Der Herder Verlag hat auf der Frankfurter Buchmesse ein Koran-Kommentar vorgestellt. Es soll das erste Band von insgesamt 17 sein. Ein Mammutprojekt mit Fragezeichen.
Der Herder-Verlag hat auf der Frankfurter Buchmesse den ersten Band eines historisch-kritischen Koran-Kommentars vorgestellt. Das wissenschaftliche Mammut-Projekt ist auf insgesamt 17 Bände angelegt und wird vom Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide herausgegeben. Er ist seit 2010 Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Münster und dort inzwischen auch Leiter des Zentrums für Islamische Theologie. In der Vergangenheit wurde er aber von vielen Kollegen für seine Auslegung des Korans kritisiert.
Das Projekt verbinde die Methoden der historisch-kritischen Bibel-Analyse mit der literarischen Analyse der Arabistik und Islamwissenschaft und der islamischen Kommentartradition, sagte der zuständige Lektor des Verlags, German Neuendorfer, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Koran werde als Glaubensbuch verstanden, aber in seinen historischen Kontext eingeordnet. Die Reihe richte sich in erster Linie an Fachleute, solle aber auch ein breites Publikum zur Auseinandersetzung mit dem Islam ermutigen. Übersetzungen – auch ins Arabische – sind bislang nicht geplant.
Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt erschließt die heilige Schrift der Muslime nicht fortlaufend nach Suren. Es beschäftigt sich vielmehr mit übergreifenden Themen wie der Rolle der Frauen, der Scharia oder dem Gottesbild im Koran. Jedes Jahr sollen ein bis zwei Bände erscheinen. Band eins befasst sich mit „Gottes Offenbarung im Menschenwort“. Untersucht wird, wie weit die historisch-kritische Methode der Bibel-Auslegung ohne Verstehensverluste auch auf den Koran angewendet werden kann.
Neuendorfer sagte, die westliche Auseinandersetzung mit dem Koran sei häufig davon geprägt gewesen, die Heilige Schrift zu diskreditieren. Umgekehrt seien viele fromme Muslime gegen eine historisch-kritische Einordnung; für sie sei der Koran wortwörtlich Gottes Wort. Zugleich werde das Projekt aber zeigen, dass es auch in der Geschichte des Islam sehr unterschiedliche Auslegungstraditionen gegeben habe, so der Lektor. „Der Islam ist gar nicht so einheitlich, wie heute vielfach dargestellt wird.“ (KNA, iQ)