Nach den Aussagen des deutsch-türkischen Fußballspielers Mesut Özil sorgt die Twitter-Aktion „#MeTwo“ für große öffentliche Aufmerksamkeit. Das Thema: Alltagsrassismus in Deutschland.
Auf Twitter ist seit einigen Tagen der Hashtag #MeTwo zu sehen. In kurzen Statements äußerten sich Tausende Menschen mit Migrationshintergrund über ihre Erfahrungen zu alltäglichem Rassismus und Diskriminierung in Deutschland. Nach kürzester Zeit wurde #MeTwo dermaßen oft benutzt, dass es unter den häufig genutzten Tweets landete.
Entfacht wurde die Rassismusdebatte vom deutsch-türkischen Fußballspieler Mesut Özil, der am seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft bekannt gab. In einer längeren Mitteilung auf seinen sozialen Netzwerken äußerte er sich zu den Diskussionen über seine Person und beklagte sich über Rassismus in Deutschland und dem DFB. „Wenn wir gewinnen, bin ich Deutscher, wenn wir verlieren, bin ich Migrant“, so Özil. Für seine Abrechnung erntete Özil großes Lob, aber auch Kritik.
Initiiert wurde #MeTwo vom Journalisten und Gründer der „Hotline für besorgte Bürger“ Ali Can als Reaktion auf die aktuelle Debatte in Deutschland. Can zufolge brauche Deutschland eine neue Debatte über Alltagsrassismus, denn Özil sei nicht der einzige wegen seiner Herkunft diskriminiert wurde.
In einer Videobotschaft auf „Perspective Daily“ erklärt Can die Beweggründe für eine solche Aktion.
Ali Can kämpft als Gründer der »Hotline für besorgte Bürger« gegen Vorurteile und Alltagsrassismus. Nun steht er hinter einem neuen Hashtag gegen die Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund: #MeTwo✌️ @alicanglobal pic.twitter.com/PjDw6ZJ9qp
— Perspective Daily (@PDmedien) 24. Juli 2018
Doch warum #MeTwo? Can erklärt es wie folgt:
„#MeTwo bedeutet, dass ich mehr bin als nur eine Identität. Ich fühle mich in Deutschland zu Hause, weil ich hier groß geworden bin, arbeite, Freunde gefunden habe – und ich fühle mich mit der türkischen Kultur verbunden, weil sie mich geprägt hat. Die 2 Seiten verschmelzen, stehen nicht im Widerspruch. (…) Unsere Gesellschaft ist keine Monokultur. Deshalb: #MeTwo.“
In den sozialen Netzwerken solidarisieren sich insbesondere Muslime und Deutsche mit Migrationshintergrund mit Özil und erzählen unter dem Hashtag #MeTwo aus eigenen Erfahrungen:
Meine Nachbarin aus Eritrea und ich grüßten uns im Laden. Der Verkäufer später: „Kennen Sie die?“
Ich: „Ja, das ist meine Nachbarin.“
Er: „Naja, Nachbarn kann man sich nicht aussuchen.
Aber Läden kann man sich aussuchen. Hab da nie wieder eingekauft. #metwo— Stehauf-Mädchen (@JanaRennsteig) 26. Juli 2018
Dann heiratet man, hat einen deutschen Nachnamen und dein Leben ist plötzlich sooo viel einfacher, so dass dir erst recht klar wird, wie oft man anders behandelt wurde. #MeTwo
— S. (@BlueWhiteLilies) 26. Juli 2018
Weitere Twitter-Nutzer twitterten, dass sie während der Schulzeit Diskriminierungen seitens der Mitschüler oder der LehrerInnen ausgesetzt wurden.
nach dem Jungs in meiner Klasse mich wochenlang Affe genannt haben ich meinem Lehrer es erzählt habe, sagt er: ich würde dich eher als Gorilla sehen #MeTwo
— Navasgeht? (@navasgeht) 26. Juli 2018
4. klasse, es geht um weiterführende schulen. ich bin klassenbeste.
lehrerin empfiehlt hauptschule, damit ich „unter gleichgesinnten“ bin.
eltern können kaum deutsch und vertrauen lehrerin. bekannte greift zum glück ein.
5. klasse: ich bin klassenbeste auf dem gymnasium#metwo
— Miriam (@labiledeutsche) 26. Juli 2018
Mein Mann Hauptschul-Empfehlung wg. „Hautfarbe“.
Nach Hauptschulabschluss:
Schreinerlehre
Realschulabschluss
Abi
Diplom
Diplom
Magister
Promotion
Professur #MeTwo— PlatonsTochter MdA (@PlatonsTochter) 26. Juli 2018
Politikunterricht 9. Klasse
Lehrer zieht über Erdogan her
Ich, so ziemlich einziger Kanacke in der Klasse
„Oh Maryem bei dir müssen wir ja darauf achten, was wir so über Erdogan erzählen“
…Herr Schmitz ich stamme aus Pakistan
„Ja trotzdem “ #MeTwo— Maryem (@mary005111) 26. Juli 2018
Einige User erzählten über ihre Erfahrungen bei der Wohnungs- und Jobsuche:
Wenn du über Immoscout freie Wohnungen kontaktierst & einfach keine Antwort bekommst, aber die deutsche Freundin bei gleichen Angeboten sofort Antworten erhält. Nach Ehe & Namensänderung hat sie auch keine Antwort mehr bekommen.
Wohnung nur dank gezahlter Maklerprovision. #metwo
— Oguz Yilmaz ??♂️ (@oguz) 26. Juli 2018
„Ich persönlich habe ja nichts gegen ein Kopftuch und würde Sie sehr gern einstellen, aber die Eltern werden das hier nicht sehen wollen“ (Leiterin der Nachhilfe-Institution während meines Bewerbungsgesprächs) #MeeTwo #MeTwo
— Elif Koroglu (@eliffkoeroglu) 27. Juli 2018
Wenn man bei Wohnungssuche seine weiße Frau mitnehmen und früh den Arbeitgeber erwähnen muss, damit man nicht gleich ignoriert wird. #MeTwo
— Hasnain Kazim (@HasnainKazim) 26. Juli 2018
Auch bekannte Namen wie der Comedian Abdelkarim machten mit:
Lange Schlange an der Kasse. Ich sag zum älteren Mann hinter mir:“Sie können ruhig vor.“ – „Nein danke, ich habe dich lieber im Blick.“ #MeTwo
— Abdelkarim ? (@AbdelkarimsLP) 26. Juli 2018
Twitter-Nutzer, die die geteilten Rassismuserfahrungen verharmlost haben, haben ebenfalls ihren Fett abbekommen:
wenn du denkst du weißt was rassismuserfahrungen sind weil du mal kartoffel genannt wurdest take a seat und les dir #metwo durch
— lukas laser. (@lukaslasers) 26. Juli 2018
„Menschen haben mich angespuckt weil ich Ausländer bin“
„Schlimm. Ich habe auch Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Mich hat zum Beispiel letztens jemand im Internet als ‚Alman‘ bezeichnet.“#MeTwo
— Shahak Shapira (@ShahakShapira) 26. Juli 2018