Durch Wahlerfolge und mediale Präsenz ist die AfD zu einem festen Bestandteil in der Innenpolitik geworden. Eine aktuelle Studie wertet journalistische Erfahrungen mit der AfD aus und stellt Lehren für die Praxis zur Diskussion.
Die Otto Brenner Stiftung (OBS) veröffentlicht heute eine weitere Publikation zum Thema „AfD und Medien“. Schon im Sommer 2017, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, erschien ein viel beachtetes Diskussionspapier mit „Analysen und Handreichungen“ für die journalistische Arbeit. In dem jetzt vorgelegten OBS-Arbeitsheft 95 der Stiftung geht es vor allem darum, die mittlerweile gewonnenen journalistischen Erfahrungen kritisch auszuwerten und daraus „Lehren für die Praxis“ zu ziehen und diese zur Diskussion zu stellen.
„Es ist ein besonderes Anliegen der Otto Brenner Stiftung“, erklärte Geschäftsführe Jupp Legrand, „die Berichterstattung über die rechts-populistische AfD kontinuierlich zu verfolgen und immer wieder Anregungen zur Reflexion und für Verbesserungen in den Redaktionen zu liefern. Die Studie ist aber nicht nur für Journalisten interessant, sondern für alle, die die Berichterstattung über die AfD kritisch verfolgen und denen eine demokratische Öffentlichkeit am Herzen liegt.“
Aus dem populistischen Charakter der AfD ergibt sich deren Verhältnis zu den Medien. Sie geht zwar nicht so weit wie der US-Präsident Donald Trump, der ihm nicht genehme Medien als „Feinde des Volkes“ bezeichnet, aber auch die AfD pflegt grundsätzliche Vorbehalte gegenüber redaktionell geführten Medien. Gängig sind Bezeichnungen wie Lügen-“ oder „Lückenpresse“ und „Staatsfunk“. Journalistische Medien, die redaktionell auswählen und den Anspruch haben, zu erklären und Orientierung anzubieten, gelten der AfD prinzipiell als manipulativ, korrupt, elitär oder staatlich gesteuert.
Die AfD hat sich als Gegenentwurf längst ein eigenes mediales Zuhause geschaffen. Sie ist die erste Partei des Internets. Die Digitalisierung macht es möglich, Informationshäppchen jedem Kontext zu entreißen. Das macht sich die AfD zunutze und tummelt sich auf „Social Media“-Kanälen, die sie zur Radikalisierung ihrer Botschaften einsetzt.
Große Schwächen, so ein weiteres Ergebnis der dreimonatigen Analyse von Nürnberger Nachrichten und Oberhessischer Presse, scheinen vor allem in der Berichterstattung der regionalen Abo-Zeitungen zu liegen. Hier werde zu wenig eigenständig und neugierig über das unmittelbare Umfeld berichtet. Gäbler schlussfolgert: „Schaut man nicht nur auf die Leuchttürme, sondern auch ins Kellergeschoss der deutschen Printlandschaft, dann merkt man: Sie bröckelt an der Basis“. Schwächen sieht die Studie auch in der Mode des „Ich“-Journalismus, die besonders bei jugendaffinen Medien gepflegt werde. Wer allein selbstbewusst und mit dem Vertrauen in die Stabilität der eigenen Identität den Identitären begegnen wolle, greife zu kurz. Gäbler sieht gerade bei jungen Journalisten einen mangelnden „Mut zum Allgemeinen“, zum Nachdenken über die Gesellschaft insgesamt statt nur über das eigene Befinden.
In der Studie wertet der Autor auch Interviews mit prominenten Politikern der AfD aus und er stellt dar, was „gut lief“ bzw. was künftig anders und besser gemacht werden sollte. Noch zu wenig – auch das moniert die Studie – werde mit der AfD über die Deutungen von Kultur und Geschichte gestritten. Wenn sich die AfD-Anhänger als wahre Erben des Hambacher Festes und von Bismarck wie Stresemann ausgeben, werde dem zu selten argumentativ entgegengetreten.