Rechtsextremisten mobilisieren für einen Aufmarsch vor dem Weißen Haus, ausgerechnet am Jahrestag der Proteste von Charlottesville. Am Ende sind die Straßen voll – mit Gegendemonstranten. Deren Protest richtet sich längst nicht nur gegen die Extremisten.
Ein Jahr nach den tödlichen Protesten in Charlottesville haben Rechtsextremisten in den USA eine empfindliche Niederlage einstecken müssen: Zu einem vielbeachteten Aufmarsch vor dem Weißen Haus in Washington unter dem Motto „Vereint die Rechte 2“ erschienen nur wenige Dutzend Teilnehmer. Zugleich gingen Tausende Gegendemonstranten auf die Straße – und ihr wütender Protest richtete sich auch gegen US-Präsident Donald Trump.
Die Polizei musste die Extremisten mit einem massiven Aufgebot von der U-Bahn zu der genehmigten Demonstration vor dem Weißen Haus geleiten, die unter dem Motto „Vereint die Rechte 2“ stand. Sicherheitskräfte riegelten die Veranstaltung weiträumig ab und vermieden somit Zusammenstöße zwischen den beiden Gruppen.
Im Zuge der Demonstration „Vereint die Rechte“ in Charlottesville war es am 12. August 2017 zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ein Rechtsextremist steuerte ein Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten. Die 32-jährige Heather Heyer starb, viele Menschen wurden verletzt. Damals waren weitaus mehr Rechtsextremisten aufmarschiert. Teile der rechtsextremen Szene hatten sich vor dem Aufmarsch am Sonntag davon distanziert und ihn als „destruktiv“ kritisiert.
Am Sonntag störten Gegendemonstranten an der Absperrung die rechte Veranstaltung mit Sprechchören wie „Geht nach Hause, Nazis“ oder „Schande, Schande, Schande“, wie ein dpa-Reporter berichtete. Auf Transparenten war „Stoppt rassistische Angriffe“ und „Nur ein toter Faschist ist ein guter Faschist“ zu lesen. Auf Bildern von Trump stand in roten Lettern das Wort „Rassist“, auf Plakaten wurde die Ablösung Trumps und seines Stellvertreters Mike Pence gefordert.
Wie verhasst Trump unter den Gegendemonstranten ist, bekam ein Paar zu spüren, das sich auf diese Seite der Absperrung verirrte – und das im Partnerlook mit „Trump 2020“-T-Shirts für dessen Wiederwahl warb. Als das Paar entdeckt wurde, kam es zu einem Gerangel, das zu eskalieren drohte. Ordner aus den Reihen der Gegendemonstranten mussten einen Ring um den Mann und die Frau bilden und sie durch die aufgebrachte Menge zur Polizei eskortieren.
Auf dem rund fünfminütigen Weg zur Polizei wurden die beiden Trump-Anhänger als „Nazis“ beschimpft, geschubst, gestoßen, mit Wasser übergossen und mit Plastikflaschen beworfen. Ein Gegendemonstrant sprühte silberne Farbe auf die langen Haare des Mannes. Die beiden Trump-Unterstützer blieben dabei friedlich.
US-Präsident Donald Trump war nach dem tödlichen Protest vor einem Jahr dafür kritisiert worden, die rechtsextreme Gewalt nicht eindeutig verurteilt zu haben. „Ich denke, dass die Schuld auf beiden Seiten liegt“, hatte er damals gesagt. Es habe auf beiden Seiten auch „sehr gute Menschen“ gegeben. Trump hatte damit Empörung ausgelöst – die unter seinen Kritikern bis heute anhält.
Vor dem Jahrestag hatte der US-Präsident am Samstag zwar auf Twitter mitgeteilt, er verurteile „alle Formen von Rassismus und Gewalttaten“. David Barrows (71), der am Sonntag gegen die Rechten auf die Straße ging, meinte dazu allerdings: „Er lügt.“ Auf Barrows T-Shirt prangte die Aufschrift „Trump ist ein rassistisches Schwein“. Die Demonstrantin Alex Bloomfield (28) sagte zu Trumps Aussage: „Das ist Bullshit. Er sagt das, weil er das sagen muss.“
Deutlicher als Trump – dessen Tweet man wieder so lesen könnte, dass er die Gewalt von links womöglich mit der von rechts gleichsetzt – bezog seine Tochter Ivanka Trump Stellung gegen Rechtsextremismus. Sie schrieb auf Twitter: „In unserem großartigen Land gibt es keinen Platz für weiße Vorherrschaft, Rassismus und Neonazismus.“
Trump selber war während des rechten Aufmarschs nicht im Weißen Haus, sondern machte Urlaub in einem seiner Golfresorts – er wurde erst am Montag wieder zurück in Washington erwartet. Das Thema Rassismus dürfte ihm erhalten bleiben. Der Sender CBS veröffentlichte am Jahrestag der Proteste von Charlottesville eine Umfrage, wonach 58 Prozent der Amerikaner seinen Umgang mit dem Thema missbilligen, nur 41 Prozent heißen es gut. 61 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass Rassenspannungen im vergangenen Jahr zugenommen haben. (dpa/iQ)