Imame

Imamausbildung in Europa – ein Überblick

In Deutschland wird wieder über die Imamausbildung diskutiert. Doch wie sieht es in den anderen Ländern in Europa aus? Ein Überblick.

03
02
2019
Imam
Symbolbild: Imam © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Der „Beruf“ des Imams ist einer der schwierigsten Berufe überhaupt. Denn es gibt kein Leistungsprofil. Jedes Gemeindemitglied stellt seine eigenen Erwartungen an den Imam. Heutzutage reicht es kaum noch aus, nur den religiösen Anforderungen einer Moschee zu entsprechen. Ein guter Imam soll Vorbeter, Prediger, Seelsorger, Jugendarbeiter, Berater, Erzieher, Pädagoge etc. zugleich sein.

Im Jahre 2012 wurden die ersten islam-theologischen Zentren in Deutschland gegründet, doch auch sie konnten bis heute den Bedarf einer Imamausbildung nicht decken. 

Mit der Einberufung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) wurden Imame und ihre Ausbildung erneut Gegenstand politischer Debatten. Politiker fordern die Etablierung einer Imamausbildung ausschließlich in Deutschland und das Ende einer Auslandsfinanzierung. Doch wie sieht die Imamausbildung in anderen Ländern Europas aus?

Österreich: Imamausbildung ist Sache der Gemeinden 

Seit 1979 vertritt die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) die Muslime in Österreich, doch ist sie nicht direkt für die Ausbildung von Imamen verantwortlich. Die Imame werden von den Kultusgemeinden der IGGÖ eingestellt. In Österreich gibt es rund 300 Moscheen und ungefähr 250 Imame. 

Wenn eine Moscheegemeinde einen Imam aus dem Ausland beschäftigen möchte, muss sie zunächst einen Antrag bei der IGGÖ stellen. Nach einer erfolgreichen Prüfung erhält der Imam ein Zertifikat, „Idschaza“ genannt. Dieses Zertifikat bescheinigt, dass der betreffende Imam ausreichend theologisch qualifiziert ist und in der Gemeinde arbeiten kann. Damit kann die Gemeinde nun ein Arbeitsvisum beantragen. Imame, die bereits eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, werden jedoch nicht von der IGGÖ einer theologischen Prüfung unterzogen.

Neben den jungen Studiengängen an der Universität Wien versuchen islamische Religionsgemeinschaften mit der Errichtung von Imam-Hatip-Schulen religiöses Personal und Imame auszubilden. Doch verweist die österreichische Regierung bei der Imamausbildung auf die Universität und beobachtet andere Projekte mit Skepsis.

Frankreich: Macron fordert „französischen Islam“

Die Debatte über Imame in Frankreich ist nicht neu. Schon 2008 wurde der Grundstein für eine staatliche Imamausbildung gelegt, so dass das Katholische Institut in Paris jährlich eine Weiterbildung für Imame zu Themen wie Werte der Republik, Säkularismus und Religionsgeschichte anbietet. 

Indes entwickelten islamische Religionsgemeinschaften unterschiedliche Modelle, um die Kultivierung von Imamen im Land zu vereinfachen. Aktuell gibt es keine eindeutige Information über die Anzahl von Imamen in Frankreich. Während die Regierung von 6000-7000 Imamen ausgeht, liegt die Zahl laut muslimischen Vertretern bei 700 Imamen. Nicht offiziellen Angaben zufolge gibt es ungefähr 3000 Moscheen in Frankreich. 

Aktuell steht in Frankreich die Überarbeitung des Gesetzes von 1905, das Kirche und Staat in Frankreich trennt, an. Mit der Reform sollen die Religionsgemeinschaften in Frankreich eine neue Rechtsstellung erhalten und damit künftig auch von Staatszuschüssen profitieren können. Zudem soll die Ausbildung von Imamen gefördert werden und Muslime in Frankreich sollen unterstützt werden, eigene Strukturen aufzubauen. Außerdem möchte Präsident Emmanuel Macron Strukturen für einen „französischen Islam“ schaffen.

Unabhängig von staatlichen Initiativen zur Imamausbildung haben islamische Gemeinschaften Privatschulen gegründet, um ihre eigene Imame auszubilden. Darunter auch eine Universität. Die DITIB in Frankreich wird in Kooperation mit der Marmara Universität in Istanbul eine theologische Fakultät in Straßburg eröffnen, der zum Wintersemester 2019/20 seinen Lehrbetrieb aufnehmen soll.

Niederlande: Keine Lösung in 30 Jahren gefunden

Die Debatte über eine Imamausbildung in den Niederlanden wird seit 30 Jahren geführt. Der erste Antrag für eine nationale Imamausbildung wurde 1984 eingereicht. Aufgrund fehlender Strukturen wurden 2002 die ersten Imame aus dem Ausland eingestellt. Diese mussten vorher einen Sprachkurs besuchen. 2004 forderte das Bildungsministerium die Etablierung einer Imamausbildung an niederländischen Universitäten.

Nach zahlreichen Fehlversuchen einer universitären Imamausbildung wurde vergangenen Jahres eine islam-theologische Fakultät in Amsterdam gegründet. Das Studium besteht aus zwei Hauptmodulen. Während im ersten Modul Imame und muslimische Seelsorger ausgebildet werden, werden Studierende im zweiten Modul als Religionslehrer ausgebildet. Doch sei die Grundausbildung in den ersten Jahren für beide Module identisch. Erst im 5. Semester entscheidet sich der Studierende, nach den Praktiken in den zwei Bereichen, ob er sich zum Imam/Seelsorger oder zum Religionslehrer ausbilden lassen möchte. Derzeit befinden sich 10 Studenten im Grundstudium.

Laut einer aktuellen Umfrage gibt es etwa 500 Moscheen, in denen 300 Imame beschäftigt werden. Etwa 75 dieser Imame arbeiten auch als muslimische Seelsorger in niederländischen Gefängnissen und Krankenhäusern.

Belgien: Imame sind staatliche Bedienstete

Trotz der Tatsache, dass die islamischen Gemeinschaften in Belgien seit dem 19. Juli 1974 einen rechtlich anerkannten Status haben, kamen die ersten Imame erst 2005 ins Land. Mit der Anerkennung der Moscheen durch den Staat im Jahre 2008 galten auch die Imame als staatliche Bedienstete. In Belgien gibt es 300 Moscheen, von denen 90 vom belgischen Staat anerkannt wurden. Weitere 73 Moscheen gehören der Diyanet-Stiftung in Belgien. Auch wenn 37 von 73 Moscheen die Anerkennung haben, werden die Imame nicht vom Staat finanziert. Die Gehälter von Imamen, die nicht verbeamtet sind oder aus dem Ausland finanziert werden, werden von den Vereinen selbst bezahlt. Die Aufgabe des Staates ist es, das Anerkennungsverfahren der Moscheegemeinden und Imame zu führen, jedoch sich nicht in den Inhalt der Predigten und des religiösen Unterrichts der Moschee einzumischen. 

Die Anerkennung von Moscheen ist ein separater Prozess, um den sich der Executif kümmert, die islamische Vertretung des Landes. Nach einem erfolgreichen Anerkennungsverfahren beruft der Executif unter Absprache mit dem Justizministerium einen Imam für die jeweilige Moscheegemeinde. Hierbei gilt folgende Regelung: Moscheen mit 700 Gemeindemitgliedern erhalten einen Imam, Moscheen mit 700-1200 Mitgliedern bekommen zwei, Moscheegemeinden mit mehr als 1500 Mitgliedern erhalten drei Imame. Während der erste Imame, die Rolle des Freitagspredigers übernimmt, leitet der zweite Imame die täglichen Gebete. Der dritte Imam übernimmt die Aufgabe des Muezzins. 

Aktuell plane das Executif die Gründung eines Instituts, die zwei unterschiedliche Ausbildungsprogramme anbieten werde. Das erste Ausbildungsmodell soll sechs bis sieben Jahren dauern und am vorhandenen islamischen Religionsunterricht andocken. Die Absolventen dieses Programms werden an die theologischen Fakultäten in den Herkunftsländern geschickt. Im Rahmen des zweiten Modells der Imamausbildung sollen junge Menschen mit religiöser Grundbildung in das Institut eingeladen werden. Neben den theologischen Grundlagen werden diese Studenten zusätzliche pädagogische Kurse erhalten.

Leserkommentare

Emanuel Schaub sagt:
Bis dato habe ich drei Imame mehr oder weniger näher kennengelernt; nach den Deutsch kenntnissen zu urteilen waren sie alle aus der Türkei "eingeführt" (pardon) worden. Absolut nichts gegen ihre menschlichen! und fachlichen (die ich schon gar nicht beurteilen kann) damit ausgedrückt. Umso wichtiger sind wohl alle Massnahmen zu unterstützen um die Ausbildung hier zu ermöglichen. Das Prof Bild führt meinere Meinung nach doch schell zur Überfoderung und ob die genannten anderen..Berater Gruppen durch einen ersetzt werden können!? gruss emanuel
04.02.19
10:59