Die österreichische Regierung ist klar rechts. Die Gegenwehr ist groß und gut organisiert. Aktivistinnen aus Österreich erzählen, wie die rechte Regierung im Hass zu teilen versucht und wie sie sich davon unbeeindruckt in ihrem Aktivismus einen. Ein Gastbeitrag von Esma Çelik und Gözde Taşkaya.
Seit mehr als einem Jahr ist die österreichische Regierung mit einer Koalition von der österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) an der Macht. Mit dem Sieg dieser Parteien steigt auch täglich der Druck auf Minderheiten in Österreich.
Einerseits sind alle BürgerInnen Österreichs mit diversen Kürzungen in den wichtigsten Bereichen wie Integration, Bildung, Arbeitsmarkt betroffen, andererseits stehen sie vor neuen Gesetzen, wie der neuen 12h -Arbeitszeitregelung.
Abgesehen davon sind Muslime und Musliminnen nochmal anders betroffen, denn sie werden direkt zur Zielscheibe der österreichischen Regierung gemacht. Es werden Pressekonferenzen inszeniert, die Moschee-Schließungen ankündigen oder Diskurse gefördert, die vor allem sichtbare Musliminnen mit Berufsverboten an den Rand der Gesellschaft rücken wollen.
Das neue Kopftuch-Verbotsgesetz für Kindergartenkinder wurde nun einheitlich beschlossen. “Das ist nur der Anfang” hört man immer wieder von rechter Seite, die auch das Niqab-Verbot feierte. Das Ganze bestätigt sich auch mit den letzten Werbekampagnen der FPÖ, die gerne sichtbare Musliminnen für die eigenen Plakate verwendet und somit den Hass gegenüber dem Islam und muslimischen BürgerInnen aktiv fördert.
Neulich wurde ein Bild einer Schwarzen Hijabi verwendet, um eine Kampagne zur Kürzung der Familienbeihilfe, für die im Ausland lebenden Kinder, bildlich darzustellen. Mit dem Spruch “unser Geld für unsere Kinder” wurde das Plakat betitelt. Doch faktisch und sachlich gesehen sind von diesen Kürzungen primär Eltern betroffen, deren Kinder in Ungarn, der Slowakei, Polen und Rumänien leben. Für Kinder außerhalb des EU- und EWR-Raums wird hingegen überhaupt keine Familienbeihilfe gezahlt. Die Regierung schafft beinahe jedes Problem mit der muslimischen Minderheit in Österreich in Verbindung zu setzen. Einer der Oppositionsparteien “die NEOS” haben diesbezüglich sogar eine Anzeige mit dem Verdacht auf Verhetzung gegen die FPÖ eingebracht.
Menschen werden gegeneinander ausgespielt und gespalten, Grundrechte werden in Frage gestellt. Auf der einen Seite nimmt der Hass dank populistischer Politik zu und Menschen fühlen sich legitimiert und ermutigt auch öffentlich MuslimInnen zu diffamieren und sie zu diskriminieren.
Auf der anderen Seite kommen jedoch Menschen zusammen, die dieses strategische Vorhaben erkennen und versuchen dagegen anzukämpfen. In diesem Zusammenhang sind Begriffe wie Solidarität und Zivilcourage die Lösungswörter gegen die Spaltung der Gesellschaft.
Um das alles sichtbarer zu machen, wird die Wiener Innenstadt durch wöchentliche Demonstrationen und Kundgebungen belebt. Eines dieser vielen Proteste ist die bekannte Donnerstagsdemo, die mit dem Motto „wir sind jetzt zusammen“ aus der Geschichte in die Gegenwart geholt wurde. Angeknüpft an die Protestkundgebungen aus dem Jahre 2000 gegen die ÖVP-FPÖ Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, richtet sich der Inhalt gegen die rassistischen Positionen der FPÖ, aber auch gegen die Entdemokratisierung, den Sozialabbau und die damit verbundene Schwächung von Arbeitnehmervertretungen. Um gegen dieses Vorhaben zu protestieren, versammeln sich jede Woche zwischen 5.000 und 10.000 Personen auf den Straßen Wiens.
MuslimInnen, aber auch andere Minderheiten, sind öfter nicht nur den Rechten, sondern zum Teil auch den Linken ein Dorn im Auge. Weiße Linke haben mehrheitlich ein atheistisches oder säkulares Selbstverständnis, aus diesem Grund haben viele beispielsweise wenig Empathie für Menschen, die ihren religiösen Praktiken nachgehen wollen (wie zum Beispiel das Kopftuchtragen während der Berufsausübung). Dasselbe gilt auch für linke weiße Feminist*innen, die nicht verstehen, dass es nicht ausreicht in der Kategorie Gender zu denken, sondern es weitere Kategorien gibt, welche maßgebend dafür sind, in welcher Position sich eine Frau in diesem System befindet.
Deshalb ist es wichtig, dass wir als “migrant / black / poc” Gruppen zusammenkommen und uns vorerst selbst organisieren. Uns Räume schaffen, besetzen oder nehmen, um uns zu empowern oder um andere auf uns aufmerksam zu machen. Um zu sagen, “we are here, here to stay!” und ja, wir können für uns selber sprechen. Mit dem Banner “Mia san a do!” (Wir sind auch da!) wollten wir der ganzen Sache eine eigene Sichtbarkeit geben und uns zusätzliches Gehör verschaffen. Diese Initiative diente dazu Aktivist*innen zusammenzubringen und einen Austausch untereinander zu fördern. Dabei stand die Selbstorganisation und das Empowern von Migrant*innen, BPoC im Vordergrund, solidarische Menschen waren natürlich auch herzlich eingeladen mit uns gemeinsam zu marschieren.
Für die Donnerstagsdemo haben wir uns in dieser Form zusammengefunden und uns organisiert und wir haben vor auch die weiteren Donnerstage auf die Straßen zu gehen. Das werden aber nicht die einzigen Proteste sein, auf denen man uns sehen wird. Solange in einem Verbotsland wie Österreich noch die Demonstrationsfreiheit existiert, solange findet man unseren Block auf den Straßen Wiens. Sichtbar, laut und selbstbewusst.