Schleswig-Holstein

Streit um Vollverschleierung an Uni und Schulen

Keine Vollverschleierung in der Vorlesung, im Seminar oder an der Schule: Die Kieler Uni verbietet das Verhüllen des Gesichts etwa mit einer Niqab, wie sie manche Muslima tragen. Ministerin Prien kündigt ein Verbot auch an den Schulen an – und löst politischen Streit aus.

15
02
2019
Symbolbild: Burkaverbot, Verhüllungsverbot© Juanedc @ flickr.com (CC 2.0), bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Burkaverbot, Verhüllungsverbot© Juanedc @ flickr.com (CC 2.0), bearbeitet by iQ.

Die Kieler Christian-Albrechts-Universität hat einer muslimischen Studentin eine Vollverschleierung des Gesichts in Lehrveranstaltungen verboten. „Auf dem Campus könnten Studierende aber auch eine Burka oder eine Niqab, die nur einen Augenschlitz zulässt, tragen“, sagte Uni-Sprecher Boris Pawlowski am Mittwoch. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) begrüßte den Beschluss und kündigte eine Gesetzesinitiative gegen Gesichtsverschleierung in den Schulen an. Es gebe „keinen aktuellen Fall“, bisherige Einzelfälle seien schulintern einvernehmlich geregelt worden.

Zuvor hatten die „Kieler Nachrichten“ berichtet. Fast alle Parteien zeigten für das Verbot der Uni Verständnis, Priens Schulvorstoß stieß aber auch auf scharfe Kritik. „Das ist für uns der Inbegriff des Populismus“, sagte ein SSW-Sprecher. „Prien schafft eine Lösung für ein Problem, das es an den Schulen gar nicht gibt.“ Der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat sagte, „ob es einer entsprechenden Regelung im Schulgesetz bedarf, bleibt abzuwarten“.

Prien will ein Vollverschleierungsverbot im Schulgesetz bis zum Sommer 2020 durchsetzen. „Lehrkräfte und Lernende sollen bei schulischen Veranstaltungen ihrer Gesprächspartnerin und ihrem Gesprächspartner ins Gesicht schauen können“, sagte eine Ministeriumssprecherin.

„Die Entscheidung der Universität ist ein Fehler“

In der Jamaika-Koalition zeigte sich ein Riss. Während CDU und FDP das Verbot an der Uni und Priens Vorstoß unterstützten, gingen die Grünen auf Distanz. „Die Entscheidung der Universität ist ein Fehler“, sagte der Grünen-Abgeordnete Lasse Petersdotter. „Dozierende und Professoren sind weder in der Lage noch beauftragt, die Mimik und Gestik der Studierenden zu bewerten.“ Die Grünen halten Priens Vorstoß für den falschen Weg. „Die Möglichkeit, religiöse Symbole zu tragen oder auf sie zu verzichten, zeichnet eine weltoffene Gesellschaft aus“, sagte die Schulpolitikerin Ines Strehlau.

Das Uni-Präsidium hatte Verbot am 29. Januar erlassen. Es solle dafür Sorge zu tragen, „dass die Mindestvoraussetzungen für die zur Erfüllung universitärer Aufgaben erforderliche Kommunikation in Forschung, Lehre und Verwaltung sichergestellt sind“. Dazu gehöre die offene Kommunikation, „welche nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf Mimik und Gestik beruht“.

Kultusministerkonferenz (KMK) und Hochschulrektorenkonferenz (HRK) konnten am Mittwoch nicht sagen, in wie vielen Schulgesetzen der Länder Vollverschleierungen verboten sind beziehungsweise von wie vielen Hochschulen in Deutschland.

„Kopftuch ja, Vollverschleierung nein“

„Das Tragen von Burka oder Niqab ist kein Ausdruck von Weltoffenheit, sondern ein Zeichen der Unterdrückung von Frauen“, sagte FDP-Landtagsfraktionschef Christopher Vogt. „Wir wollen bei der Gleichberechtigung der Geschlechter Fort- und keine Rückschritte.“ Der CDU-Politiker Tobias Loose sagte: „Überall, wo wir Vollverschleierung verbieten können, sollten wir das auch tun.“

Auch die designierte SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli betonte, „die CAU hat Recht – Kopftuch ja, Vollverschleierung nein“. Ein Kopftuch lasse das Gesicht frei und behindere Kommunikation nicht. „Das ist bei Niqab und Burka anders

Verhüllungsverbot in Gerichten

Nach Ansicht des Kieler AfD-Landtagsabgeordneten Frank Brodehl seien „gesetzliche Verbote allein keine Lösung – zumindest nicht langfristig“. Verbote hätten in der Demokratie nur dann Bestand, wenn sie von der Mehrheit der Bürger akzeptiert und mitgetragen würden.

Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags von 2014 bewertete eine Verankerung eines Verschleierungsverbots im Grundgesetz als „nicht unproblematisch“. Der Bundesrat beschloss im Oktober 2018, einen Gesetzentwurf für ein grundsätzliches Verhüllungsverbot in Gerichten beim Bundestag einzubringen. Im Gericht sollen Zeugen und Verfahrensbeteiligte künftig generell keine Gesichtsschleier, Burkas, Masken, Sturmhauben oder Motorradhelme tragen dürfen. Bislang gibt es nur die Möglichkeit einzelner richterlicher Anordnungen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Und wieder einmal die ewige Scheindebatte um das Kopftuch und den Gesichtsschleier, welche jedes mal auf einem neuen Topf gekocht wird. „Das Tragen von Burka oder Niqab ist kein Ausdruck von Weltoffenheit, sondern ein Zeichen der Unterdrückung von Frauen“ Beweise? Fehlanzeige! Da will jemand seine subjektive Fehlmeinung zur allgemeinengültigen Norm machen, die nicht hinterfragbar ist. Was für eine bevormundende Anmaßung. Bei so viel Dummheit und mangelndem Selbstwertgefühl unter Politikern ist es wahrlich ein Wunder, dass der deutsche Staat noch nicht untergegangen ist. Und täglich grüßt das Murmeltier. Armes Deutschland.
15.02.19
17:50
Frederic Voss sagt:
Dieser GRÜNE Kniefall vor dem Islam ist mir unverständlich und bereitet möglicherweise freien Raum für Islam-Hardliner. Vielleicht sollte die Partei der GRÜNEN demnächst besser DIE MUSLI-GRÜNEN heissen. Gott sei Dank gibt es auch noch andere willensbildende Parteien und Politiker.
15.02.19
18:19
Kritika sagt:
L.S. Eine MusselmanFrau hat getestet, wie weit sie gehen kann. Nun weiss sie es! Gut so. Da bekommt der Islam plötzlich einen mächtigen Mitstreiter: Jemand von der SSW. Das ist eine µ Partei, die als einziges Tema "Dänisch als Wahlfach in Schulen " hat. Die SWS erziehlt in Wahlen nur mit ach und Krach um die 2% der Stimmen, daher ist sie von der 5% Clausel freigestellt und darf mitregieren. Damit nicht ganz SH denkt, die SWW wäre eingeschlafen, versucht sie krampfhaft von Zeit zu Zeit in den Kieler Nachrichten eine kleine Erwähnung zu bekommen. egal um was, sogar wenn es um Kopftuch geht. Da gefällt mir der CDU-Politiker Tobias Loose schon viel besser: er sagt: „Überall, wo wir Vollverschleierung verbieten können, sollten wir das auch tun. Gruss, Kritika
16.02.19
0:40
Emanuel Schaub sagt:
Ohne auch nur den Hauch eines Wissens zu besitzen ,inwiefern ein Gesichtsschleier dem Willen Allah`s entspricht ,bleibe ich -meinem Gefühl folgend -dass er/sie/es Freude seinen Geschöpfen im Hinblick auf ihr Gesicht empfinden lassen will auch und gerade für die Mitmenschen , die es betrachten dürfen. Wie ein Blick in der Runde von Studenten mir bestätigte.(Besonders ein Herr gerade) Abgesehn davon finde ich so manches unbegreiflich ,wie Menschen ihr Gesicht mit tTatooes und Pierciing unbedingt uns... präsentiern wollen... Oder ist das für ihresgleichen gedacht. gruß enabuel
18.02.19
13:13