Diskriminierung

Apotheke lehnt PTA mit Kopftuch ab

Die PAM-Apotheke in Obertshausen lehnt die Bewerbung einer kopftuchtragenden Muslimin auf diskriminierender Weise ab und löst somit einen Shitstorm im Netz aus.

26
07
2018
Apotheke Mehtap Özkaya-Başaran erhält Absage wegen Kopftuch © Facebook, bearbeitet by IslamiQ.
Mehtap Özkaya-Başaran erhält Absage wegen Kopftuch © Facebook, bearbeitet by IslamiQ.

Eine PAM-Apotheke in Obersthausen lehnt eine muslimische Bewerberin für eine Arbeitsstelle, nur wegen ihres Kopftuchs, ab. Die Antwort des Apothekeninhabers auf die Bewerbung von Mehtap Özkay-Başaran löst in den sozialen Netzwerken einen Shitstorm aus.

Die Muslimin wollte sich um die Stelle als Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) in der Apotheke bewerben. Özkay-Başaran habe schon vier Jahre in diesem Bereich gearbeitet. Doch statt einer üblichen Rückmeldung, habe sie von dem Inhaber, H.J. Weigand, eine diskriminierende Antwort in einem herablassenden Ton erhalten.

Auf Facebook schilderte Özkay-Başaran den Vorfall folgendermaßen:

Ich habe mich letzte Woche bei der PAM Apotheke in Obertshausen als PTA mit 4-jähriger Berufserfahrung in Obertshausen beworben. Daraufhin bekam ich einen Anruf von dem Besitzer der PAM Apotheke. Er hat sich gewundert, dass ich gut deutsch sprechen kann.“

Als sie ihm antwortete, dass sie in Deutschland geboren sei, antwortete er: „Ach du lieber Eimer“.

Des Weiteren fragte der Inhaber Özkay-Başaran, ob sie bereit wäre, das Kopftuch auszuziehen, als sie es verneinte, antwortete der Apothekeninhaber wie folgt: „Dann würde es nicht passen (Absage!). Das habe ich auch mit meinem Team besprochen und die haben gesagt, dass Sie aufgrund des Kopftuches nicht ins Team passen würden.“

Inhaber weist Vorwürfe zurück

Eine Mitarbeiterin der Apotheke wollte sich gegenüber IslamiQ nicht äußern. Der Inhaber war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. In dem Onlineportal „Apotheke-adhoc“ weist er die Vorwürfe zurück. Sie hielte sich „strikt“ an das Religionsverfassungsrecht „und senden keine Symbolik, welches diesem Prinzip widerspricht.“

Die Landesapothekerkammer bedauert in demselben Onlinportal den Vorfall „außerordentlich“. Aber: „Nach dem vorliegend geschilderten Sachverhalt ist kein berufsrechtlicher Verstoß ersichtlich“, schrieb die stellvertretende Justiziarin Ina Förderer.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Grundsätzliches zum Thema "Kopftuch am Arbeitsplatz.": Meine Güte, 20 Jahre nach dem Fall Ludin haben wir diese Kuh noch immer nicht vom Eis! Wie lange wollen wir uns Kopftuch-Prozesse denn noch leisten? Die nächsten 20 Jahre? Gar die nächsten 40? Es ist völlig okay, dass die betroffenen Frauen den Rechtsweg in Anspruch nehmen. Das steht Ihnen zu. Es ist aber ebenso offensichtlich, dass die aktuelle Lage unbefriedigend ist, und zwar für alle Beteiligten, für (private und öffentliche) Arbeitgeber und für die betroffenen Frauen. Dabei würde es einen einfachen Weg geben, diese Kuh endlich vom Eis zu bekommen. Definiert man Religionsfreiheit (für Muslime) nicht über jede Tradition, sondern über die "5 Säulen" des Islam, so kommt man zu folgendem Ergebnis: Zu den "5 Säulen" zählen: (1) Das Glaubensbekenntnis (2) Die Gebete (3) Das Almosen (4) Die Hadsch nach Mekka (5) Das Fasten. Wie unschwer zu erkennen ist, kommt das Kopftuch hier nicht vor. Es ist nicht zwingend, Kopftuch zu tragen, um einen gläubige Muslimin zu sein. Das Kopftuch fällt also nicht zwingend unter das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Beschränkt der Gesetzgeber die Religionsfreiheit auf den Kern des islamischen Glaubens, auf die "5 Säulen", so kann er das Kopftuch am Arbeitsplatz pauschal untersagen. Damit wären die Gerichte entlastet und alle hätten endlich Klarheit: Arbeitgeber und die betroffenen Frauen.
31.07.18
12:19
Ute Fabel sagt:
Der EuGH hat im Vorjahr klargestellt, dass das konsequente optische Neutralitätsprinzip eine diskriminierungsfreie Unternehmensphilosophie ist (Urt. v. 14.03.2017, Az. C-157/15). Islamverbände könnten sich dadurch nützlich machen, kopftuchtragende Musliminnen von dieser Rechtsprechung zu informieren. Damit könnten diese Frauen vor einer rechtlichen Fehleinschätzung bewahrt und unnötige Prozesse immer zu den gleichen Sachverhalten vermieden werden. Jedem Unternehmen würde ich eine schriftliche Hausordnung empfehlen, in der das Tragen aller sichtbarer religiöser, politischer und philosophischer Zeichen diskriminierungsfrei untersagt wird. Auch in die Textschablonen für die schriftlichen Arbeitsverträge sollte dieser Passus aufgenommen werden, um sich so vor unberechtigten Diskriminierungsvorwürfen schützen zu können, wenn es in Wahrheit um den Wunsch nach religiöser Sonderbehandlung geht.
01.08.18
12:35
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (31.07.18, 11:32) -- Von wegen "Neutralitätsprinzip": Das gilt für den Staat und nicht für seine Bürger. Der Staat darf keine Religion haben. Seine Bürger hingegen schon. Und sie dürfen diese Religiosität auch sichtbar machen. Unsere säkulare Rechtsordnung erlaubt das. Das Neutralitätsprinzip-- das übrigens nirgends exakt gesetzlich definiert ist-- gegen die Bürger und ihre Grundrechte zu richten, das heißt, die Dinge von den Füßen auf den Kopf zu stellen. -- "Es entspricht dem Wesen einer pluralistischen Gesellschaft, dass auffällig sichtbar zur Schau gestellte religiöse, weltanschauliche und politische Zeichen bei manchen Wonnegefühle, bei anderen Unbehagen auslösen." (Ute Fabel) Das ist erstens eine sehr eigenwillige Definition von Pluralismus. Und zweitens ist der persönliche Geschmack, das persönliche Empfinden völlig belanglos. Es geht nach Recht und Gesetz. Und da ist die Lage eindeutig: Unsere Rechtsordnung erlaubt, dass sich Religion auch im öffentlichen Raum zeigen darf. Da muss man das Rad nicht neu erfinden und keine abenteuerlichen pseudojuristischen Pirouetten drehen. Eine Ablehnung einer Bewerberin aus religiösen Gründen ist Rassismus und Diskriminierung. Dazu gibt es eindeutige Urteile. In der Vergangenheit mussten schon einige Ärzte und Apotheker Bußgelder und Entschädigungen an Bewerberinnen zahlen, die sie wegen des Kopftuchs abgelehnt hatten. -- "Es ist ein grober Denkfehler, dass damit eine religiöse Gruppe, innerhalb der sich einige Minderheit sich völlig unnachgiebig und verbohrt an ein Kleidungsstück klammert." (Ute Fabel) Grundrechte sind nicht von der Majorität abhängig. Hier klammert sich niemand an etwas verbissen, sondern nimmt sein Grundrecht (auf Religionsfreiheit) wahr. Das Grundrecht auf Religionsfreiheit darf auch im öffentlichen Raum wahrgenommen werden, auch durch Symbole wie beispielsweise das Kopftuch. So seht es unsere Rechtsordnung. Ob das bei Ihnen oder sonst jemandem Unbehagen auslöst, das ist völlig belanglos.
01.08.18
13:21
Johannes Disch sagt:
Um den Kern des Artikels auf den Punkt zu bringen, ohne unnötige Abschweifungen, die nicht zum Thema gehören, wie "Neutralitätsprinzip", etc: Der Apotheker darf die Bewerberin nicht wegen des Kopftuchs ablehnen. Das wäre Diskriminierung. Da ist die Rechtslage eindeutig und man muss keine Pirouetten drehen und das Rad nicht neu erfinden.
01.08.18
13:43
Kritika sagt:
An Herrn Disch, Er schreibt: Der Apotheker darf die Bewerberin nicht wegen des Kopftuchs ablehnen. Das wäre Diskriminierung. Kritika meint: Falsch, Herr Disch. Natürlich darf er das; sehen Sie doch das Foto oben an; würden Sie so eine Vogelscheuche einstellen? Egal was die für gute Zeugnisse hat? Er darf vielleicht nicht Gerichts-relevant seine Ablehnung begründen - Muss es aber auch nicht. Kritika hat als Abteilungsleiter - - viele Bewerbungen durchgesehen, - - manchen Bewerber eingeladen, diese sowohl auf fachliche Eignung geprüft als auch - - das gute Einpassen in der Abteilung berücksichtigt. - - Viele abgesagt - - Und wenige aber gute - eingestellt. Dabei hat unsere Personalabteilung dem abgelehnten Bewerber stets einen neutralen, nicht spezifiken Ablehnungs Grund genannt. Einmal stellte sich eine Laborantin vor, die - - sagen wir - - "eine besondere Auffassung davon hatte, wie sie vorstellungsgerecht äusserlich erscheinen sollte. Eine Auffassung, die mit der meinigen kollidierte. Ich habe mit der jungen Frau, die ansonsten gute Voraussetzungen hatte, kurz unter 4 Augen geredet und ihr einen 2ten Termin angeboten. Wenn sie nicht verstanden hätte, wäre sie abgelehnt, ohne Begründung. Sie hatte verstanden, ich stellte sie ein und sie war jahrelang eine zuverlässige Laborantin. Gruss, Kritika.
03.08.18
0:10
Ute Fabel sagt:
„Der Apotheker darf die Bewerberin nicht wegen des Kopftuchs ablehnen.“ Doch, das darf er! Er sollte sich auch ganz selbstbewusst dazu bekennen, anstatt irgendwelche Ausreden vorzuschieben. Wenn seine übrigen Beschäftigten ihre Religion, Weltanschauung, politischen und philosophischen Überzeugungen während der Arbeitszeit auch nicht aufällig sichtbar machen, darf er eine Bewerberin wegen des Kopftuchs oder einen salafistischen Bewerber wegen seiner Barttracht ablehnen. Der Apotheker muss dann auch keinen Sozialdemokraten einstellen, der erklärt, er wolle immer nur mit angesteckter roter Nelke arbeiten, weil das für ihn in unverzichtbarer Weise identätsstiftend sei. Oder auch keinen Zeugen Jehova, der im Dienst tagein tagaus einen Umhang mit der Aufschrift „Der Wachtturm“ anziehen will. „Diskriminierung“ ist im Gleichbehandlungsrecht als „weniger günstige Behandlung“ definiert, die bei einem konsequenten optischen Neutralitätsprinzip nicht vorliegt. Leider wird gerade von rechtskonservativen islamischen Kräften versucht, das Gleichbehandlungsrecht zum Zwecke einer Sonderbehandlung für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren. Diesem Versuch zum Gesetzesmissbrauch muss entschlossen Einhalt geboten werden!
04.08.18
18:35
Johannes Disch sagt:
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist kein Freibrief, um die Ausübung von Grundrechten zu unterbinden. So ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eben grade nicht gedacht. Der Apotheker darf die Bewerberin nicht wegen ihres Kopftuchs ablehnen. Das wäre religiöse Diskriminierung. Hier ist die Rechtslage eindeutig und hier sind auch Urteile von Arbeitsgerichten eindeutig. Apotheker und Ärzte, die Bewerberinnen wegen des Kopftuchs ablehnten, mussten den Betroffenen hohe Entschädigungen zahlen. Die Begründung war immer die gleiche: Eine Ablehnung einer Bewerberin wegen eines Kopftuchs ist Diskriminierung. Übrigens sieht das auch der Europäische Gerichtshof ähnlich, der klar gestellt hat, dass ein generelles Kopftuchverbot in Apotheken nicht zulässig ist. (DAZ.online, 22.03.2017) Vielleicht sollte man solchen Ärzten und Apothekern einfach mal die Zulassung entziehen! Gelstrafen sind hier zu harmlos. Glücklicherweise sind aber solche Fälle wie der oben geschilderte die Ausnahme. Die meisten Apotheken haben kein Problem mit Mitarbeiterinnen, die ein Kopftuch tragen.
09.08.18
16:17
Ute Fabel sagt:
In dem Betrieb, in dem ich arbeite, gehört es zur Unternehmensphilosophie, dass kein Mitarbeiter den eigenen Glaube oder Unglauben bzw. politische Überzeugungen während der Arbeitszeit auffällig sichtbar macht. Muslime, Christen, Juden und Atheisten sind bei uns gleichermaßen willkommen, aber bitte ohne Kopftuch, Kreuzkette oder „Gottlos Glücklich“-Button. Das Zurückschrauben eigener Befindlichkeiten hinsichtlich eines religiösen oder weltanschaulichen Outfits ist für uns wichtiger Ausdruck für ein gedeihliches Miteinander.
15.08.18
13:30
Kritika sagt:
L.S. Herr Disch meint: » Vielleicht sollte man solchen- - - (solchen Apotekern, die KopftuchFrauen ablehnen ) - - - einfach mal die Zulassung entziehen! Gelstrafen sind hier zu harmlos. « Genau! Sie bringen es auf dem Punkt, sehr geehrter Herr Disch. Kritika schlägt vor, Apotheker, die naiv genug sind, um als Vogelscheuche verkleidete Bewerberinnen, unumwunden den Grund der Absage mitzuteilen - - nicht nur die Lizenz zu entziehen (zu harmlos) sondern vorübergehend in ein wahres Muslimisches Land zu verbringen, in einem Land, wo traditionelle muslimische Stockschläge noch etwas gelten! an Stelle der hierzulande verweichlichte harmlose Gelstrafen. Übrigens ich war noch nie in einem Geschäft, oder Praxis, oder Apoteke, oder Restaurant, oder Frisör, oder Kaufhaus oder Bank, oder Bus oder Tram, wo mir eine KopftuchFrau bedienen wollte. Oder wo ich auch nur ein einziges KopftuchMädchen zu Gesicht bekommen hätte. Geschäftsleute haben offensichtlich ein feines Gespür dafür, mit was sie beim Kunden ankommen können, und mit was lieber nicht. Der Apotheker in der Titelrolle hier hatte das gute Gespür offensichtlich ebenfalls. Hoffentlich muss er das nicht bereuen. Gruss, Kritika
16.08.18
0:11
Kritika sagt:
L.S. Liebe Kopfzerbrecher, Bedenkenträger, Apotheker und andere Interviewer. Beim Vorstellungsgespräch kann jeder künftige Arbeitsgeber eine recht gute optische- und qualitative Vorstellung bekommen. Beim Aufzug "Vogelscheuche" - wie oben - erübrigt sich für denjenigen, der kein ' KopftuchMädchen' will die Frage: Wie häl'st du's mit der Religion. Weitere Info kann man bei früheren Arbeitgeber erfragen; telefonisch geben diese oft gerne Auskunft. Arbeitszeugnisse geben oft "durch die Blume" mehr Info als in Klartext. Eine Absage sollte nur schriftlich- und dann freundlich, fast wohlwollend, formuliert sein, aber keine konkrete AbsageGründe enthalten. Das muss sie auch nicht. Ausserdem sollte der Arbeitsvertrag in den ersten 6 Monaten die gegenseitige und jederzeitige Kündigung ermöglichen, ohne Angabe von Gründen. Sie sehen, das Arbeitsrecht bietet genügend Möglichkeiten, sich gegen unerwünschte Querulantinnen zu wehren; Ohne dass es zu Prozesse kommt, ohne, dass für eine Querulantin eine Abfindung dabei heraus springt. Und das, "ohne irgendwelche Ausreden vorzuschieben" (Frau Fabel) Allerdings: beim BewerbungsGespräch kann manchmal Schweigen = Gold sein" Gruss, Kritika
17.08.18
18:00
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