Am Sonntag soll sich die Gruppe „Juden in der AfD gründen“. Jüdische Vertreter sehen in diesem Vorhaben eine Instrumentalisierung der Juden. Die AfD sei und bleibe weiterhin antisemitisch.
Trotz der geplanten Gründung der Gruppe „Juden in der AfD“ ist die Partei nach Ansicht der früheren Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, judenfeindlich. „So wie ein Mensch jüdische Freunde haben und trotzdem ein Antisemit sein kann, so sind jüdische Mitglieder noch längst keine Gewähr dafür, dass eine Partei nicht antisemitische Tendenzen aufweist“, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München dem „Spiegel“ (Samstag).
Die schiere Anwesenheit von Juden sei nicht genug, betonte Knobloch mit Blick auf die Gruppe, die sich am Sonntag in Wiesbaden gründen will. Die AfD propagiere ein Programm, das jüdisches Leben unmöglich mache. „Diese Partei ist gegen die rituelle Beschneidung und will das Schächten von Tieren verbieten, durch das Fleisch für gläubige Juden erst koscher wird“, so Knobloch.
Politik, Sicherheitsbehörden und Bildungseinrichtungen müssten es sich auf die Fahne schreiben, den Antisemitismus zu bekämpfen. „Aber das geschieht viel zu stiefmütterlich. Wer jetzt allein den Flüchtlingen den Antisemitismus zuordnet, macht sich einen schlanken Fuß. Diese Menschen können, wenn man so will, selber nichts dafür. Sie sind so erzogen worden“, sagte die 85-Jährige.
Der religionspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Volker Münz, wehrte sich gegen Kritik jüdischer Verbände an seiner Partei. Es widerspreche der Demokratie, wenn die Organisationen Juden vorschreiben wollten, welcher Partei sie sich anschließen dürften, sagte Münz im Deutschlandfunk. Er verstehe auch nicht, woran die Verbände ihre Behauptungen festmachten, die AfD sei antidemokratisch oder menschenverachtend.
In einer gemeinsamen Reaktion auf die Gründung der Gruppe „Juden in der AfD“ hatten insgesamt 17 jüdische Organisationen, darunter der Zentralrat der Juden in Deutschland, die AfD unter anderem als rassistische und antisemitische Partei bezeichnet.
Nach den Worten des Theologen und Autoren Armin Langer kann eine Allianz zwischen Juden und Rechtspopulisten langfristig nicht funktionieren. „Denn Rechtspopulisten setzen sich gegen den Antisemitismus nur dann ein, wenn sie dadurch für ihre migrationsfeindliche Agenda werben können“, betonte Langer in einem Gastbeitrag der Deutschen Welle. Für die Abwehr der Judenfeindlichkeit müsste die AfD den Antisemitismus innerhalb der Partei anprangern.
In der Wirklichkeit ginge es allein um Nichtjuden, die ihre Angst vor einer vermeintlichen „islamischen Landnahme“ mit der Angst der Juden vor dem muslimischen Antisemitismus rechtfertigen wollten. „Juden sind hier lediglich Mittel zum Zweck“, so der Autor von „Ein Jude in Neukölln – Mein Weg zum Miteinander der Religionen“.
Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor bezeichnete die geplante Gründung als ein „Trauerspiel“. Sie plädierte in einem Gastbeitrag des Portals t-online zugleich dafür, den Vorgang nicht zu überhöhen und im Gedächtnis zu behalten, „dass die ‚Juden in der AfD‘ nicht ‚die‘ Juden sind“. (KNA, iQ)