Halal-zertifiziertes Fleisch für Muslime kann nach Einschätzung eines Rechtsexperten des Europäischen Gerichtshofes gleichzeitig als EU-Bio-Fleisch zertifiziert werden – selbst dann, wenn es von Tieren stammt, die ohne vorherige Betäubung geschlachtet wurden.
Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Nils Wahl sieht keinen Widerspruch im europäischen Gütezeichen „ökologischer/biologischer Landbau“ und Halal-Fleisch. Ihm zufolge verbieten die europäischen Verordnungen die Zertifizierung von Fleisch aus einer rituellen Schlachtung ohne vorherige Betäubung nicht. Voraussetzung ist, dass die Schlachtung unter den Bedingungen der „Verordnung über den Schutz der Tiere zum Zeitpunkt der Tötung“ stattfand.
Die Religionsfreiheit sieht der Generalanwalt jedoch nicht beeinträchtigt, wenn eine gleichzeitige Zertifizierung als „halal“ und als „ökologischer/biologischer Landbau“ nicht möglich wäre. Es gebe kein Recht auf Zugang zu Erzeugnissen mit dem Gütezeichen „ökologischer/biologischer Landbau“, heißt es in seinen Schlussanträgen.
Wahl merkt zudem an, dass die Zertifizierung „halal“ bisher nur „sehr wenig“ über das tatsächlich angewendete Schlachtungsverfahren aussage. Die „Halal“-Zertifizierungsstellen in den EU-Mitgliedstaaten gingen „uneinheitlich“ vor.
Hintergrund des EuGH-Verfahrens ist ein Rechtsstreit in Frankreich. Dort will eine Tierschutzorganisation erreichen, dass Fleisch von ohne Betäubung geschlachteten Tieren kein Bio-Siegel mehr tragen darf. Um in dem Fall eine richtige Entscheidung treffen zu können, bat das zuständige Verwaltungsgericht zuletzt den Europäischen Gerichtshof um Rat bei der Auslegung von EU-Recht. Dessen Richter werden nun in den nächsten Monaten abschließend eine Antwort geben. Oft orientieren sie sich dabei an der Argumentation des Generalanwalts. (KNA, dpa, iQ)