Heute vor 54 Jahren wurde Malcolm X – eine der wichtigsten Figuren der schwarzen Bürgerrechtsbewegung – getötet. Ein Leben vom atheistischen Kleinkriminellen zum wortmächtigsten muslimischen Redner Schwarzamerikas. Ein Beitrag von Ibrahim Aslandur.
Als Querdenker hat Malcolm X, ganz besonders zu meiner Zeit als Teenager, eine großartige Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Es gibt vermutlich keine aufgezeichnete Rede, die ich nicht – mindestens einmal – aufmerksam gelauscht hätte. Seine eloquente Art, Sachverhalte zielgenau auf den Punkt zu bringen, machten ihn als brillanten Rhetoriker weltweit bekannt. Kurz: Malcolms Reden gehen unter die Haut, sie lassen nachdenken.
Hineingeboren in eine Zeit der Rassentrennung und Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung wächst Malcolm Little in Omaha, Nebraska in den 1920er Jahren als Sohn eines schwarzen Baptistenpredigers auf.
Aufgrund eines rassistisch motivierten Mordes, durch weiße Nationalisten verlor Malcolm Little in jungen Jahren seinen Vater. Seine Jugend, geprägt von Kriminalität, muss Malcolm Little ohne eine Vaterfigur verbringen.
Durch die soziale und finanzielle Destabilität in Malcolms Leben gerät er langsam dem etablierten Drogenmilieu in die Fänge und beginnt zu dealen. Anfang 1946 wird er verhaftet und im Jahr darauf zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.
Die Zeit im Gefängnis sollte ihn in seinem Denken und Handeln sichtlich ändern. Durch Gespräche und Diskussionen mit Häftlingen und den engen Kontakt zur Nation of Islam [1] konvertiert Malcolm Little zum Islam. Er erkennt:
“Nobody can give you freedom. Nobody can give you equality or justice or anything. If you’re a man, you take it.”
Vertieft in die Entwicklung seiner sprachlichen Fähigkeiten schreibt Malcolm Litte in seiner Zeit als Häftling ganze Wörterbücher ab. Er liest viel und nimmt an Debattierclubs teil.
„Education is the passport to the future, for tomorrow belongs to those who prepare for it today.”
Malcolm legt seinen Nachnamen Little ab, er ist der Meinung, dieser Name sei von den damaligen Sklavenhalterfamilien übernommen und nicht sein eigentlicher Familienname. Fortan nimmt er den Nachnamen „X“ an, da er keine Auskunft über seinen eigentlichen Familiennamen besitzt.
“The real names of our people were destroyed during slavery. The last name of my forefathers was taken from them when they were brought to America and made slaves, and then the name of the slave master was given, which we refuse, we reject that name today and refuse it. I never acknowledge it whatsoever.”
Ende 1952 wird Malcolm vorzeitig entlassen. Zunehmend engagiert er sich als Sprecher der Nation of Islam und wird zu einer einflussreichen Galionsfigur des schwarzen Widerstandes gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung.
„Be peaceful, be courteous, obey the law, respect everyone; but if someone puts his hand on you, send him to the cemetery.”
Durch seine harte und scharfe Ausdrucksweise erweckt Malcolm X bei vielen ein neues Selbstbewusstsein zum Widerstand und bei manch einem absolute Empörung.
„No, we are not anti-white. But we don’t have time for the white man. The white man is on top already, the white man is the boss already. He has first-class citizenship already. So you are wasting your time talking to the white man. We are working on our own people.”
Nach dem Bruch mit der Nation of Islam, vollzieht Malcolm X die sogenannte Hadsch und bereist daraufhin islamische und afrikanische Länder. Dort lernt Malcolm erstmals weiße Muslime kennen und erlebt eine für ihn neue Brüderlichkeit im Glauben, ungeachtet der Rasse und Nationalität des Menschen.
Nach dieser prägenden Erfahrung legt er die Anschauung des „schwarzen Nationalismus“ ab und beginnt den Respekt und die Einheit unter den verschiedenen Nationen und Rassen zu predigen.
„I believe in human beings, and that all human beings should be respected as such, regardless of their color. I believe in the brotherhood of man, all men, but I don’t believe in brotherhood with anybody who doesn’t want brotherhood with me. I believe in treating people right, but I’m not going to waste my time trying to treat somebody right who doesn’t know how to return the treatment.”
Am Nachmittag des 21. Februar 1965 begrüßt Malcolm X rund 400 Afroamerikaner mit den Worten: „Salam alaikum!“ – „Friede sei mit euch!“, die im Audubon-Ballsaal in Harlem zusammengekommen waren, um ihn sprechen zu hören. Bevor er mit seiner Rede beginnen konnte, springen mehrere Männer in der ersten Reihe des Publikums auf, zünden eine Rauchbombe und schießen auf Malcolm X, der auf der Bühne vor dem Rednerpult steht. Zum Entsetzen seiner Familie und seiner Freunde stürzte Malcolm, von mehreren Kugeln tödlich getroffen, zu Boden. Die Nachricht über das Attentat verbreitet sich wie ein Lauffeuer in New York, in den USA und innerhalb weniger Stunden auch weltweit.
“If you’re not ready to die for it, put the word ‚freedom‘ out of your vocabulary.”
Malcolm X hinterlässt 54 Jahre nach seinem Tod seine Spuren in der amerikanischen Geschichte. Er ist eine Symbolfigur des Widerstandes gegen die Unterdrückung, sein Leben ist geprägt vom Einsatz für die Gerechtigkeit. Folgendes Zitat drückt den Kerngedanken seines Kampfes aus:
„I’m for truth, no matter who tells it. I’m for justice, no matter who it’s for or against.”