Deutschland präsentiert sich am Tag der Einheit auch als Land voller Gräben. Kanzlerin und Bundespräsident fordern mehr gesellschaftlichen Dialog.
Am 28. Jahrestag der Wiedervereinigung haben Politiker und Kirchen vor Populismus gewarnt und einen stärkeren gesellschaftlichen Dialog in Deutschland gefordert. „Das Wichtigste ist, dass die Gesellschaft mit sich selbst ins Gespräch kommt“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Rande der zentralen Feierlichkeiten zum Einheitsjubiläum in Berlin. Es gelte, die Gesellschaft zusammenzuhalten.
Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Einheit der Deutschen in Ost und West noch lange nicht vollendet. „28 Jahre später wissen wir aber, dass das, was wir Deutsche Einheit nennen, ein Prozess ist, ein langer Weg.“ Es sei wichtig, „einander zuzuhören, aufeinander zuzugehen, nicht nachzulassen“, betonte die Kanzlerin. Dies gelte nicht nur für Politiker, sondern für alle Bürger. Merkel stellte fest: „Die Deutsche Einheit ist nicht beendet“, sondern fordere die Menschen bis heute immer wieder heraus.
Bundesratspräsident Michael Müller (SPD) sieht im Einheitsjubiläum sowohl einen Tag der Freude als auch einen Tag der Mahnung. „Es ist ein fröhlicher Tag, der uns aber auch gerade in diesen Zeiten mahnt, für unsere Demokratie einzustehen und zu kämpfen“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister via Facebook. „Jeder und jeden Tag. Gegen Ausgrenzung, gegen Hass für ein offenes und tolerantes Land.“
<2>Fliehkräfte treiben Gesellschaft auseinander
In diesem Jahr richtet Berlin die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit aus. Rund um das Brandenburger Tor und den Reichstag wurde das bereits am Montag eröffnete Einheitsfest fortgesetzt. Dort stellten sich die Bundesländer vor, zudem gab es Konzerte, Diskussionsrunden und andere Angebote. Anlässlich der Feiern haben rechtsextreme, rechtspopulistische und linke Gruppen verschiedene Demonstrationen angemeldet.
Auch Kirchenvertreter mahnten ein stärkeres Miteinander an. „Die Mauer, die uns trennte, ist Geschichte. Dafür entstehen heute an anderer Stelle Fliehkräfte, die unsere Gesellschaft auseinander treiben wollen“, sagte der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge bei einem ökumenischen Gottesdienst zu Beginn der Feierlichkeiten. „Einheit bedeutet deshalb heute nicht nur die Einheit von Ost und West, sondern auch die soziale Einheit unseres Landes. Nur wenn wir alle mitnehmen, sichern wir den sozialen Frieden in unserem Land.“
Seit 1997 findet jährlich am 3. Oktober der Tag der offenen Moschee statt. Seit 2007 wird die Aktion vom Koordinationsrat der Muslime (KRM) organisiert. Dieser Tag fällt bewusst mit dem Tag der Deutschen Einheit zusammen, um die Verbundenheit der Muslime mit allen Deutschen zum Ausdruck bringen. Dieses Jahr unter dem Motto: „Religiosität – individuell, natürlich, normal“. Mehr als tausend Moscheen nehmen jährlich daran teil und öffnen ihre Türen für ihre Nachbarn und alle anderen Interessierten. Bei Kaffee, Kuchen und einem spannenden Programm kommen Muslime und Nichtmuslime ins Gespräch und lernen einander besser kennen. Eine Moscheeführung ist auch immer Bestandteil des Programms.(dpa, iQ)