Der israelische Rechtswissenschaftler Shai Lavi warnt davor Antisemitismus zu beklagen und Islamfeindlichkeit zu ignorieren. Muslime seien vergleichbarer Stigmatisierung ausgesetzt wie Juden im 19.Jahrhundert.
Der israelische Rechtswissenschaftler Shai Lavi warnt davor den Antisemitismus in Europa zu beklagen ohne auch über Islamfeindlichkeit zu diskutieren, wie „news.at“ berichtete. Damit reagiert der Wissenschaftler auf die heutige Konferenz gegen Antisemitismus und Antizionismus, zu der die österreichische Regierung im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft eingeladen hat.
„Ich befürchte, dass solche Diskussionen politische Manipulation der Rechten und ihrer Koalitionspartner sind, um sich von dem Vorwurf des politischen Extremismus reinzuwaschen, indem sie sich als israel- und judenfreundlich porträtieren, um eine islamophobe und ausländerfeindliche Einstellung begründen zu können“, so Lavi.
Deshalb sei es wichtig Antisemitismus nicht losgelöst von Islamfeindlichkeit zu diskutieren. „Beide sind sehr eng miteinander verknüpft und sie zu trennen, scheint mir falsch“, meint der Wissenschaftler. Seiner Ansicht nach gäbe es erhebliche Parallelen zwischen der Diskriminierung und Stigmatisierung von Muslimen heute und den Juden damals.
Im späten 19. Jahrhundert hätte sich der Antisemitismus von einem zunächst „generellen kulturellen Gefühl“ zu einer „politischen Mobilisierung“ entwickelt. Die Folge sei nicht nur der Aufstieg antisemitischer Parteien, sondern auch ein politischer Diskurs, der immer stärker von antisemitischen Gedanken durchzogen war. „Ich glaube wir haben es heute mit einer ähnlichen Situation gegenüber Muslimen zu tun, denn die Islamophobie beginnt, den politischen Diskurs mitzubestimmen“, meint Lavi.
Parallelen zeigten sich auch in den „unverblümten Attacken“ gegen Juden damals und Muslime heute. Den Juden warf man damals auch vor die deutsche Kultur zu verändern und das Land erobern zu wollen, weil es zuvor zu einer Migrationswelle von Juden von Ost nach West- und Zentraleuropa kam. Muslime heute würden sogar noch stärker als „Fremde von außen“ wahrgenommen. Die eines jüdisch-christlichen Abendlandes, das erst seit Ende des zweiten Weltkrieges so deutlich hervorgehoben werden, grenze Muslime aus. „Wir sehen heute eine steigende Affinität zwischen rechten Parteien und Israel, die das Bild der jüdisch-christlichen Verbindung auf Kosten der Muslime bestärken. Viele verkleiden so den Willen, die Muslime auszuschließen mit Judenfreundlichkeit“, kritisiert er weiter.