Die Fraktion der Grünen in Schleswig-Holstein fordert anstelle von bekenntnisorientiertem Religionsunterricht einen Konfessionsübergreifenden Religionsunterricht für alle. Religiöse Vertreter sehen den Vorschlag kritisch.
Die Grünen-Fraktion in Schleswig-Holstein will den bisherigen Religionsunterricht in einen interreligiösen „Religionsunterricht für alle“ umändern, wie „In-online“ berichtete. Das plant die Fraktion im Rahmen der Jamaika-Koalition durchzusetzen. Das neue Konzept sieht vor, dass auch Rabbiner und Imame mitunterrichten. Der Unterricht richtet sich dann alle Schüler sämtlicher Religionen und Konfessionen, sowie an Atheisten. „Denn es ist doch grundfalsch, Klassen gerade dann auseinanderzureißen, wenn im Unterricht über Werte gesprochen wird“, so die Grünen-Politikerin Eka von Kalben. Der bisherige evangelische und katholische Religionsunterricht wird gemäß dem Schulgesetz „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen“ erteilt. Nun sollen auch andere Religionsgemeinschaften einbezogen werden. Wie dies konkret realisiert werden soll ist innerhalb der Partei noch nicht zu Ende diskutiert worden. Grundsätzlich plädiert die Partei für Staatsverträge mit den Religionsgemeinschaften, wie beispielsweise mit der Schura Schleswig-Holstein oder dem „Bündnis der islamischen Gemeinden in Norddeutschland“. Dies würde auch die Einführung von islamischem Religionsunterricht überflüssig machen.
Die Jamaika-Koalition ist sich aber noch nicht einig, ob der Vorschlag der Grünen überhaupt umgesetzt wird. CDU-Bildungsministerin Karin Prien sieht keinen Bedarf für eine Umstrukturierung des Religionsunterrichts. Das bisherige Angebot erhalte positive Resonanz und interreligiöse Themen seien schon jetzt Teil des Lehrplans.
Auch die FDP zeigt sich zurückhaltend, denn die Inhalte von Religionsunterricht sollten nach Meinung der Fraktion nicht pauschal staatlich vorgegeben werden. Daher sei man dafür sich zunächst mit Vertretern der Schulen und Religionsgemeinschaften zu beraten. Unterstützung erhalten die Grünen hingegen von der oppositionellen SPD.
Religiöse Vertreter sehen den Vorschlag allerdings kritisch. „Jede Religionsgemeinschaft sollte nach ihrem eigenen Bekenntnis, Selbstverständnis und gemäß ihrem Recht auf Selbstbestimmung ihren eigenen Religionsunterricht erteilen. So sieht es das Grundgesetz auch vor. Denn erst aus einer eigenen religiös fundierten Identität heraus kann Dialogfähigkeit entstehen“, kommentiert der ehemalige Islamratsvorsitzende Ali Kizilkaya den Vorschlag.
Auch die Kirchen, die von einer solchen Änderung unmittelbar betroffen wären, lehnen diesen Vorschlag ab. „Man kann den konfessionellen Unterricht auf der verfassungsrechtlichen Grundlage nicht einfach durch einen interreligiösen Unterricht ersetzen, auch wenn das immer wieder angeregt und diskutiert wird“, sagt Peter Schulze, Vize-Sprecher der evangelischen Nordkirche. Außerdem seien interreligiöse Themen und Kooperationen mit anderen Religionsgemeinschaften schon lange Teil des Unterrichts.
Beate Bäumer, die Leiterin des Katholischen Büros in Kiel lehnt den Vorschlag der Grünen ebenfalls mit Vehemenz ab. Religionsunterricht sei „kein buntes Allerlei und keine Folklorekunde, wo es um etwas Ethik und Kultur geht“, so Bäumer. Schüler bräuchten ihrer Ansicht „eine fundierte religiös-konfessionelle Bildung, um sich selbst in religiösen Fragen positionieren und dialogfähig werden zu können“. Daher plädiere sie auch für die Einführung von islamischem Religionsunterricht an Schulen.
Bisher wird in Schleswig-Holstein nur evangelischer und katholischer Religionsunterricht an Schulen angeboten. Schüler, die keiner dieser beiden Konfessionen angehören, können Auf Antrag ebenfalls am Religionsunterricht teilnehmen. Betroffen sind etwa 44 Prozent der Schüler.