Burbach

Flüchtlinge misshandelt – Prozess gegen 32 Angeklagte

Bilder aus einem Flüchtlingsheim in Burbach lösten 2014 Entsetzen aus. Wachleute demütigten und misshandelten Schutzsuchende, filmten ihre Taten sogar noch. Gegen 32 Angeklagte beginnt nun ein Mammutprozess in Siegen. Und weitere Verfahren stehen an.

04
11
2018
Urteil
Symbolbild: Gericht, Urteil © shutterstock

Vor gut vier Jahren gingen tief verstörende Bilder aus einem Flüchtlingsheim in Burbach um die Welt: Wachleute posieren grinsend neben einem gefesselten Flüchtling, einer stellt seinen Fuß auf den Nacken des am Boden Liegenden. Und in einem Video wird ein anderer Geflüchteter in der Unterkunft im Siegerland gezwungen, sich auf eine mit Erbrochenem verschmutzte Matratze zu legen. Im Skandal um misshandelte Flüchtlinge beginnt nun am Donnerstag (8.11.) in Siegen der Strafprozess gegen 32 Angeklagte. Ein Mammutverfahren mit Terminen zunächst bis Mai 2019. Das Landgericht rechnet mit großem Andrang und legt die Verhandlungen in das Tagungs- und Kongresszentrum Siegerlandhalle.

Worum geht es konkret? Die Beschuldigten im Alter zwischen 24 und 63 Jahren sollen in der Notaufnahme-Einrichtung des Landes NRW in 54 Fällen Flüchtlinge eingesperrt, misshandelt, gequält oder gedemütigt haben. Die Taten ereigneten sich laut Anklage zwischen Ende 2013 und September 2014. Ein schockierendes Video – mit der Ekel-Matratze – war einem Journalisten zugespielt worden und hatte die Ermittlungen in Gang gesetzt. Der Hagener Polizeipräsident Frank Richter hatte damals fassungslos von Bildern gesprochen, „die man sonst nur aus Guantanamo kennt“ – dem umstrittenen US-Gefangenenlager.

Der Skandal löste auch eine politische Diskussion um Qualität und Standards in der Flüchtlingsunterbringung aus. Die damalige Landesregierung von Hannelore Kraft (SPD) geriet angesichts der eingeräumten „Katastrophe“ stark unter Druck. Auch der heutige Ministerpräsident und damalige Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger 2014 einen Rücktritt nahegelegt und von „einer Schande für unser Land“ gesprochen. Es wurde auch das eine oder andere geändert, verbessert. Das Wachteam wurde binnen Stunden ausgetauscht, der private Heimbetreiber abgelöst. Rot-Grün setzte Teams zur Kontrolle in den Unterkünften ein, Sicherheitspersonal wurde durchleuchtet.

Schauplatz der monatelangen Misshandlungen im Burbacher Heim war der Anklage zufolge vor allem ein „Problemzimmer“, in das einige Opfer über mehrere Tage hinweg eingesperrt worden seien. Schon kleine Verstöße gegen die Hausordnung – etwa Rauchen auf den Zimmern – sei Grund für die menschenverachtenden Vorfälle gewesen. Bei den verschiedenen angeklagten Straftaten geht es unter anderem um fahrlässige und gefährliche Körperverletzung, Nötigung oder Diebstahl.

Bei den meisten Angeklagten handelt es sich um Wachleute. Auch zwei Mitarbeiter der Bezirksregierung Arnsberg müssen auf der Anklagebank Platz nehmen. Ihnen wird Freiheitsberaubung durch Unterlassen vorgeworfen. Sie hätten vom „Betrieb der Problemzimmer“ gewusst.

Angesichts der hohen Zahl von 32 Angeklagten sei es möglich, dass der Prozess zu Beginn etwas „stottert“, wie ein Gerichtssprecher sagte. Es gebe „ein gewisses Fragezeichen“. Zu Beginn des Strafverfahrens müsse die Anwesenheit aller Angeklagten festgestellt werden. Über den Aufenthalt der vielen Angeschuldigten lagen dem Gericht aber dem Sprecher zufolge keine Angaben vor.

Zusätzlich zu den 32 Personen sind noch sechs weitere angeklagt: Das Verfahren gegen einen Geständigen aus den Reihen der Heimleitung wurde abgetrennt, ebenso der Prozess gegen fünf weitere Geständige. Start soll hier jeweils Anfang 2019 sein.

Was ist zum Motiv zu sagen – warum richteten die verdächtigten Sicherheitsleute das „Problemzimmer“ ein und führten die „eigenmächtigen Sanktionen“ durch? Sie wollten nach Einschätzung der Anklage die Zahl der zu meldenden Vorfälle möglichst gering halten, um das Ansehen von Einrichtung und Personal nicht zu schmälern. Das ist gründlich misslungen. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Emanuel Schaub sagt:
Wie wahr!! Aber ich glaube die Anklage macht es sich zu leicht. Dahinter steckt die oft erlebte Tendenz Hilfesuchenden/bedürftigenden nicht nur nicht zu helfen, sondern sie regelrecht zu verachtenund zu quälen. Mich erinnert das an die Verhaltensweise von "Menschen" ,die Obdachlose (was für ein Euphemismus!!) zu schlagen,drangsalieren und noch schlimmer zu mißhandeln. Die Wachleute hatten nur noch mehr Macht und Gelegenheit dazu. Der ideologische Hintergrund war wohl auch die Hetzte gegen alles Fremde. gruss emanuel
05.11.18
10:01
Deus vult sagt:
Emanuel Schaub: der Vergleich mit Obdachlosen hinkt. Wir erleben gerade eine massenhafte Einwanderung, die zur Verdrängung und Ersetzung führen wird. Einwanderung ist Krieg und vice versa, wie Vox Day in seinem "Voxiversity" "Immigration and War" dargelegt (auf einem Essay Martin van Crevelds beruhend).
08.08.19
15:28