In Niederösterreich soll nur noch koscheres Fleisch an Juden und Jüdinnen verkauft werden, die eine entsprechende Genehmigung mitbringen. Aus Tierschutzgründen sei das Schächten von Tieren generell abzulehnen.
In Niederösterreich soll künftig der Export von koscher geschlachtetem Fleisch verboten und auch der Zugang zu koscherem Fleisch massiv eingeschränkt werden. Ohne diese koschere Schächtung können Menschen, die dem jüdischen Glauben angehören, nicht den Vorschriften ihrer Religion folgen. Es wurde teilweise in einigen europäischen Ländern verboten und bei vielen gehört es zu den Tagespunkten. Dieses Verbot bahnt sich jetzt auch in Österreich an.
Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, berichtet am Montag, dass man ab Herbst 2018 nur noch mit einer namentlichen Erfassung koscheres Fleisch kaufen dürfe.
Am Dienstag wurde in der Abteilung für Tierschutz das Bestehen eines solchen Erlass-Entwurfs bestätigt. Es sei aber noch nicht rechtskräftig. Bei der Stellungnahme des Landesrats Gottfried Waldhäuser heißt es, dass „aus der Sicht des Tierschutzes eine Schächtung abzulehnen“ sei. „Alles was gesetzlich möglich ist, um das Schächten einzudämmen“ lasse man nun prüfen.
Auch wird geprüft, ob der „Bedarf des Fleisches an den Wohnsitz gekoppelt werden könne“. Man sei in „Niederösterreich nicht dazu da, um den Wienern das geschächtete Fleisch zur Verfügung zu stellen“, so Waldhäuser.
Die IKG Wien kritisiert den Erlass-Entwurf sehr. Man könnte nicht mehr mit Gästen, die ebenfalls jüdisch sind, zusammen kochen. Das soziale Leben würde darunter leiden, berichtet die IKG. „Es gibt Menschen, die sich das ganze Jahr über nicht koscher halten, aber zu Pessach schon. Es gibt Menschen, die im Restaurant nicht koscher, aber vegetarisch essen, und zu Hause einen koscheren Haushalt führen. Es gibt Menschen, die grundsätzlich nur beim Fleischkauf auf koschere Schlachtung achten, nicht aber zum Beispiel bei Milchprodukten. Der Alltag von Menschen lässt sich nicht in Schwarz-Weiß-Rastern abbilden“, so Oskar Deutsch.
Solch eine Regelung würde laut Deutsch gegen den Datenschutz verstoßen. Auch vergleicht Deutsch das koschere Schächten mit der muslimischen Halal-Schlachtung. Der Schlachtungsvorgang zwischen beiden Religionen bei den Tieren sei zwar nicht identisch, doch Ähnlichkeiten bestünden. Daher vermutet Deutsch, dass auch das Halal-Schächten der Muslime eingeschränkt werden könne.
Das Schächten sei ein brutales und unnötiges Vorgehen findet die Liste-Pilz Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger. „Zum einen sollte jedem klar sein, dass der Tierkadaver auch nach dem Schächten noch Blut enthält“, so Holzing. Es würde nicht den vorgeschriebenen Regeln des Schächten, woran sich die Juden und Muslime halten, zutreffen. Es dürfe nichts vor dem Tierwohl und dem Tierschutz stehen, auch nicht um die rituellen Zwänge zu befriedigen, gibt Holzing wieder. Man lebe schließlich im Jahr 2018. Daher solle man die Gesetzte der Tierhaltung erweitern und verstärken. Die Liste Peter Pilz ist eine Wahlpartei, die bei den Wahlen zum Österreichischen Nationalrat im Oktober 2017 antraten. Die Liste wurde vom ehemaligen Grünen-Abgeordneten Peter Pilz gegründet.
„Anstatt den Tierschutz bundeseinheitlich weiter zu entwickeln und jede Form unnötiger Tierqual beim Fleischgewinnungsprozess nachhaltig abzustellen, prescht ein niederösterreichischer FP-Landesrat vor- mit beiden Beinen im anti-semitischen und anti-islamischen Fettnapf!“, beschwert sich Daniela Holzinger in ihrer Stellungnahme. Holzing kündigt für den kommenden Herbst eine breit angelegte parlamentarische Tierschutzinitiative an. Es reiche nicht, unter den Deckmäntelchen des Tierschutzes unliebsame Volksgruppen und Migranten zu schikanieren.
Die IKG Wien bemühe sich weiterhin, diese neuen Vorgaben nicht in der Politik salonfähig werden zu lassen. Es seien Briefe an die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leiter geschickt worden und auch der Bundeskanzler Sebastian Kurz wolle sich mit dem IKG- Präsidenten Deutsch zusammensetzen. Auch berichtet die IKG, dass der Fall vor Gericht enden würde, wenn der Beschluss bestätigt wird. Allerdings sei diese Maßnahme mit hohen Kosten verbunden und würde viel Zeit in Anspruch nehmen.
Integration bedeute nicht Assimilation, so Deutsch. Dies gelte weder für Juden und Jüddinen, noch für Muslime und Musliminnen.