Antisemitismus

Meldestelle für antisemitische Übergriffe startet

Immer wieder wird kritisiert, dass die offizielle Statistik nicht das wahre Ausmaß von Antisemitismus abbilde. Ab Februar will nun eine bundesweite Meldestelle auch solche Fälle aufnehmen, die keine Straftat darstellen.

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01
2019
Meldestelle für antisemitische Vorfälle
Screenshot: Online-Meldestelle für antisemitische Vorfälle © Report-Antisemitism, bearbeitet by iQ.

Dumme Sprüche, Beleidigungen, Drohungen, Gewalt: Wer als Opfer oder Zeuge einen antisemitischen Übergriff erlebt, kann die Tat künftig auch einer bundesweiten Meldestelle mitteilen. Von Februar an nimmt der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) in Berlin seine Arbeit auf. Er solle das „wahre Ausmaß des Antisemitismus sichtbarer“ machen, heißt es. Aufgenommen würden Vorfälle auch dann, wenn keine Straftat begangen wurde.

Meldungen sind über ein Online-Formular, per E-Mail oder telefonisch möglich. Das Ziel soll sein, eine bundesweite Meldestruktur aufzubauen. Die Verantwortlichen betonen, dass bei Meldungen immer eine Kontaktmöglichkeit für Rückfragen bestehen müsse. Bei jedem gemeldeten Vorfall werde ein „akribischer Verifizierungsprozess“ in Gang gesetzt – und in die Statistik würden schließlich nur verifizierte Vorfälle aufgenommen.

Rechtsextremisten begehen 90% aller Straftaten

Die offiziellen Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden von Experten mitunter als fehlerhaft bezeichnet. So begehen Rechtsextremisten der PKS zufolge mehr als 90 Prozent aller antisemitischen Straftaten. Ein Problem ist, dass Delikte, bei denen kein Täter ermittelt werden kann, unter „Rechtsextremismus“ eingruppiert werden. Jüdische Verbände weisen auf eine hohe Zahl von Vorfällen hin, die nicht strafbar sind – auch sie würden nicht erfasst.

Der neue Bundesverband soll in diesem Jahr zunächst mit Mitteln des Antisemitismusbeauftragten, der beim Bundesinnenministerium angesiedelt ist, gefördert werden. Ziel ist den Angaben zufolge, ab dem Jahr 2020 durch das Programm „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums gefördert zu werden. „Wir dürfen die Bekämpfung des Antisemitismus nicht den Juden überlassen in diesem Land“, hatte Klein im Dezember gesagt.

Angriffe seien gesamtgesellschaftliches Problem

Opfer antisemitischer Vorfälle sollen nach dem Vorbild der bereits bestehenden Berliner RIAS-Stelle auf Landesebene künftig auch in anderen Bundesländern direkt vor Ort unterstützt werden. Solche Einrichtungen werden in Bayern und Brandenburg bereits dieses Jahr ihre Arbeit aufnehmen. In weiteren Bundesländern ist man offenbar mit potenziellen Trägern in guten Gesprächen: Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die Meldestellen sollen mit jüdischen Gemeinschaften kooperieren und Bürger über Antisemitismus aufklären.

Eine aktuelle Studie vom August vergangenen Jahres zeigt, dass in Deutschland, sowie in weiteren westeuropäischen Ländern kein Anstieg von Antisemitismus durch Zuwanderung zu verzeichnen sei. Dies sei vielmehr ein Problem der Mehrheitsgesellschaft.

Nach Einschätzung des Geschäftsführers des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, kann die Meldestelle künftig Auskunft über die Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland geben. Oft heiße es, antisemitische Übergriffe nähmen zu. Das festzustellen sei allerdings schwierig, weil solche Vorfälle bisher nicht systematisch erfasst würden. Botmann, der auch im Vorstand des Bundesverbandes sein wird, betont, Übergriffe auf Juden seien ein Problem für die ganze Gesellschaft. Denn: „Jeder Antisemit hat ein Problem mit unserer Demokratie und unserer Gesellschaft.“

Muslime begrüßen Meldestelle

Auch der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, begrüßt die Gründung einer Meldestelle. „Zurzeit existieren verschiedenen Angaben über die Anzahl und Täterprofil. Mit solch einem Bundesverband könnten mehr Informationen gesammelt werden, um die Ursache von Antisemitismus zu bekämpfen“, so Kesici gegenüber IslamiQ. Neben antisemitische Übergriffe, sollten auch islamfeindliche Übergriffe dokumentiert werden. (KNA, iQ)

Leserkommentare

thomas sagt:
Daran sieht man die Perfidie der Politik Antisemitismus hier Antisemitismus da aber vor Hass und Gewalt gegen Muslime auch mit Hilfe der Medien schaut man weg PI politically incorrect existiert nach wie vor und hetzt gegen Muslime aber auch gegen Migranten und Leute, die südländisch aussehen. Ich fragen mich, warum wird diese Seite immer noch geduldet? Und AFD ist rassistisch und offen muslimenfeindlich aber es stört keinen
17.01.19
20:36
thomas sagt:
Antisemitismus ist schlimm aber im Grunde ähnlicher Prägung wie Islamfeindlichkeit Nur die Religionen haben sich geändert und die Hetze läuft subtiler und cleverer ab
17.01.19
20:38
thomas sagt:
der Diskurs ist sehr gefährlich immer wenn es um antisemitismus geht neuerdings wird auf Muslime gezeigt dabei sind 90 prozent der fälle rechtsextremer Art ich frage mich warum sitzen in den Talkshows immer die CDU und AFD leute und geben den Muslimen die Schuld daran ? und wann wird es Meldestelle für Islamfeindlichkeit geben ?
17.01.19
20:39
Frederic Voss sagt:
Daß ständig oder bevorzugt gerne Muslime als Opfer dargestellt werden, das fällt schon auf. Die Opfer islamisch motivierter Messerattacken und schlimmerer Taten zählen wohl nicht?
18.01.19
2:54
Frederic Voss sagt:
Zitat der Woche: "Ich habe es satt in Studios zu sitzen und jede Woche über Gewaltexzesse gegen und Morde an Frauen zu diskutieren. Nur weil man das Unintegrierbare integrieren will. Nur weil man das Intolerante toleriert. Das ist der böse Fluch der Toleranzprediger und GutmenschInnen, die einen solchen gesellschaftlichen Wahnsinn zu verantworten haben." Gerald Grosz bei "Fellner! Live" am 15.01.2019 - Oe24.TV Bitte realisieren: Es gibt keine Einseitigkeit von Übergriffen.
18.01.19
3:10
grege sagt:
Probleme, die auch besonders in muslimischen Communities auftachen, werden gerne in die Rubrik "gesamtgesellschaftlich" outgesourct. Wieder einmal eine typische Vorgehensweise, mit der man unangenehmer Selbstkritik aus dem Weg geht.
20.01.19
17:53
Harousch sagt:
„History repeats“ lautet ein gängiger Spruch im angelsächsischen Sprachraum und zeigt die Gefahren auf, wenn eine ethnische Gruppe oder ein Volk vergisst, was die Vorfahren vor einigen Generationen getan haben. Weder die Demokratie noch das Wissen noch der Wohlstand noch der Fortschritt hat es geschafft einigen Schwachmaten aufzuzeigen, wozu ihre Vorfahren fähig waren. Erschreckenderund bedauerlicher Weise ist die Tatsache, dass ihre Nachfahren sich eines Tages ebenfalls hinstellen und nach demselben sich sehnen würden, ist mehr als bemitleidenswert. Die Aliierten hätten vor der Kapitulation Deutschlands im 2. Weltkrieg etwas gründlicher aufräumen sollen, dannhätten wir heute mehr Frieden in Deutschland.
22.01.19
22:43