Srebrenica war schon immer mehr Gefühl statt Begriff für mich. Glasige Augen und schluckende Stimmen erzählten von einem Bruchteil des Leides, von einem Kriegsverbrechen, das auf globaler Schaubühne von Statten ging. Es berührte mich seit jeher auf eine Weise, wie sie es der Name Ruandas, Halabjas, Nankings oder Gazas tat. Jedes Mal da horchte ich bei dem Namen unwillkürlich auf, es jagt mir damals wie heute mit jeder seiner Silbe eine Gänsehaut hoch und ich halte auf den darauffolgenden Momenten inne, um die Qual, die dieser Begriff noch heute auf seinem Klang trägt, aufzufassen, zu halten. Ich wollte Srebrenica verstehen, ich wollte begreifen, was vor einer solch relativ kurzen Zeitspanne nur 1.300 km von mir entfernt geschah.

Während meiner Abiturzeit habe ich zum ersten Mal die Gelegenheit bekommen, in Form einer Präsentationsprüfung, mich mit diesem Thema intensive auseinanderzusetzen. Es war eine Chance, mich von allen Vorerzählungen abzunabeln, durch Nächte voller Augenzeugenberichte, Fotografien, Dokumentationen und Sekundärliteratur auf ein bewusst neutrales Feld zuzusteuern. Mich selbst in dieses Verbrechen hineinzufinden und auf persönliche Weise zu verarbeiten. Ich schaltete all die Emotionen mühselig aus, las mich in die komplexe Materie hinein, versuchte politische Kontexte mit regionaler Geschichte zu verbinden, Geopolitik mit geschichtlichen Hintergründen zu verknüpfen. Am Ende, als ich den letzten Punkt setzte, die letzte Probe der Präsentation durchführte und mein mäßiges Wissen sich nun eingebrannt hatte, da merkte ich, wie ich eine Wut und Trauer verspürte, die vorher nicht ansatzweise da war. All die außen vor gelassenen Emotionen, die ich zu unterdrücken versuchte – denn ich wollte ja Neutralität wahren, ich wollte auf wissenschaftlicher Basis erkennen – die kamen hoch und streiften meine Naivität ab.

Heute frage ich mich: Was nur hatte ich erwartet? Wie hätte ich angesichts der Bilder von so vielen Frauen, Kindern und alten Menschen, eingepfercht in Busse wie wertlose Ware, menschliche Würde jedem Einzelnen von ihnen auf grausamste Art abgesprochen, ein erhitztes Gemüt verhindern sollen? Wie hätte ich keine Tränen vergießen können, als ich über die Kinder, die aus den zahllosen Massenvergewaltigungen geboren wurden, las und als mich die Zahlen der vergewaltigten Mädchen und Frauen in ihrer Größe mental abschnürten. Die junge Frau, die sich an einem Baum erhängte, nachdem ein serbischer Offizier sie vergewaltigte und das Abbild ihres tragischen Schicksals in Form eines gebrochenen Frauenkörpers am Aste eines Baumes baumelnd, ließen mich tagelang nicht schlafen. Vielleicht, weil ich es immer wieder unentwegt anstarrte und mir dabei ausmalte, was für eine Person sie war, was ihre letzten Gedanken waren. Warum ich das tat, weiß ich nicht. Ich schätze, es ging mir wieder nur um das Begreifen.

„Ich bin bloß der Klavierspieler“

Und ich weiß noch, wie ungläubig ich das Video von dem Treffen Thomas Karremans‘ mit Ratko Mladić ansah, das unmittelbar vor dem Massaker stattfand, wieder und wieder auf meinem Monitor abspielte, bei jedem Mal auf eine andere Sache fixiert war. Aber ich kann mich bis heute nicht entsinnen, vielleicht aber auch nicht entscheiden, was mich damals mehr in Schockstarre versetzte. Der Blick von Karremans, dem Befehlshaber der niederländischen UN-Einheit „Dutchbat III“, seine jämmerliche Ergebenheit und devote Unterordnung, wie er dastand, einfach nur da stand, und einem Mörder in vollem Bewusstsein zuprostete, um verängstigt sein eigenes Leben zu sichern.

Oder Ratko Mladić, ehemaliger Oberbefehlshaber der bosnischen Serben, der ihm lachend versprach, ihn und seine Soldaten sicher zurück zu ihren Frauen und Kindern zu schicken. Hier ein unerbittlicher Mörder, der Menschenleben mit Macht aufwog. Dort ein jedem Buchstaben dieses Wortes gerecht werdender Feigling, der sich aus dem Weg zurückzog, um Platz für den Tod massenweiser Unschuldiger zu machen. Mladić beorderte den Tod, Karremans fügte sich dem. Sekt wurde für zur Hinrichtung Verdammte gehoben. Zwei klirrende Gläser, die das Schicksal von Tausenden besiegelten. Und ich, ich begriff noch immer nicht, vielleicht sogar noch weniger als vorher. Wie Augen in kaltblütiger Freude blitzen, wie ein Mund sich so enorm glaubhaft gelassen in verschmitztes Lachen formen konnte, wenn Leben auf dem Spiel standen. Tausende von Leben. In dem Video fiel aber ein Satz von vielen, der in seiner Symboltracht herausstach, mich fortan den unvorstellbaren Schrecken Srebrenicas nicht vergessen ließ:

„Ich bin bloß der Klavierspieler, erschießen sie keinen Klavierspieler.“
– Thom Karremans zu Ratko Mladić

Kein einziger Satz begegnete mir seitdem, der in seiner Banalität fähig war, so viel Sprachlosigkeit auszudrücken, diese Ungerechtigkeit zusammenzufassen. Sei es die Niedertracht der Blauhelme, die nun nichts anderes anvisierten, als das Erretten ihrer eigenen Haut und dies um jeden Preis erkämpften, wie eben auch mit jener dumpfen und fast schon flehenden Anmerkung Karremans. Oder die taktisch durchdachte Schwächung der niederländischen Soldaten und ihrem Befehlshaber, die Mladić systematisch und gleichzeitig unerschütterlich mit Geiselnahmen, Drohungen und dezidierten Forderungen, aber vor allem durch seine eiskalte Attitude heraufbeschwor. Wohl auch, weil er als apodiktische Obrigkeit der Streitkräfte all die Macht zugesprochen bekam, diese aufsog und sich seiner Stärke, die in falsche Hände gelegt wurde, überaus bewusst war. Er agierte, wie er fühlte: Hasserfüllt. Noch heute werden diese Hände reingewaschen und das an ihnen klebende Blut, mit patriotischem Propaganda übermalt. Einige seiner Landsleute, die sich vor seiner Festnahme im Jahr 2011 dafür aussprachen, seinen Aufenthaltsort geheim zu halten, stoßen auf unnachvollziehbar viel Zuspruch. Vor knapp drei Jahren erst, schrieb eine serbische Zeitung, es hätte dieses Massaker nie gegeben.

Mladić – Volksheld und Verbrecher

Über Mladić lässt und ließ sich nicht selten streiten. Auf der einen, kleineren Seite, da wurde er als verkannter Nationalheld und tapferer Volkskämpfer gefeiert, auf der anderen verflucht und gehasst. Doch eine Sache kann von keiner der beiden Standpunkte geleugnet werden: Ratko Mladić war gut in seinem Kalkül. Ein unerbittlicher Verbrecher, jeglichen Sinn für Menschlichkeit im Keim erstickend, Emotionen vom Weg räumend, nur mit roher Gewalt vertraut, nahm er in berechnendem Vorgehen Leben, als würde er vor einem Strategiebrett sitzen und Schiffe versenken. Gelassen und grausam. Empfindungslosigkeit und Gefühlsarmut trieben ihn an, mit hartgesonnener Mimik und als unmenschlich entpuppender Rhetorik an dem Urteilskennzeichen IT-09-92, das im Internationalen Gerichtshof für Verbreitung von Terror, Geiselnahme und Verbrechen gegen die Menschlichkeit steht, reuelos vorbeizuziehen. Ein Vater, der sich trotz des offensichtlich durch seine Tat erzeugten Selbstmordes der eigenen Tochter und ein Mensch, der sich im Schatten einer gigantischen Totenzahl wie 8372, unter der andere vermutlich zusammenbrechen würden, keiner Schuld bewusst ist – bei all den Verhandlungssitzungen gar als vorlaut und unsäglich beschrieben wurde, Aussagen wie „Ich bin Ratko Mladić, die ganze Welt weiß, wer ich bin“ und „Ich will eine ordentliche Verteidigung. Nicht bloß irgendeinen Mann“ traf, die die Dimension seines Geltungsdranges nur allzu gut erahnen lassen. Ratko Mladić– ein Monstrum, das einer krankhaften Profilneurose erlegen ist. Die Bürde, die er zu tragen lebt, ist für ihn allem Anschein nach nicht schwerer, als sein Gewissen taub ist.

Srebrenica ist offiziell Schauplatz eines blutigen Massakers, parallel aber auch einstiger Ort von verhandlungssicheren Uniformierten hinter verschlossenen Türen, die ihre Verantwortung ihrer Ämter unter diesen ließen und ein Fechtkampf um Leben und Tod, um Rettung und Mord ausführten. Lange hielt der Widerstand der UN-Soldaten nicht. Wenn er denn überhaupt da war, dann kaum merklich. Denn schon nach wenigen Monaten überließ die niederländische Truppe mit der Begründung, ihr Mandat und ihre Ausstattung reiche nicht aus, das von ihnen eigens als Schutzzone deklarierte Srebrenica, der bosnisch-serbischen Truppe. Die Dutchbat-Einheit forderte kurz vor dem Massaker unverzüglich Hilfe von Seiten der NATO in Form von Luftangriffen gegen die Armee Mladics ein. Diese wurde nach einem Mal und der darauffolgenden Drohung der serbischen Truppe eingestellt, all die internierten UNPROFOR-Soldaten, die als Geiseln festgehalten wurden, zu ermorden. Ein weiterer Versuch ernsthafter Intervention blieb bis zum Ende des Massakers aus, sodass die UN-Soldaten am 14. Juli nicht einen einzigen lebenden Bosniaken in Srebrenica auffanden. In der gesamten Stadt. Keine einzige Lunge, die atmete. Kein Mensch, der sich regte und kein Bewohner, der seines Lebens nicht beraubt wurde.

Tränen der Mütter Srebrenicas

So versagten meinen Gedanken die Stimme, mit jeder neugewonnenen Zahl und jedem erworbenem Fakt, meine Emotionen sprachen aber ohne Halt. Und ich wusste, ich war naiv zu glauben, am Ende Srebrenica und sein Leid wirklich verstehen zu können. Niemand wird das jemals können, niemals. Es sind nun 23 Jahre vergangen und noch immer suhlt sich die UN in Schmach. So viele Jahre des Hin-und-Hers gebaren nichts, als gescheiterte Resolutionen, wie die Srebrenica-Resolution damals, und das ausgerechnet kurz vor dem 20. Jahrestag. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag klassifizierte das Massaker als Völkermord, das UN-Kriegsverbrecher-Tribunal für das frühere Jugoslawien bestätigte dieses Urteil und Großbritannien brachte den Entwurf für die UN-Resolution ein. Russland hingegen weigerte sich dem zuzustimmen und legte Veto ein. Just missglückte die Resolution. Ein erneuter Rippenstoß für die internationale Gerechtigkeit, ein gewaltiger Schlag für die Hinterbliebenen.

Die Tränen der Mütter Srebrenicas sind in diesen Jahren nicht um ein Maß getrocknet, ihr Schmerz nicht um einen Grad gemildert, ersehnten sie nach ihren unwiderruflichen Verlusten nur nachträgliche Gerechtigkeit für etwas, das ohnehin hätte nie passieren dürfen. Gerechtigkeit ist also nur Mindestanforderung für Menschen, die teilweise ihre ermordeten Angehörigen nicht einmal beerdigen lassen konnten, weil die Überreste nicht auffindbar waren. Und sie waren auch dort, mitten im Krieg. Auch das darf nicht vergessen werden. Neben den Opfern, lebten auch die Überlebenden all die Kriegsstunden mit, wurden unfreiwillig zu Zeugen des Untergangs ihrer Stadt. Bis heute müssen sie neben dem Tod ihrer Nahestehenden, auch die Bilder eines Genozids verarbeiten.

Ich setzte nie einen Fuß auf die Erde Bosniens, trotzdem liebe ich sie, wie die Erde meiner Heimat. Einfach weil die Stärke, mit der die neue Generation die grauenvolle Geschichte ihres Landes verarbeitet, eine Tugend ist, die ein großes Bestreben ist. Aber auch der würdevolle Umgang dieses Volkes mit den Opfern des Massakers jedes Jahr, formte sich für mich zu einem allgegenwärtigen Mahnmal. Wie das heutige Srebrenica, das heutige Bosnien, die Mütter Srebrenicas mit ihrer Geschichte umgehen, das zeugt von Edelmut, von tiefer Verbundenheit, deren Mangel unsere Gesellschaft in einen Zustand lockt, der eben Gräueltaten wie die in Srebrenica zuließ und es heute noch, zum Beispiel in Syrien, zulässt.

Von Srebrenicas Schicksal lernen

Ich weiß, ich war naiv zu glauben, ich wäre fähig, Srebrenica zu verstehen. Zu begreifen, welches Ausmaß das Leid noch heute trägt. Doch ich versuchte. Und das allein genügte, um in Schwermut zu versinken. Und trotzdem irgendwie zu begreifen, auf eine Art und Weise, die mit Emotionen spricht. Die bosnisch-serbische Truppe hat nicht allein die Schuldlast zu tragen, die Vereinten Nationen und all die stummen Staaten, können sich unter die Schwere dieses Vergehens stellen. Srebrenica wird noch viele weitere Jahre seine Toten bergen, die Angehörigen ihre Familienmitglieder identifizieren müssen. Potočari wird viele weitere Begräbnisse aushalten und viele Mütter weitere Tage ohne ihre Söhne verbringen müssen. Und die Steintafel, die zum Gedenken der Opfer des Völkermordes errichtet wurde, ist gezwungen, bis zum Ende der weltlichen Existenz all die Namen der Getöteten in sich gemeißelt zu tragen. Welcher Stein verdient das?

Nichts ist fähig, diesen Schmerz vergänglich zu stimmen und es würde wohl an Ignoranz grenzen, zu glauben, es könnte. Aber wir können viel lernen, als Gesellschaft und als Weltgemeinschaft, können wir unendlich viel von Srebrenicas Schicksal und vor allem dem Umgang der Hinterbliebenen damit lernen. Es bleibt wohl nur noch zu sagen: Ich würde alles geben, Srebrenica ungeschehen zu machen.

 

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@grege (31.07.18, 21:15) - "Mladic & Co pflegten dieselbe Denkweise." (grege) Das ist korrekt und die Folge eines solchen Denkens haben Sie auch treffend charakterisiert. -- "In dem abgrundtiefen Hass von Muslimen gegen den Westen..." (grege) Das ist ein Klischee. Einen abgrundtiefen Hass gegen den Westen pflegen nur djihadistische Terroristen. Und die sind eine Minderheit. Was allerdings ausgeprägt ist, das ist ein tiefes Misstrauen gegen die westliche Politik. Dazu haben die Muslime aber spätestens seit 1916 (Sykes-Picot-Abkommen) und 1948 (UN-Teilungsplan, der zur Gründung des Staates Israels führte) auch allen Grund. In beiden Fällen wurden sie nicht gefragt. Und das sind nur die beiden prägnantesten Fälle, wo die Muslime des Nahen Ostens vom Westen geleimt wurden. Es ließen sich noch mehr Beispiele anführen. Und Schreibers Moschee-Report sollte man nun wirklich nicht überbewerten. Die paar Moscheen, di er besucht hat, sind nicht repräsentativ. Was übrigens auch Schreiber selbst erfreulicherweise immer wieder betont. Was bei manchen Schreiber-Fans aber leider nicht so ankommt. Die leiten aus Schreibers Report eine flächendeckende Radikalisierung von Moscheen ab. Wer heute noch versucht, in Moscheen Kämpfer für den Djhad zu gewinnen, der ist nicht auf der Höhe der Zeit. Das ist viel zu umständlich und viel zu gefährlich. Die Rekrutierung findet heute im Internet statt. Das ist viel effektiver und vor allem viel unauffälliger. Kürzlich sah man das in einer interessanten Reportage im TV. 2 Mädels waren urplötzlich aufgebrochen zum "Djihad" Richtung IS in Syrien. Die Eltern waren wie vom Donner gerührt. Die Auswertung ihrer PCs ergab, dass sie monatelang in gewissen Chatrooms unterwegs waren und online rekrutiert wurden. Gemerkt hat niemand etwas. Am allerwenigstens die Eltern. Darauf-- auf Internet-Prävention-- muss man künftig den Fokus legen. Und nicht auf Moscheen.
02.08.18
6:06
grege sagt:
@ Herr Disch die Begrifflichkeiten werden unklar. Reden Sie von zerfallenen Staaten, zu denen beispielsweise die ehemalige Tschecheslowakei gehört, oder gescheiterte Staaten, wie beispiels Libyien, wo die zentralstaatliche Gewalt zusammengebrochen ist? Wenn Sie gescheiterte Staaten meinen, ist Tschechien hier ohne weiteres auszuklammern. Zudem ist nicht die Anzahl der Volksgruppen entscheidend sondern, deren Verhältnis und Einstellung zueinander. Wenn die eine wie die serbische ihre Vormachtstellung schwinden sieht, aber durch entsprechendes Zündeln beibehalten möchte, ist Blutvergießen vorgrammiert. Der islamische Extremismus beschränkt sich nicht nur auf den Nahen Osten sondern auf nahezu alle islamisch geprägten Länder sowie Ländern mit einem hohen Anteil muslimischer Migranten, wie z.B. auch Deutschland. Zudem schritt der islamische Extremismus auch in den neunziger Jahren, als Iran und Saudi-Arabien sich soweit annäherten, dass ihre Rivalität bereits beinahe beigelegt schien. Daher kann dieser Konflikt nicht die Hauptursache darstellen, sondern eher ein innerislamischer Konflikt, der von Konflikten mit andern Kulturen und Religionen zu unterscheiden ist. Sie sagen, die Probleme müssen im innern gelöst werden, ich sage, Muslime müssen die Probleme selber lösen. Naja bei der Sichtweise liegen wir gar nicht so weit auseinander. Das kann aber nur geschehen, wenn führende Muslime endlich ihre Fehler nicht bei anderen suchen, wie dem "bösen Westen" oder den Zionisten, teilweise sogar auf Basis absurdester Verschwörungstheorien, sondern bei sich selber. Hierzu eignet sich wunderbar die Selbstkritik, die leider von vielen Muslimen und Islamverstehern als islamfeindliches Teuefelszeug missverstanden wird. Hier wird verkannt, dass Kritik ein hervorragendes Instrument darstellt, mit dem man die Stärken und Schwächen von sich selber sowie anderer analysieren und folglich Verbesserungsmaßnahmen ableiteten kann. Dazu gehört, dass das kritische Hinterfragen von Glaubeninhalten und deren Auslegung eine Selbstverständlichkeit darstellen muss, die schon in allein in Deutschland nicht vorhanden ist, wenn Islamkritiker oder reformorientierte Muslime wie Hr. Korchide um ihr Leben fürchten müssen und konservative Islamverbände Kritik aufgrund mangelnden Toleranzverständnis mit Feindseeligkeit gleichsetzen und Korchide ebenso die Ausübung der Professur verweigern wollten.
04.08.18
18:51
grege sagt:
Die Abneigung vieler Muslime gegenüber dem Westen, anderen Religionen (hier insbesondere das Judentum) ist durch diverse Studien global bestätigt, genau diese Erfahrungen habe ich ebenso in meinem privaten Umfeld gemacht. Noch heute bin ich über das hasserfüllte Denken vieler muslimischer Studenten aus dem Ausland schockiert, was ich damals erleben durfte. Dass die Abneigung insbesondere gegenüber dem Westen grundflasch ist, habe ich bereits mehrfach gesagt. Daran ändert auch nicht die Tatsache, dass die Muslime "NUN MAL SO" denken, das macht den Unterschied zu Mladic und Co nicht geringer, die ebenso auf irgendwelche alten Kamellen in der Geschichte von türkischen Besatzung verweisen und damit ihre Greueltaten begründet haben. Das Sykels-Picot Abkommen von 1916 war eine bilaterale Übereinkunft zwischen 2 einzelnen einzelnen, westlichen Staaten, was widerum von Deutschland als Kriegsgegener und einem anderen Staat der heutigen westlichen Weltmilitärisch mitbekämpft worden. Dem Teilungsplan der UNO haben auch nichtwestliche Staaten zugestimmt, hier z.B. auch der gesamte Ostblock unter der Federführung der damaligen Sowjetunion. In beiden Fällen ist es also völlig absurd, den "WESTEN" als monolithischen Block eine Kollektivschuld anzulasten. Die Gründe für Misstrauen oder gar Hass gegenüber dem "WESTEN" in der Geschichte zu suchen, ist lezttlich nur vorgeschoben. Eher ist hier die Frustration über die eigene missliche Lage maßgeblich, für die man einen Sündenbock benötigt, auf den man die ganze Schuld abwälzen kann. Dieses Verhalten sind nimmt schon ambivalte Züge an, wenn einerseits der gesamte WESTEN für miltitärische Inteverntionen und militärische Enthaltsamkeit gleichermaßen verantwortlich gemacht wird. Muslime sollten sich eher darauf besinnen, die Verantwortung für ihren desolaten Zustand im Hier und Jetzt bei sich zu suchen und außenstehende einfach mal als solche zu behandeln, alles andere führt zu nichts.
05.08.18
8:19
grege sagt:
"Und Schreibers Moschee-Report sollte man nun wirklich nicht überbewerten. Die paar Moscheen, di er besucht hat, sind nicht repräsentativ. Was übrigens auch Schreiber selbst erfreulicherweise immer wieder betont. Was bei manchen Schreiber-Fans aber leider nicht so ankommt." Die Erkenntnisse von Schreiber sind kein überraschender Befund. Bereits in der Vergangenheit hat es bereits diverse Hasspredigten in Moscheen gegeben, sogar - und das ist das wirklich schlimme - in Moscheen von solchen Verbänden, die zu IGMG und DITIb und damit zum KRM gehören, der als Ansprechpartner für Bund und Länder fungiert. Auf lokaler Ebene, hier sogar in Ruhrgebiet, hat es ähnliches gegeben, wo sogar der Terrorist Amri aufgetreten ist. Entscheidend ist also weniger die Anzahl dieser Moscheen, sonderen eher deren Verbandsmitgliedschaft. In enigen Moscheen, die Schreiber aufgesucht hatte, waren sogar Flüchtlinge anwesend. Wenn diesen in den Predigten dann Abwertunung gegenüber der aufnahmewilligen Gesellschaft eingeflösst wird, wird deren Integration nicht gerade bepflügelt, sehr gelinde ausgedrückt. Besonders alarmierend ist wieder einmal die Reaktion der Islamverbände. Anstatt diesen Misstand anzugehen, wird dieser mit flankierender Unterstützung vo einzelnen Islamverstehern als Einzelfall bagatellisiert und man suhlt sich hier wieder in der Opferrolle von medialen Zerrbildern und bösen Islamfeinden. Dieser Fall kann als typisches Beispiel für mangelnde Selbstkritik und Abwälzung von Schuld auf außenstehende gewertet werden.
05.08.18
8:44
grege sagt:
"Darauf-- auf Internet-Prävention-- muss man künftig den Fokus legen. Und nicht auf Moscheen." Der islamische Exremismus ist nicht nur in irgendwelchen djihadistischen oder salafistischen Randgruppen verortet, sondern leider auch in der breiten Masse, was in Analogie zum Rechtsextremismus eine wesentlich größere Gefahr dargestellt, Hier haben die Moscheen sehr wohl eine Verantwortung, gegen dieses extremistische Gedankengut anzugehen, da sich in den Gemeinden die Muslime begegnen. Wenn hier allerdings extremistisches Gedankengut gepredigt wird, wird genau der gegenteilige Effekt erreicht. Solange die die Verbände des KRM sich von extremstischen Gruppierungen nicht distanzieren, weiterhin "problematische Predigten" zulassen, wird zu Recht Misstrauen und Skepsis im nichtmuslimischen Umfeld bestehen bleiben. Muslime, hier insbesondere die führenden innerhalb des KRM, sollten zur Abwechslung auch mal überlegen, wieso Vertrauen und Sympathien im nichtmuslimischen Umfeld gewinnen können. Dafür reichen Maßnahmen, wie den Tag der offenen Moschee am 3. Oktober, nicht aus...
05.08.18
8:54
Johannes Disch sagt:
@grege (05.08.18, 8:54) -- "Der islamische Extremismus ist nicht nur in irgendwelchen djihadistischen oder salafstischen Randgruppen verortet, sondern leider auch in der breiten Masse." (grege) Das ist schlicht falsch. Die meisten bei uns lebenden Muslime akzeptieren und schätzen die Demokratie. Auch dazu gibt es genügend Studien. Koopman verwendet den Begriff "fundamentalistisch", was nicht unproblematisch ist. "Fundamentalismus" ist eine sehr unpräzise Kategorie. Ein fundamentalistischer Muslim ist nicht zwangsläufig ein Extremist, genauso wenig wie en Salafist. Die Koppman-Studie ist nicht repräsentativ, wie Ferda Atamann nachweist. Die Koopman-Studie hat eklatante methodische Mängel. Dementsprechend sind natürlich dann auch die Schlussfolgerungen. Die methodischen Mängel der Koopman-Studie sind so eklatant und so offensichtlich, dass sich einem ausgebildeten Sozialwissenschaftler-- und der bin ich-- die Haare sträuben. Aber mit so ner Studie schafft man es natürlich zu Frank Plasberg in "Hart aber fair." -- Zur Kritik an der Koopmann-Studie siehe: "Umstrittene Studie: Zwei Drittel der Muslime sind fundamentalistisch-wirklich?" ("Mediendienst Integration", 30.06.2015)
06.08.18
13:30
Johannes Disch sagt:
@grege Auf die Schwächen der Koopman-Studie habe ich bereits hingewiesen. Der jüngste Bericht des Verfassungsschutz zählt 750 islamistische Gefährder. 750 bei 5 Millionen Muslimen. Das liegt im Promillebereich. Wenn man aber konstatiert, der islamische Extremismus wäre bis weit in die Mitte der islamischen Community verbreitet, dann wird aus Muslimen ganz schnell eine Problemgruppe. Deshalb ist es auch so wichtig, präzise mit den Begriffen umzugehen. Ein fundamentalistischer Muslim ist nicht zwangsläufig ein Extremist. Das gilt ebenso für einen Salafisten. Muslime müssen Vertrauen im nicht-muslimischen Umfeld gewinnen? Ach, Muslime tun seit Jahren eine Menge, um Radikalisierung vorzubeugen. Sie distanzieren sich in Stellungnahmen vom Extremismus/Terrorismus, etc. Sie gehen damit nur nicht jede Woche in ne Talkshow. Zudem wäre das für die meisten Islam-Skeptiker eh vergebens. Bei der nächsten Radikal-Predigt in irgendeiner Hinterhof-Moschee rufen die Islam-Skeptiker doch gleich wieder: "Haben wir es doch schon immer gewusst! Den Muslims ist nicht zu trauen!" Integration wird hier seit Jahren zu einem Problem gepusht. Dabei läuft es in Deutschland alles in allem gut mit der Integration (von Muslimen).
06.08.18
13:51
Johannes Disch sagt:
@grege Das Sykes-Picot-Abkommen ist der Sündenfall in dieser Region. Darauf gehen alle Probleme zurück, die diese Region heute hat. Das ist eine unter seriösen Historikern eine unumstrittene Tatsache. Der zweite Sündenfall war der UN-Teilungsplan mit der Gründung des Staates Israel, wobei die Araber nicht gefragt wurden. Der dritte Sündenfall war der Sturz des demokratisch gewählten iranischen Präsidenten Mossadegh durch die CIA. Der vierte Sündenfall war der überflüssige und politisch dumme Einmarsch der USA in den Irak 2003. Ganz abgesehen davon, dass er völkerrechtswidrig war. Wenn sogar eine ausgewiesene Expertin und Praktikerin wie Condoleeza Rice der amerikanischen Nahostpolitik ein so verheerendes Zeugnis ausstellt, dann darf man davon ausgehen, dass die westliche Nahostpolitik sehr wohl ihren Anteil an den Zuständen dort hat. -- "Mein Land, die USA, haben in dieser Region hier im Nahen Osten 60 Jahre lang Stabilität auf Kosten der Demokratie verfolgt - wir bekamen weder das eine noch das andere." (Condi Rice in einem Interview 2005) Die USA zusammen mit der "Koalition der Willigen", muss man hinzufügen (Das bezieht sich auf den Irak-Krieg 2003). Und von wegen, es wären hauptsächlich innerislamische Ursachen und die Politik des Westens hätte wenig Anteil daran: Der islamistische Terror grassiert auch in Afrika. Gegenüber Afrika betreibt grade die EU eine zutiefst unfaire Handelspolitik. Wir schotten uns ab vor den Waren der afrikanischen Staaten. Wir verwehren ihnen durch Zölle und andere Instrumente den Zugang zum europäischen Markt. Gleichzeitig überschwemmen wir den afrikanischen Markt mit unseren subventionierten Produkten und machen damit die einheimischen Märkte kaputt. Fliehen diese Leute dann aber nach Europa, weil sie zu Hause dank unserer Handelspolitik nix mehr zu fressen haben, dann lassen wir sie im Mittelmeer ersaufen. Und denen, die es doch noch schaffen, die fragen wir dann: Wirklich politisch verfolgt oder vielleicht doch "nur" "Wirtschaftsflüchtling"?" Dass der Grundkonflikt dieser Region der ist zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran, das ist seit 1979 eine Tatsache. In jedem guten Handbuch über den Nahen Osten finden sie das. Wirklich angenähert hatten die beiden sich nie. Das ist auch nicht möglich, da Sunna versus Schia der konfessionelle Grundkonflikt im Islam ist. Da gibt es kein Dazwischen und auch keinen Kompromiss. Entweder führt das sunnitische Saudi-Arabien diese Region oder der schiitische Iran. Seit der schiitischen Revolution im Iran 1979 versucht Saudi-Arabien den Einfluss Irans wieder einzudämmen. Mit wechselndem Erfolg. Der Zerfall des Irak-- verursacht durch den völkerrechtswidrigen und politisch dummen Einmarsch der USA 2003-- hat dem Iran Vorteile verschafft. Der Begriff "gescheiterte Staaten" ist keineswegs unscharf. Wie bei der Kategorie "Der Westen" ist im Fach "Internationale Beziehungen" auch der Begriff "failed State" klar definiert. "Gescheiterte Staaten"/ "Zerfallende Staaten" sind in dieser Region aktuell Libyen, der Irak, der Jemen und Syrien. Es könnten noch einige dazu kommen. In Afrika können vor allem Somalia und die Zentralafrikanische Republik als "failed States" gelten. Und in Mali sieht es auch nicht gut aus. Wie gesagt, so ziemlich jeder Experte, der sich mit der Region Naher Osten auskennt, geht davon aus, dass uns das ganze noch 1 bis Jahrzehnte beschäftigen wird. Ausgang ungewiss. Was man ebenfalls nicht vergessen darf: Djihadistsche Islamisten wenden sich nicht nur gegen den Westen. Mit "Hass auf den Westen" springt man zu kurz. Islamisten bekämpfen den Nationalstaat. Also auch die Staaten des Nahen Ostens. Sie erkennen keine nationalstaatlichen Grenzen an. Statt vom Nationalstaat träumen sie von einer weltumspannenden "Umma" ("Gemeinschaft aller islamisch) Gläubigen"). Erinnern Sie sich, was das erste war, was der IS tat, als er die Grenzen nach Syrien und dem Irak überschritt? Es war schön im TV zu sehen. Sie rissen die Grenzzäune nieder. Sie rissen die Grenzschilder raus. Ein deutliches Signal: Die durch das Sykes-Picot-Abkommen gezogenen Grenzen gelten nicht mehr! Es gelten überhaupt keine Staatsgrenzen mehr! Es ist ein wirklich komplexes Problem aus verschiedenen Konflikten: Ethnische, religiöse, identitäre, regional-politische, geo-politische Faktoren. Mit "islamischer Selbstkritik" kommt man da nicht sehr weit. Jeder (Bürger)Krieg geht einmal zu Ende. Entweder, in dem die eine Seite die andere besiegt oder indem die Region vor Erschöpfung ausblutet. Für den Nahen Osten tippe ich auf letzteres Szenario. Und wie lange das noch dauern wird und was danach kommt, das kann jetzt wirklich noch niemand sagen. Und bis dahin werden wir noch eine Menge Flüchtlinge aufnehmen und integrieren müssen. Das ist eine Jahrhundertaufgabe. Eine, die Europa dringend schaffen muss. Und der "Masterplan" von "Heimat-Horst" ist dabei so gut wie irrelevant. "Heimat-Horst" ist noch nicht einmal in der Nähe der Probleme. Von solchen Flaschen werden wir inzwischen regiert, die den Leuten weismachen, mit einem "Masterplan" und einigen "Ankerzentren" könnten wir das Flüchtlingsproblem lösen. Das Problem wird uns noch beschäftigen, wenn der "Heimat-Horst" längst in Pension ist und sich keine S** mehr an seinen "Masterplan" erinnert.
06.08.18
17:03
Johannes Disch sagt:
@grege Sie haben sicher die Sanktionen mitbekommen, die die USA gegen den Iran beschlossen haben?? Wenn der Iran auseinanderfällt, dann war alles, was wir seit dem syrischen Bürgerkrieg da unten erlebt haben, ein Kinderspiel. "Muslimische Selbstkritik" hilft da nicht. Wie gesagt, der Westen hat eine Menge Anteil am augenblicklichen Zustand des Nahen Ostens. Sei es die unfaire Handelspolitik der EU oder de unselige Nahost-Außenpolitik von Donald Trump.
07.08.18
1:37
grege sagt:
Ach, Herr Kooopman taugt auf einmal nicht mehr? Merkwürdig, in einem früheren Ihrer Treads von vor weniger als einem Vierteljahr wurde der Koopmann von Ihnen noch als „Guter“ bezeichnet, das ist aber ein rasanter Abstieg dieses Mannes in Ihrer Gunst. Die 3 Punkte, mit denen Ataman die Kritik an mangelnder Repräsentativität von Atamann klingt alles andere als überzeugend, eher ein hilfloser Versuch, die heile Multikulti Welt zu retten. Ebenso obsolet ist der Einwand von Cas Muudde, der sich über den hohen Christenanteil unter den Befragten wundert, was eher irrelevant ist, da eine Verschiebung dieses Anteils keine Auswirkung auf die Unterscheidung zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zur Folge gehabt hätte. Auf die Kritik von Daniel Bax, der mit seiner gewohnten Oberflächlichkeit offenbar wieder an seine intelektuellen Grenzen stößt, will ich gar nicht drauf eingehen. Selbst der von Atamann zitierte Wissenschaftlicher Ruiters kritisiert im wesentlichen die Darstellung der Ergebnisse, gibt aber zugleich zu, dass die Studie professionell gemacht wurde, was im Einklang mit der Aussage steht, dass Koopmanns quantitative Erhebungsmethoden in der Fachwelt einen guten Ruf genießen. Die harsche Kritik orientiert sich eher an den Ergebnissen der Studie und an den provokant empfundenen Sichtweisen von Hr. Koopmann in Punkto Migration und Islam. Der Mann macht mir richtig Spaß, der sich eben nicht ideologisch verbiegen ließt, sondern konsequent seine eigene Grundsätze beherzigt. So ist es kein Zufall, dass er den niederländischen Grünen den Rücken gekehrt, deren damaliger Fraktionsvorsitzender die satanische Verse verbieten wollte. Koopman hat sehr wohl die fundamentalistische Einstellung vieler Muslime an harten Kriterien festgemacht, wie deren Einstellung zur Demokratie, Juden, Homosexualität und anderen Religionen. Dieses Gedankengut, was bei einer Vielzahl von Muslimen eben doch in der Masse auftritt, liefert natürlich das perfekte Rüstzeug für die militanten Randgruppen. Wie ich schon am Beispiel des Rechtsextremismus mehrfach betonte, sind nicht die paar Skinheads das Problem, sondern die Vertreitung von rassistischem / extremistischem Gedankengut in der Bevölkerungsmitte, die „Absaufen“ rufen oder brennende Asylheime beklatschen. Und analoges extremistisches Gedankengut ist sehr wohl innerhalb einer breiten Masse von Muslimen hierzulande verankert. Dieser Befund deckt sich mit der feindseeligen Haltung vieler Muslime mit Islamkritikern, mit antisemitischen Vorfällen, Hasspredigten und extremistischen Vorfällen innerhalb von Verbänden, die - das man gar nicht oft genug erwähnen - von unseren Behörden auch noch als Ansprechpartner hofiert werden. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte Herr Heitmeyer, der eine ähnliche Studie mit türkischstämmigen Jugendlichen als Betrachtungsgegenstand gegen Ende der 90er durchgeführt hat, mit denselben geradezu harschen Folgereaktionen aus dem Milieue von Islam- und Migrationsverbänden und Islamverstehern. Komischer Weise blieb die Kritik an der Erhebungsmethodik von Hr. Heitmeyer seitens dieser Gruppen im Zusammenhang mit Studien, die sich auf den Rechtsradikalismus bezogen haben, aus. Gerade Herr Heitmeyer, der 1992 nach dem damaligen Ayslkompromiss die SPD verlassen, wird seine Studienergebnisse nicht leichtfertig veröffentlicht haben. Ebenso besteht Deckungsgleichheit mit von Ihnen gerne zitierten Tibi, der behauptet hat, über 90 % der hiesigen Muslime leben in Parallelgesellschaften. Aber leider Gottes hat man sich in diesem Land an dem Zustand gewöhnt, dass erdrückende Tatsachen durch ideologische Verblendung schlichtweg negiert werden und eher in mittelalerterlicher Marnier dem Boten angelastet werden. Islamverbände und einige Islamverstehen beeindrucken hier besonders und sollten ihre Energie lieber anderweitig verwenden…..
09.08.18
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