Eine islamische Bestattung ist mit bestimmten Regeln verbunden. Wie können diese in nichtmuslimischen Ländern umgesetzt werden? Ein Gastbeitrag von Hulusi M. Ünye.
Die Riten nach dem Tod und während der Bestattung werden im Islam als kollektive Pflicht betrachtet. D. h. die muslimische Gemeinschaft hat dafür Sorge zu tragen, dass die Gläubigen angemessen bestattet werden. Dazu gehören die Waschung des Leichnams, der Transport zum Friedhof und die Bestattung in einem nach Mekka ausgerichteten Grab.
Die Anforderungen an eine islamkonforme Bestattung kollidieren in einigen wesentlichen Punkten jedoch mit deutschen Gesetzen und Friedhofsverordnungen. Damit eine dauerhafte und tragfähige Lösung gefunden werden kann, lohnt sich ein Blick auf die islamrechtlichen Bestimmungen.
Nach islamischen Bestimmungen muss der Leichnam unmittelbar in einem speziellen Leichentuch begraben werden, die Sargbestattung gilt als verpönt. Je nach Bodenbeschaffenheit kann hier aber eine Ausnahme gemacht werden, wenn etwa dem Leichnam durch Feuchtigkeit, weichen Untergrund oder die mineralische Zusammensetzung Schaden zugefügt würde. Ist der Transport des Leichnams an einen geeigneten Ort innerhalb einer bestimmten Frist nicht oder nur unter sehr großem Aufwand möglich, kann ausnahmsweise die Sargbestattung vorgenommen werden. Wird der Tote im Sarg bestattet, kann nach Möglichkeit ein wenig Erde in den Sarg gestreut und der Leichnam auf der rechten Seite in Gebetsrichtung platziert werden.
In Europa ist es üblich, Gräber nach dem Ablauf einer individuell festlegbaren Frist auszuräumen und neu zu besetzen. Im Islam sind Gräber dagegen grundsätzlich Dauergräber.
Nachdem der Verstorbene bestattet und mit Erde bedeckt wurde, ist dies nicht mehr in der Hand der Gemeinde, sondern wurde Allah übergeben. Nun darf ohne Notwendigkeit das Grab nicht mehr geöffnet werden. Eine Mehrfachbelegung ist ebenfalls nur in Ausnahmefällen möglich, wenn etwa die Zahl der Toten sehr hoch ist. Allerdings sollten zwischen den einzelnen Leichnamen Pufferzonen aus Erde vorhanden sein. Ist der ältere Leichnam bereits verwest, können die verbliebenen Knochen beiseite geräumt werden, um eine weitere Person in dem Grab zu bestatten. Ob der Leichnam vollständig verwest ist, kann jedoch nur anhand einer Untersuchung des Bodens festgestellt werden.
In vielen Friedhofsordnungen besteht die Möglichkeit, ein Dauergrab zu bestellen. Um Schwierigkeiten zu vermeiden sollten Muslime hiervon Gebrauch machen.
Von Abû Hurayra wird überliefert, dass der Prophet sagte: „Beeilt euch bei der Bestattung! Wenn der Verstorbene ein aufrechter Mensch war, ist dies ein Segen und ihr habt ihn dann umgehend an seine Ruhestätte gebracht. Wenn er aber nicht aufrichtig war, ist dies schlecht und ihr hättet ihn dann umgehend von euren Schultern heruntergenommen.“ In islamischen Ländern ist es deshalb üblich, einen Toten innerhalb von 24 Stunden zu beerdigen. Aufgrund umfangreicher rechtlicher Bestimmungen ist es in Deutschland dagegen meist nicht möglich, innerhalb dieser Frist eine Bestattung durchzuführen. Dies sollte jedoch keine Probleme bereiten, da auch bei Überführungen die 24-Stunden-Frist nicht eingehalten werden kann.
Das ist vermutlich die wichtigste und auch schwierigste Frage im Hinblick auf islamische Bestattungen.
In der islamischen Geschichte hat es immer wieder Situationen gegeben, in denen Muslime auf nichtmuslimischen Friedhöfen, und umgekehrt auch Nichtmuslime auf muslimischen Friedhöfen beigesetzt wurden, wenn der Transport in ihre Heimat oder auf einen Friedhof ihrer eigenen Religion zu zeitintensiv gewesen wäre. Dies soll jedoch möglichst eine Ausnahme bleiben.
Ein Blick in die islamische Geschichte zeigt, dass von den rund 500.000 Prophetengefährten nur ein sehr kleiner Teil im Hedschas beerdigt wurde. Die Gräber der Anderen befinden sich im heutigen Mittleren Osten, Nordafrika, Anatolien, Iran und Transoxanien. Die Propheten wurden dort beigesetzt, wo sie verstarben. Als Abû Bakr (r) gefragt wurde, wo der Prophet Muhammad (s) beigesetzt werden sollte, antwortete er: „Dort, wo Allah seine Seele zu sich nimmt. Denn dort, wo Allah seine Seele zu sich nimmt, ist der schönste Ort.“
Obwohl also von zahlreichen Bestimmungen Ausnahmen gemacht werden können und vielfach gar keine echte Diskrepanz zu hiesigen Regelungen besteht, ist es doch zwingend erforderlich, dass Muslime auf muslimischen Friedhöfen bestattet werden. Muslimische Gräberfelder auf oder neben städtischen Friedhöfen, wie es sie in manchen Gemeinden inzwischen gibt, können nur ein Provisorium sein. Muslime sollten sich deshalb intensiv dafür einsetzen, dass eigenständige muslimische Friedhöfe eröffnet werden, auf denen einen Bestattung nach ihren religiösen und kulturellen Gepflogenheiten möglich ist.