Unter dem Schlagwort #MeTwo berichten zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund von diskriminierenden Erlebnissen im Alltag. In vielen Geschichten kommt der Schule eine Schlüsselposition zu – und den Lehrern.
Nach dem Schlagwort #MeToo liegt nun #MeTwo im Trend: Geprägt hat den Begriff der 24-jährige Aktivist und Buchautor Ali Can. Unter diesem Hashtag schildern auf Twitter zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund, was sie im Alltag an Diskriminierung und Rassismus erlebt haben. Besonders oft im Fokus: die Schule.
Menschen mit Migrationshintergrund berichten von Lehrern, die ihnen trotz sehr guter Leistungen keine Gymnasialempfehlung ausgesprochen, ihre fachliche Eignung in Frage gestellt oder sie klein geredet haben. Einer Studie zufolge bewerten Lehrerinnen und Lehrer nicht nur die Leistung der Schüler, sondern die Person an sich und ihre Herkunft bewerteten.
Einige Twitter-Beispiele:
nach dem Jungs in meiner Klasse mich wochenlang Affe genannt haben ich meinem Lehrer es erzählt habe, sagt er: ich würde dich eher als Gorilla sehen #MeTwo
— Navasgeht? (@navasgeht) 26. Juli 2018
4. klasse, es geht um weiterführende schulen. ich bin klassenbeste.
lehrerin empfiehlt hauptschule, damit ich „unter gleichgesinnten“ bin.
eltern können kaum deutsch und vertrauen lehrerin. bekannte greift zum glück ein.
5. klasse: ich bin klassenbeste auf dem gymnasium#metwo
— Miriam (@labiledeutsche) 26. Juli 2018
Mein Mann Hauptschul-Empfehlung wg. „Hautfarbe“.
Nach Hauptschulabschluss:
Schreinerlehre
Realschulabschluss
Abi
Diplom
Diplom
Magister
Promotion
Professur #MeTwo— PlatonsTochter MdA (@PlatonsTochter) 26. Juli 2018
Politikunterricht 9. Klasse
Lehrer zieht über Erdogan her
Ich, so ziemlich einziger Kanacke in der Klasse
„Oh Maryem bei dir müssen wir ja darauf achten, was wir so über Erdogan erzählen“
…Herr Schmitz ich stamme aus Pakistan
„Ja trotzdem “ #MeTwo— Maryem (@mary005111) 26. Juli 2018
Der Bochumer Sozialwissenschaftler Karim Fereidooni sieht einen Grund für Diskriminierung an Schulen darin, dass keine Auseinandersetzung mit Rassismus stattfinde. Zwar sei das Klassenzimmer ein Spiegel der Gesellschaft, Lehrer aber immer noch mehrheitlich „weiß und deutsch“. Hinter Bemerkungen wie „Du sprichst aber gut Deutsch, dafür dass du einen Migrationshintergrund hast, Türke bist, Araber bist…“ stecke der Gedanke, dass gut Deutsch sprechende Menschen mit Migrationshintergrund eine Ausnahme darstellten. Schüler bekämen solche Sätze immer wieder zu hören – und verinnerlichten sie im schlimmsten Fall.
„Rassistische Äußerungen docken an bestehende Denkstrukturen an“, sagt Fereidooni. Über diese Bilder und Strukturen werde noch zu wenig gesprochen. Er fordert: Jeder solle sich mit der eigenen Sozialisation beschäftigen und Vorurteile reflektieren. Rassismuskritik solle zudem als Teil der Lehrerausbildung etabliert, Arbeitsmaterial im Hinblick auf Rassismus hinterfragt werden.
Aus Sicht des Deutschen Lehrerverbandes hat sich an Schulen in puncto Rassismus in den vergangenen Jahren viel verbessert. Präsident Heinz-Peter Meidinger sagt, er hoffe, dass rassistische Aussagen von Lehrern „nirgends mehr akzeptiert“ seien. Solche Äußerungen von Lehrkräften seien inakzeptable Einzelfälle. Rassistischen Einstellungen einzelner Schülergruppen und Haltungen, die über manche Elternhäuser in die Schulen hineingetragen werden, sollte aber mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. (KNA, iQ)